Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben jetzt von beiden Seiten des Hauses viel zum Staatsangehörigkeitsrecht gehört. Sie haben aber im Wesentlichen über die Pläne der Ampelkoalition gesprochen. Das gilt für Sie hier, aber auch für Sie dort. Ich glaube, wir sollten schon die Gelegenheit nutzen, über den Gesetzentwurf zu sprechen, der uns heute vorliegt. Das hatte ich eigentlich von Ihnen, Herr Dr. Curio, erwartet. Ich will Ihnen sagen: Ich kann es Ihnen leider nicht ersparen, dass wir mal über das sprechen, was Sie da aufgeschrieben haben. Der Vorschlag, den Sie heute gemacht haben, hat mit einem modernen Staatsangehörigkeitsrecht im demokratischen Rechtsstaat nicht mehr viel gemein. Sie wollen nicht nur die Uhren über 30 Jahre zurückdrehen – und das sagen Sie ja ganz offen –; Sie wollen den Systemwechsel. Während bisher gut integrierte Menschen, die sich an Recht und Gesetz halten, die hier Arbeit gefunden haben, unsere Sprache sprechen, sich zum Grundgesetz bekennen, unsere Werte verinnerlicht haben, einen Anspruch auf Einbürgerung haben, wollen Sie dies zu einer einfachen Ermessensentscheidung machen. Ich sage Ihnen: Das wäre ein ganz fataler Irrweg. Ich will Ihnen drei Gründe dafür nennen. Der erste Grund. Man kann sich ja, wenn man einen solchen Gesetzentwurf vorlegt, mal umschauen: Wer macht es eigentlich noch so wie wir, oder sind wir möglicherweise die Ersten, die auf die Idee kommen? Ein solches Einbürgerungsrecht, wie Sie es heute vorschlagen, hat jedenfalls kein einziger Mitgliedstaat in der Europäischen Union. Im Gegenteil, mit diesem Vorschlag stellen Sie sich in eine Reihe mit China, Bahrain oder Katar. Zweitens. Nicht umsonst kennt das Migrationsrecht nur an ganz wenigen Stellen Ermessensentscheidungen, sondern im Wesentlichen sogenannte gebundene Entscheidungen. Die Rechtsfolge ist also unmittelbar an das Vorliegen von Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft, und das hat auch einen guten Grund. Die deutsche Staatsbürgerschaft ist das Wertvollste, was der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat vergeben kann. Dem Bewerber muss klar ersichtlich sein, unter welchen Voraussetzungen er mit einer Einbürgerung rechnen kann. Und vielleicht noch wichtiger: Diese Voraussetzungen legen wir als Gesetzgeber in einem formellen Gesetz fest und wälzen es nicht ab auf die einzelnen Sachbearbeiter in den Einbürgerungsbehörden. Es ist doch Aufgabe des Deutschen Bundestages, darüber zu entscheiden, wer unter welchen Voraussetzungen deutscher Staatsbürger werden kann. Drittens. Was passiert denn, wenn diese wichtige Entscheidung nur noch eine Ermessensentscheidung durch die ausführenden Landesbehörden ist? Wir werden eine Rechtszersplitterung erleben, die dazu führt, dass in einem Teil unseres Landes besonders viele Menschen besonders schnell Deutsche werden können und in anderen Teilen des Landes möglicherweise gar nicht mehr eingebürgert wird. Meine Damen und Herren, die deutsche Staatsbürgerschaft ist mehr als ein einfacher Behördenbescheid. Sie ist auch zu wichtig, um sie zum politischen Spielball in insgesamt 16 Koalitionsverträgen auf Landesebene zu machen. Diese Entscheidung gehört hier in den Deutschen Bundestag. Weiterhin sieht Ihr Gesetzentwurf vor, dass in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit künftig gar nicht mehr erhalten. Was für ein Irrweg! Es ist doch gerade diese zweite Generation, um die wir uns ganz besonders bemühen müssen. Das sind häufig Menschen, die das Land ihrer Eltern nie gesehen haben und hier in Deutschland ihre Heimat haben. Wir sollten alles dafür tun, dass sich diese jungen Menschen sehr bewusst für die deutsche Staatsangehörigkeit entscheiden, und zwar nur für die deutsche Staatsangehörigkeit. Vielen Dank.