Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im demokratischen Verfassungsstaat ist die Frage nach dem Erwerb der Staatsbürgerschaft eine zentrale, vor allen Dingen deswegen, weil das Staatsvolk die Staatsgewalt konstituiert, wie es Artikel 20 GG explizit vorsieht. Über das Staatsbürgerschaftsrecht sind intensive Debatten in unserem Land geführt worden. Ich will aber den Eindruck, dass unser Land ein altmodisches Staatsbürgerschaftsrecht hätte, so nicht stehen lassen. Wir haben ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht. Mit dem Wegfall der Optionspflicht vor neun Jahren – das war auch umstritten in unserer politischen Gruppierung – ist die Pflicht, sich zu entscheiden, entfallen, wenn man acht Jahre rechtmäßig als Kind in Deutschland aufgewachsen ist. Das ist auch ein wichtiges Signal an all die Familien mit Zuwanderungsgeschichte in unserem Land. Wir können die Verfassungsrealität nur so beschreiben, wie sie ist, und nicht so darstellen, wie sie vielleicht niemals war, meine Damen und Herren. Entscheidend ist, dass wir uns beim Staatsbürgerschaftsrecht nicht hinter die Entscheidungen zurückbewegen, die getroffen worden sind, und völlig ausblenden, dass es mittlerweile auch eine Unionsbürgerschaft gibt, die ergänzend zur Staatsbürgerschaft dazukommt. Erst die Einbindung in die Europäische Union eröffnet eine entsprechende Perspektive und kann im Staatsbürgerschaftsrecht nicht mehr weggedacht werden. Ich will aber davor warnen, dass man beim Staatsbürgerschaftsrecht – auch aus gutgemeinten Gründen – ein Stück weit über das Ziel hinausschießt. Wenn es um Arbeitsmigration geht, dann ist doch der entscheidende Punkt, dass Menschen hierherkommen können, hier eine Stelle finden, vielleicht auch weniger Steuern bezahlen, von Bürokratie befreit sind, wenn sie selbstständig tätig sind. Die Staatsbürgerschaft ist kein Anreiz zur Arbeitsmigration, sondern es muss umgekehrt sein: Nach gelungener Integration kann die Staatsbürgerschaft stehen. Aber Arbeitsmigration selbst sollte nicht mit dem Erwerb der Staatsbürgerschaft beantwortet werden. Ich finde, dass es, wenn es um den Erwerb der Staatsbürgerschaft auch für Menschen geht, die länger hier leben, nicht unzumutbar ist, zumindest Grundkenntnisse der deutschen Sprache vorweisen zu müssen. Das B1-Level ist etwas, was man von jedem erwarten können sollte, der sich seit Jahrzehnten in Deutschland aufhält. Das ist auch eine Frage der Identifikation mit unserem Land. Insgesamt aber lehnen wir den Gesetzentwurf der AfD selbstverständlich ab. Ich fordere aber auch ein, dass wir über die Fragen des Staatsbürgerschaftsrechts mit der gebotenen Sorgfalt diskutieren. Herzlichen Dank.