Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Deutschland werden zwischen 200 Millionen und 250 Millionen Tonnen mineralische Abfälle aus dem Abriss von Gebäuden und aus dem Aufbruch von Straßen produziert. Diese Abfälle bilden übrigens den größten Abfallstrom, den wir haben. Die Wertstoffe, die darin enthalten sind, haben aber auch ein gewaltiges Potenzial für Klimaschutz und Ressourcenschonung, und die Industrie in diesem Bereich ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für Deutschland. Deswegen sprechen wir heute über dieses Thema. Der Antrag der Opposition, um den es heute geht, will das Baustoffrecycling verbessern. Wer qualifiziert über Rohstoffe und Baustoffe sprechen will, sollte aber nicht verschweigen, dass heute schon 90 Prozent der mineralischen Abfälle stofflich genutzt werden. Der nächste Schritt zur besseren Nutzung ist übrigens schon beschlossen: Am 1. August 2023 tritt die Mantelverordnung in Kraft. Mit der Mantelverordnung vereinheitlichen wir die Maßstäbe für Herstellung und Einsatz von Recyclingbaustoffen und die Deponierung in Deutschland – eine der größten Bürokratievereinfachungsmaßnahmen. Liebe Union, was ich nicht verstehen kann, ist, dass ihr daran ja beteiligt wart, dies in diesem Antrag aber nicht mal erwähnt. Ich frage mich ernsthaft, ob ihr wirklich beteiligt wart oder nur zugestimmt habt, weil andere Leute die Mantelverordnung geregelt haben. In Ihrem Antrag fordern Sie einen Punkt, den ich spannend finde: das Ende der Abfalleigenschaft. Tatsächlich ist es ja so, dass viele Recycling- und Baurecyclingprodukte einfach nur deshalb nicht eingesetzt werden, weil es Recyclingprodukte sind, weil man denkt: Mensch, das war ja mal Abfall. Und wenn man mal schaut, wo gerade beim Baurecycling die größten Probleme liegen, dann findet man diese in den Ausschreibungen der Länder. Wenn die Länder Ausschreibungen machen, steht meistens explizit darin: „keine Recyclingprodukte“. Das ist ein Riesenproblem! Und jetzt kommt es: In sieben Ländern ist die CDU an der Regierung beteiligt, in sechs führt sie die sogar an. Anstatt hier einen Antrag zu schreiben, könntet ihr da mal eure Ausschreibungen ändern! Ein Punkt wird im Antrag gestreift, der auch mir im Magen liegt, nämlich die künftige Versorgung mit Gips. Den überwiegenden Anteil an Gips in Deutschland macht der sogenannte technische Gips, der REA-Gips, aus. Das ist ein Nebenprodukt aus der Kohleverstromung. Daher kommen etwa 60 Prozent der heutigen Gipsproduktion. Ein weiterer Teil kommt aus dem Abbau von Naturgips; aber den wollen wir in Deutschland nicht so massiv ausbauen, weil das eben auch ein Eingriff in die Natur ist. Deswegen müssen wir den Anteil des Recyclinggipses erhöhen. Das ist durchaus richtig. Sie dürfen aber nicht nur das kleine Puzzlestück des Recyclings betrachten. Viel besser wäre es, das ganze Bild zu sehen. Wir von der Ampel sehen das Bild. Die Ersatzbaustoffverordnung wird erneuert. Dieses Thema werden wir mit in den Blick nehmen. Mir als Liberale fehlt ein Aspekt in dem Antrag. Ziel des Antrags ist es, langfristig und zuverlässig qualitativ hochwertige Ersatzbaustoffe auf den Markt zu bringen. Wer dieses Ziel aber ernsthaft verfolgt, der kann keinen Antrag schreiben, in dem das Wort „Digitalisierung“ nicht ein einziges Mal erwähnt ist. Und ich möchte an der Stelle sagen: Da ist die Industrie schon sehr viel weiter als Sie und Ihr Antrag. Es gibt nämlich schon das BIM, das Building Information Modeling. Ich weiß, das ist eine Sache, da sind die Bauleute im Stoff; die Umweltleute wissen nicht so viel davon. Ich übersetze das mal: Das ist der digitale Produktpass für Gebäude. Wenn wir Recycling machen wollen, müssen wir genau wissen, was dort drin ist, damit wir Störstoffe ausschleusen können, Stoffe sortenrein trennen und hochwertiges Recycling ermöglichen. Ohne die Digitalisierung werden wir langfristig diese Ziele nicht erreichen. Deswegen ist es traurig, dass sie in Ihrem Antrag nicht erwähnt ist. Liebe Union, der Antrag ist gut gemeint, und deswegen werden wir ihn wohlwollend würdigen und aufnehmen; aber in der Politik machen wir doch lieber was Sinnvolles und Ehrgeiziges. Das werden wir in der Ampel angehen und die Mantelverordnung und die Ersatzbaustoffverordnung entsprechend umsetzen.