Glauben Sie eigentlich, das sei für Kriminalistinnen und Kriminalisten an der Tagesordnung? Das dauert natürlich eine Zeit, und so ist das auch richtig. Die Ermittlungen werden hinterher von Gerichten überprüft; so ist das in unserem Rechtsstaat geregelt, und so ist das auch gut und richtig. Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Kein Ungeziefer in Lebensmitteln“ stand bis vor Kurzem noch für die Aktuelle Stunde auf der Tagesordnung. Jetzt haben Sie sich das Thema „Anschläge auf deutsche und europäische Infrastruktur aufklären und abwehren“ überlegt und sind mit voller Mannschaft angerückt. Es sitzen jetzt gerade übrigens ungefähr doppelt so viele bei Ihnen wie beim Gedenken zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz; daran kann ich mich noch gut erinnern: Da waren Ihre Reihen leer. Es ist schon bemerkenswert, auf welche Weise Sie die Skandalisierung voranzutreiben versuchen. Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer, ich versuche noch mal zu erklären, wie das ist: Der Generalbundesanwalt leitet ein Verfahren. Es ist nicht die Aufgabe unseres Hauses hier, Ermittlungen zu kommentieren, unterwegs nach außen zu tragen, sondern da läuft ein Ermittlungsverfahren. Genau so hat Peter Frank das dokumentiert. Er hat zwischendurch gesagt: Es gibt derzeit keine Belege für die eine oder andere Frage. – Das ist übrigens völlig normal. Ihr Wortbeitrag, Herr Chrupalla, zeigt im Prinzip, dass Sie von kriminalistischen Ermittlungen wirklich überhaupt keine Ahnung haben. Anders erklärt sich Ihre ganze Rede gar nicht. Da geht es nämlich um kriminalistisches Hochreck, was da gerade betrieben wird, und zwar unter Wasser. Es ist aber auch nicht erstaunlich, dass wir die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaates immer wieder rechts außen erläutern müssen. Genauso verhält es sich übrigens bei den Anschlägen auf die Deutsche Bahn. Auch da laufen richtigerweise noch die Ermittlungen. Und dass der Generalbundesanwalt zwischendurch sagt, dass sich dieses oder jenes noch nicht erhärtet hat, ist in jedem kriminalistischen Verfahren vollkommen normal. Und ehrlich gesagt, viel mehr Raum – das hat der Kollege Till Steffen gerade schon gesagt –, bietet Ihr Antrag auch nicht. Einen Punkt wird meine Kollegin Kreiser gleich noch aufgreifen. Sie wird noch was dazu erzählen, was die Bundesregierung alles tut im Hinblick auf den Schutz kritischer Infrastrukturen. Deswegen werde ich an der Stelle nicht mehr in der Tiefe darauf eingehen; dazu lernen Sie gleich noch mehr. Ich will noch einen zusätzlichen Aspekt einbringen. Wir haben uns in unserer Arbeitsgruppe Kriminalpolitik mit einem zusätzlichen Impuls auseinandergesetzt, den ich noch mal in den Raum werfen möchte, weil er ganz gut zu der eigentlichen Überschrift – nicht zu Ihrer Rede – passt. Es lohnt sich durchaus, einen Blick darauf zu werfen, dass wir mal eine Schutzkommission hatten, seit 1951. Thomas de Maizière hat als Bundesinnenminister wirklich gute Dienste geleistet, aber an der Stelle hat er einen großen Fehler gemacht, als er sie nämlich 2015 auflöste. Es gibt von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich dort engagiert haben, gute und nennenswerte Hinweise darauf, warum es wichtig wäre, ein solches interdisziplinäres Gremium noch einmal zu schaffen, und zwar aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bestehend, weil es sehr sinnvoll wäre, sich nicht wie damals nach dem Krieg mit den Auswirkungen des Krieges auseinanderzusetzen, sondern mit den massiven Auswirkungen des Klimawandels und des Artensterbens, mit Flüchtlingsströmen und Migration, mit Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine – achten Sie auf die Reihenfolge von Täter und Opfer: Putins Angriffskrieg auf die Ukraine! –, mit gesellschaftlicher Segregation, Polarisierung, Einflüssen von Desinformation und natürlich auch mit dem Schutz von Lieferketten. Unsere Versorgungssicherheit ist wichtig; KRITIS ist wichtig. Es gibt also ganz viele Gründe dafür, dass sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dauerhaft in einem dynamischen Prozess mit solchen Fragen auseinandersetzen. Deswegen haben wir diese Anregung aus der Wissenschaft in die Bundesregierung getragen. Ich finde es gut, dass dort überprüft wird, ob und inwieweit wir tatsächlich noch so etwas in einer Version 2.0 einrichten sollten. Eine solche Kommission sollte dem Motto folgen, dass die Bevölkerung weiß, dass es so ein Gremium gibt, auf das wir uns alle verlassen können. Sie sollen nicht zwingend wissen, womit sie sich ständig beschäftigen. Das ist so ein bisschen die Verbindung zu dem Wortbeitrag von gerade. Denn für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung – das ist das, was wir dazu wissen – ist es außerordentlich wichtig, dass die Bevölkerung weiß, dass der Rechtsstaat prinzipiell funktioniert, wie Ermittlungen laufen, wie der Schutz von kritischer Infrastruktur funktioniert. Die Bevölkerung darf und muss aber nicht zwingend wissen, wie und in welchem Detail das funktioniert. Warum nicht? Weil die Feinde der Demokratie das eben nicht wissen dürfen. Zu denen zähle ich auch Sie.