Ich füge eines hinzu – deswegen habe ich mich über Ihre Zwischenmeldung gefreut –: Wie kann jemand mit aufrechter linker Haltung zu einer Demo aufrufen, wenn ein Jürgen Elsässer ankündigt, dort mit nationalen Fahnen zu demonstrieren? Ich finde, lieber Kollege Gregor Gysi, Sie haben den politischen Kompass in dieser Situation vollständig verloren. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das war jetzt der Versuch der Linkspartei, hier im Hause Einigkeit zu demonstrieren. Dazu schicken Sie dich, lieber Gregor, hierhin, weil alle über dich positiv annehmen, du bist ein verständig diskutierender, reflektierter Mensch. Das, was du hier aber abgeliefert hast, war an Verlogenheit nicht zu überbieten. Ich will ganz deutlich sagen: Sich hierhinzustellen und zu sagen, die Bundesregierung gebe Geld für Panzer, aber nicht für einen kleinen Trecker, um der Ukraine zu helfen, das kann man schon nicht mal mehr als Unwahrheit bezeichnen. Ich will mal darauf hinweisen, dass diese Bundesregierung über das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit 650 Millionen Euro in die Ukraine gegeben hat, dass sie über das BMI 500 Millionen Euro in die Ukraine gibt, dass sie über das AA fast 800 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat – unter anderem hat sie 700 000 Stromgeneratoren geliefert –, dass diese Bundesregierung über das Finanzministerium 6,24 Milliarden Euro ausgegeben hat, rein für zivile Zwecke, zum großen Teil Budgethilfe für die Ukraine. Die Behauptung, wir würden hier niemanden zivil unterstützen, lieber Gregor Gysi, ist eine Lüge. Dann wird der Versuch unternommen, die eigene Spaltung in der Linkspartei wegen dieses Krieges sozusagen zu bemänteln: auf der einen Seite Sahra Wagenknecht mit Porsche-Klaus, mit Gregor Gysi – der auch aufgerufen hat, dorthin zu gehen; er ist nicht neutral – und Sevim Dağdelen und auf der anderen Seite Mitglieder wie Klaus Lederer oder Bodo Ramelow, und dazwischen steht die Parteiführung von Janine Wissler und weiß nicht, was passiert. Nein, ich mache jetzt erst mal weiter. – Bitte, bitte, wenn er unbedingt will! Gregor, los! Lieber Kollege Gysi, wenn man schon im Loch sitzt, sollte man vermeiden, noch weiter etwas dazuzuschütten. Meine Aussage hat ganz einfach gelautet: Wer hier den Eindruck erweckt, die Bundesregierung würde ausschließlich Panzer liefern, und mit einem solchen Beispiel zu illustrieren versucht, dass Deutschland keine zivile Hilfe gibt, der sagt bewusst die Unwahrheit. Ich will an der Stelle eine zweite Bemerkung machen. Man muss die eigene Naivität nicht so demonstrieren. Haben Sie eigentlich nicht zur Kenntnis genommen, was Herr Peskow – das ist der Sprecher des Kreml – auf die Forderung der verbündeten Chinesen, doch bitte einen Waffenstillstand zu machen, sagt? Er sagt: Derzeit gibt es dafür keine Grundlage. – Die Wahrheit ist: Es ist nicht die Bundesregierung, es ist nicht Europa, es ist nicht die Ukraine, es ist Russland, das einen Waffenstillstand, den Sie hier verlangen, nicht will. Und man muss sich doch die Frage stellen: Wie kommt man in einer solchen Situation zu Verhandlungen? Ich habe mir die Mühe gemacht, in der Geschichte ein Beispiel zu suchen, das der Linken vielleicht hilft. Wie ist es dazu gekommen, dass Le Duc Tho und Henry Kissinger angefangen haben, über Frieden zu reden, obwohl Richard Nixon angekündigt hatte, Vietnam in die Steinzeit zurückzubomben? Dafür waren zwei Dinge von zentraler Bedeutung: Das eine waren die Waffenlieferungen Chinas und der Sowjetunion an den Vietcong, die verhindert haben, dass die Vietnamesen von der Übermacht der Amerikaner überrannt worden sind. Das andere war der Aufstand einer ganzen Generation auf diesem Globus gegen diesen Krieg – er hat die USA in eine politische Isolierung geführt –, die Nixon dazu gezwungen hat, sich auf Verhandlungen einzulassen. Und genau das ist es, was wir als Bundesregierung in diesem Krieg versuchen: Wir wollen verhindern, dass die Ukraine überrannt wird, und dafür liefern wir Waffen. Und wir setzen auf Diplomatie. Diplomatie ist nicht „Schön, dass wir mal darüber gesprochen haben“. Diplomatie ist, dafür zu sorgen, dass in den Vereinten Nationen 141 Staaten gemeinsam den Rückzug Russlands aus der Ukraine fordern. Diplomatie ist es auch, wenn wir da ansetzen, die Finanzierung von Putins Krieg zu beschneiden. Deswegen gibt es inzwischen das zehnte Sanktionspaket; deswegen bezieht Europa heute keine Kohle, kein Öl, kein Gas mehr aus Russland: weil wir der Auffassung sind, wir müssen Russland daran hindern, diesen Krieg fortzusetzen. Auch das ist Diplomatie. Ich würde mir übrigens bei der Gelegenheit im elften Sanktionspaket wünschen, dass wir die Liste der nicht mehr nach Europa importierten energetischen Ressourcen künftig auch um Uran erweitern. Das wäre ein echter Vorschlag für das elfte Sanktionspaket. Das ist genau der Punkt, in dem wir uns unterscheiden: Wir frönen nicht der Naivität des bloßen Forderns, sondern wir wollen Russland dazu bringen, diesen Krieg zu beenden und dafür in Verhandlung zu treten. Deswegen gibt es keine Alternative zu einem Weg, der sagt: auf der einen Seite sicherstellen, dass die Ukraine nicht überrannt wird, und auf der anderen Seite alles dafür tun, dass diese Politik von Putin, diese verbrecherische Strategie, ein anderes Land zu überfallen, dabei auf eine Kriegsstrategie der Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu setzen – das ist Vorsatz und gemacht –, scheitert. Es gibt keine Alternative. Will man diese Verbrechen beenden, dann muss man diesen Weg gehen. Man muss ausrüsten, und man muss politischen Druck entwickeln, damit endlich verhandelt wird, um diese Verbrechen zu beenden.