Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Bürokratieabbau wird oft bemüht, gerne in Sonntagsreden. Die Glaubwürdigkeit steht bei diesem Thema auf dem Spiel, weil die Kluft zwischen Reden und Handeln sehr groß ist. Je mehr Bürokratie, desto weniger Innovationskraft, desto weniger Mut, desto weniger Risikobereitschaft. Die jungen Leute fragen sich: Warum soll ich mich selbstständig machen, wenn ich sehe, was meine Eltern da machen? Die jungen Leute fragen sich: Warum soll ich den Betrieb meiner Eltern übernehmen, wenn die bis nachts sitzen und sich mit Bürokratie herumschlagen, wenn die sich, um es mal zuzuspitzen, zu 99 Prozent auf Bürokratie konzentrieren und zu 1 Prozent aufs Geschäftsmodell? Wenn das so weitergeht, dann war es das. Dann werden Länder wie Uruguay, wie Chile, wie Südkorea, wie Australien mit jungen Leuten, die hungrig sind, die Zukunft gewinnen. Wenn ich mir den heute vorliegenden Antrag und die Fakten ansehe – – – Das sind nicht unsere Fakten, lieber Kollege. Ich kann gerne auf das antworten, was Sie reingerufen haben, auch wenn Sie sich nicht gemeldet haben; das kriegen wir hin. Fakt ist: Die aktuellsten Zahlen, die wir kennen, beziehen sich auf den Zeitraum Sommer 2021 bis Sommer 2022. Nach dem Sommer 2021 wurden hier keine Gesetze von uns mehr verabschiedet. Es geht also um die Zeit nach der Bundestagswahl. In dieser Zeit, in diesem einen Jahr, hat sich der Erfüllungsaufwand für die kleinen Unternehmen in Deutschland von 7 Milliarden Euro auf 17 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. In dieser Zeit haben Sie regiert. In Ihrer Regierungszeit haben Sie – bis heute – nicht ein Bürokratieentlastungsgesetz vorgelegt. In der Sache gibt es zum Thema Bürokratieabbau, glaube ich, keine großen Unterschiede. Ich gebe Ihnen nur mal ein Beispiel: Die Union hat das Thema Bürokratieabbau 2005 mit der Einrichtung des Normenkontrollrates im Bundeskanzleramt zur Chefsache gemacht. Sie haben erst ein paar Wochen regiert, als Sie dieses Thema aus dem Kanzleramt rausgenommen haben. Sie haben es aus dem Kanzleramt rausgenommen und ins Justizministerium gesteckt. Sie haben es von einer Chefsache zu einer Nebensache gemacht. Das ist die Realität. Das ist Ihre Einstellung zum Thema Bürokratieabbau in Deutschland. – Zu Ihrem Antrag komme ich auch, ja. Interessant ist in Ihrem Antrag – ich habe ihn mitgebracht –, dass Sie dort Aufträge verteilen. Übrigens: In diesem Antrag werden Aufträge en masse an den Normenkontrollrat verteilt. Sie müssen aufpassen, dass Sie mit den Aufträgen nicht neue Bürokratie generieren, die Sie in der nächsten Debatte hier wieder beklagen. Das als Vorbemerkung. In der Sache fordern Sie den Normenkontrollrat auf, Maßnahmen auf den Tisch zu legen, wie man kleine und mittlere Unternehmen von „Belastungen bürokratiearm, effektiv und auch für die Zukunft entlasten kann“. Muss ich wirklich die Frage stellen: „Was glauben Sie eigentlich, was der Normenkontrollrat den ganzen Tag macht?“? Mit der Ermittlung des Erfüllungsaufwands liegen die Vorschläge auf dem Tisch. Wir haben hier wirklich kein Problem der Erkenntnis, sondern der Umsetzung. Es braucht Mut, diese Dinge auch umzusetzen. Dafür brauchen wir nicht diese Anträge, sondern dafür brauchen wir Regierungshandeln, eine Regierung, die das auch macht und dieses Thema wirklich ernst nimmt. Ein zweiter Punkt ist interessant. Ich habe noch nie einen Antrag gelesen zum Thema Bürokratieabbau, in dem nicht eine konkrete Forderung drinsteht, wie man von Bürokratie entlasten kann, gerade den Mittelstand und kleinere Unternehmen. Nicht eine Forderung – das sind vier Seiten –, nicht eine konkrete Maßnahme, wie ich den Mittelstand entlaste! Das ist für mich keine verantwortungsvolle Politik. Wir machen diese Vorschläge, mehr als 20. In den nächsten Wochen geht der Antrag ein. Dann können wir hier über Vorschläge diskutieren. Wir laden Sie alle herzlich ein, mitzumachen. Vielen Dank.