Leider wurde dieses Potenzial bisher noch nicht gehoben. Lediglich aus der Not gab es während der Coronapandemie neue Lösungen, die sich mittlerweile aber bewährt haben. Und zur Unterstützung des Strukturwandels müssen wir sie weiter nutzen. Deshalb ist dieses Gesetz, das jetzt regelhaft digitale und hybride Mitgliederversammlungen ermöglicht, ein wichtiger Schritt für die Zukunft der Vereine und damit für die Zukunft unserer Gesellschaft. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Millionen von Menschen engagieren sich in unserem Land in über 600 000 eingetragenen Vereinen. Rund 44 Prozent der Deutschen sind Mitglied in mindestens einem Verein. Allein knapp 23 Millionen sind Mitglied in einem Sportverein. Rund 14,3 Millionen Menschen in Deutschland musizieren gemeinsam in ihrer Freizeit. Unser Vereinsleben ist dabei so vielfältig wie die Themen, die unsere Gesellschaft prägen: von Sport, Soziales und Kultur bis hin zu Umwelt, Gesundheit und vieles mehr. Vereine vernetzen, schaffen Brücken, unterstützen und formen seit über 800 Jahren unsere Gesellschaft. Unsere Vereine sind außerdem ein stabilisierender Faktor unserer Gesellschaft. Besonders in Krisenzeiten, wie beispielsweise jetzt bei dem Erdbeben in der Türkei und Syrien, zeichnet sich der Einsatz der vielen Engagierten durch die beispiellose Weltoffenheit und Einsatzbereitschaft aus, die unsere Anerkennung verdient. Das geschieht zur Stunde im ganzen Land. In meinem Wahlkreis zum Beispiel organisieren viele, wie etwa die Alevitische Gemeinde Offenburg, eine Hilfsaktion. Durch die vorhandene Struktur, die Freundschaft und das Vertrauen zueinander können Vereine auch kurzfristig komplexe Aufgaben stemmen. Daher ist es umso wichtiger, dass die Politik im digitalen Zeitalter das Potenzial von digitalen Lösungen zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements ausschöpft. Die Digitalisierung schafft neue Möglichkeiten für demokratische Beteiligung, weil Mitwirkung auch digital und ortsunabhängiger organisiert werden kann. Für die zahlreichen Vereine sowie für die vielen Ehrenamtlichen selbst ist dies mit vielen Vorteilen verbunden. Das spiegelt sich in zahlreichen Beispielen wider: von der Gewinnung neuer Mitglieder, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bis hin zur Inklusion von Menschen mit Handicap. Außerdem können wir dadurch die dauerhafte Teilhabe von Senioren sichern. Ich bin mir sicher: Meine Großeltern hätten gerne auch noch hochbetagt von zu Hause aus an den jährlichen Mitgliederversammlungen ihrer geliebten Narrenzunft teilgenommen und mit beobachtet, wie ihr ehrenamtliches Lebenswerk weiter in die Zukunft getragen wird. Darüber hinaus ermöglicht dieses Gesetz größere Flexibilität. So kann eine Studentin, die Verantwortung im Vorstand in ihrem Heimatverein übernimmt, aber anderswo studiert, sowohl ihr Studium als auch ihr ehrenamtliches Engagement jetzt besser unter einen Hut bringen. Daran sieht man, wie diese Lösung mehr Räume für Selbstwirksamkeit schafft. Jetzt ist es an der Zeit, dem Engagement ein Update zu verpassen. Wie das Vereinsleben der Zukunft aussieht, müssen die Vereine und Verbände selbst entwickeln. Meine Damen und Herren, es ist aber unsere Aufgabe als Politik, dafür die nötigen Räume zu öffnen. Wir wollen diesen Menschen den Rücken zu stärken, ihnen, wo immer es geht, Steine aus dem Weg räumen, sie entlasten und ihr Tun fördern. Die Engagierten in unserem Land können sich darauf verlassen, dass wir an ihrer Seite stehen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.