Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig, Graf Lambsdorff: Es ist in der Tat positiv erstaunlich, dass die Europäische Union nach einem Jahr Ukrainekrieg gerade bei dem sensiblen Thema der Sanktionen zusammengeblieben ist. Das ist aber nicht das Problem. Das Problem ist tatsächlich, dass hier ein Bundeskanzler sitzt, der durch Zögern, durch Zaudern und durch Zaghaftigkeit in Erscheinung getreten ist, und wir vieles von dem versäumt haben, was eigentlich normal hätte sein müssen, nämlich dass wir die Ukraine von der ersten Minute an konsequent unterstützen. Es ist ja die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Frau Strack-Zimmermann, die Ihrer Koalition angehört, die sinngemäß sagt, dass dieser Kanzler im Kanzleramt eine Fehlbesetzung ist. Dieses Zögern und Zaudern kostet Menschenleben. Jeden Tag sterben Hunderte von Soldaten auf ukrainischer Seite – jeden Tag in diesem Krieg. Deswegen ist es so wichtig, dass wir die Ukraine konsequent mit Waffen und mit Munition ausstatten, damit sie sich verteidigen kann, damit sie das Ziel erreichen kann, diesen Krieg auch zu gewinnen. Dieses Zögern und Zaudern schlägt sich aber auch noch auf anderer Ebene nieder, vor allem – das wurde heute schon wiederholt angesprochen – in Brüssel. Da ist der Brandbrief von Botschafter Michael Clauß, der als Leiter der Ständigen Vertretung in Brüssel die Interessen der Bundesrepublik Deutschland vertreten möchte. Allein, er kann es nicht, weil die Ampelkoalition keinerlei abgestimmte Positionen findet. Das ist das große Problem. Dieses Zögern und diese Zaghaftigkeit führen dazu – und Graf Lambsdorff weiß das als Europäer gut genug –, dass wir hier nicht mit abgestimmten Positionen in die Verhandlungen gehen können, dass wir einer Europäischen Kommission nicht sagen können, was die Position Deutschlands ist, und deswegen auch Gesetzgebungsprozesse nicht beeinflussen können. Das schadet deutschen Interessen nachhaltig. Deswegen ist es wichtig, hier eigene Positionen zu finden, die dann Orientierungsmarke für andere Länder sind, die sich natürlich sehr oft auch an Deutschland ausrichten. Ich möchte Herrn Habeck lobend erwähnen, der jetzt gemeinsam mit Bruno Le Maire nach Washington gereist ist. Der Bundeskanzler hat wohl vergessen, es in seiner Rede zu erwähnen. Aber es ist wichtig, diese deutsch-französischen Signale zu setzen und so etwas – am besten mit zwischen Deutschland und Frankreich abgestimmten Positionen – auf internationaler Bühne zu vertreten. Denn es wird sich hier in Europa nichts nach vorne bewegen, wenn Deutschland und Frankreich hier quer zueinander im Stall stehen und keine abgestimmten Positionen finden. Ich würde mir – letzter Satz – auch wünschen, dass das auch bei der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Zukunft der Fall ist; denn hier brauchen wir ein Modell, das es gerade Staaten wie der Ukraine in Zukunft erlaubt, assoziierte Mitglieder zu sein, bevor sie endgültig Mitglieder werden können. Das wird Jahre dauern, auch für die Balkanstaaten. Herzlichen Dank.