Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Liebe Union, ich gebe Ihnen in einem Punkt völlig recht: Der Radverkehrsplan ist eine ambitionierte Strategie, um den Radverkehr zu stärken, ein wichtiger, dringend notwendiger Baustein für eine nachhaltige Mobilitätswende. Wir in der SPD-Fraktion sind nur etwas verwundert über die plötzliche Leidenschaft der CDU für Radfahrer/-innen in diesem Land – die gleiche CDU, die in ganz Berlin plakatiert: „Berlin, lass dir das Auto nicht verbieten.“ Ein bisschen scheinheilig ist das dann doch, oder? Nicht zuletzt haben wir als Ampel im letzten Jahr ein Sonderprogramm „Stadt und Land“ auf den Weg gebracht – es wurde heute schon oft gelobt –, um den Fuß- und Radverkehr zu stärken, und wir sind es, die gerade auch all die anderen Förderprogramme fürs Rad verstetigen. Wir haben uns sehr klar positioniert. Dennoch möchte ich die Gelegenheit nutzen, um einen Aspekt in der Debatte noch mal besonders hervorzuheben. Mehr, besserer, sicherer Radverkehr – das ist die Vision, der wir uns annehmen wollen. Der Plan bekennt sich also ausdrücklich zu dem Ziel, den Radverkehr sicherer zu machen, indem wir eine Infrastruktur schaffen, die gerade schutzbedürftige Verkehrsteilnehmerinnen mitdenkt. Für mich bedeutet das, Mobilität und Verkehr inklusiv und feministisch zu denken. Gender und Mobilität: Ich weiß, das ist das Letzte, was Sie mit Ihrem Antrag bewirken wollten. Dennoch möchte ich Ihnen erklären, was ich mit einer feministischen Verkehrspolitik meine. Feministische Verkehrspolitik bedeutet, Mobilität und Transportmöglichkeiten an verschiedene Lebensrealitäten und Alltagsszenarien anzupassen. Es gibt eben nicht nur die Person, die vollzeitbeschäftigt, erwachsen, männlich sozialisiert, weiß, ohne Behinderung oder Beeinträchtigung ist, die sich einen Pkw oder andere Mobilitätsformen leisten kann. Das Problem ist aber doch, dass wir unsere Verkehrspolitik allzu oft auf genau diese Person ausrichten. Deshalb ist es gut, dass der Plan auch den Verkehr mit Lastenrädern und Fahrradanhängern fördert. Deshalb ist es gut, dass der Plan den Standard von neuen Radnetzen in Breite, Geschwindigkeit und Fahrdynamik an Spezialräder anpasst, damit wir auch für die Person ein Mobilitätsangebot schaffen, die von der Arbeit kommt, das Kind von der Kita abholt und zwischendurch im Supermarkt das Abendessen besorgt. Für mich bedeutet feministische Verkehrspolitik Schutz vor Gewalt, vor sexuellen, rassistischen, diskriminierenden Übergriffen, zum Beispiel durch eine geschlossene Infrastruktur, gute Beleuchtungen, Fahrbegleitungen oder Hilfsangebote an Mobilitätsstationen. Eine inklusive Verkehrspolitik – und auch eine inklusive Radpolitik – ist eine Frage der Teilhabe. Insofern: Ja, es ist wichtig, dass wir uns jetzt schnell an die Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplanes machen. Es ist aber mindestens genauso wichtig, dass wir endlich anfangen, Mobilität ganzheitlich, inklusiv und feministisch zu denken. Vielen Dank.