Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! CO2 aus der Luft zu nehmen, um es dann zu nutzen oder zu speichern, hat ohne Frage Potenzial. Der Punkt ist: Es kann ein Potenzial zum Guten oder zum Schlechten haben. Es ist richtig, dass uns Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sagen, dass CCU/CCS geeignet ist, um die Klimaziele einzuhalten, und es ist auch richtig, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sagen, dass es notwendig ist. Die Aussage hat Gewicht. Aber ich will Sie trotzdem bitten, dass Sie mir bei einem Gedankenspiel folgen, das vielleicht ein bisschen schräg ist. Mir ist aber kein besseres eingefallen, und ich glaube, das Gedankenspiel ist hilfreich. Wenn uns Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sagen: „Zum Kartoffelschneiden sind Messer geeignet und notwendig“, dann ist das auch richtig. Aber auch dann kann man es fertigbringen, sich mit dem Messer in den Finger zu schneiden und nicht zum Erfolg zu kommen, die Kartoffel zu Ende zu schälen. Was meine ich damit? Die Frage um CCU und CCS ist keine einfache Ja-Nein-Frage, wo Ja heißt: Wir machen das; dann klappt das, dann haben wir die Klimaziele erreicht. – Beim Nein ist es genauso. Das heißt, wir müssen genau hinschauen. In der Vergangenheit gab es die Diskussion ja schon mal, und ich mache dieses Beispiel auf, weil es zeigt, warum Präzision wichtig ist. Diese Diskussion über CO2-Speicherung in der Vergangenheit war anders. Sie ist damals sehr emotional geführt worden, aber nichtsdestotrotz auch mit rationalen Argumenten. Damals war schwierig, dass wir in Deutschland Kohlekraftwerke hatten, die aus damaliger Sicht auf unbestimmte Zeit laufen würden. Da stand natürlich die Gefahr im Raum, dass man CCS missbraucht, um fossile Energieträger weiterlaufen zu lassen. Das Problem haben wir heute nicht mehr, weil wir klar entschieden haben, wie und wann wir aus der Kohle aussteigen. Das ist ein großer Erfolg. Das heißt, heute können wir schon mal anders über CCU und CCS diskutieren. Das zeigt, um welche Details – auch um welche größeren Details – es hier geht. Es zeigt auch: Wenn diese Kohlegeschichte erledigt ist, muss auch heute immer noch ganz klar sein, dass wir CCU und CCS niemals einsetzen dürfen, um damit Fossile länger am Netz laufen zu lassen. Das ist für uns ganz, ganz wichtig. Wir finden das aber nicht in Ihrem Antrag. Jetzt könnte man sagen: Na ja, das ist geschenkt. – Aber bei Ihnen frage ich mich, was da eigentlich geschenkt ist und was man noch annehmen darf. Als wir vor ein paar Wochen diese Meldung aus den USA hatten, es habe wissenschaftlichen Fortschritt bei der Kernfusion gegeben, freuten wir uns natürlich alle. Aber Sie sind da ja komplett eskaliert und haben schon gesehen, dass wir in naher Zukunft mit Kernfusion unsere Energieprobleme lösen können. – Können wir nicht. Das ist unwissenschaftlich, und da muss ich leider unterstellen, dass man – das kommt gerne aus der konservativen Ecke – technische Innovationen, die es gibt, gerne benutzt, um Leute zu besänftigen, die sich gegen die Energiewende stellen. Denen will man es da einfach machen. Man macht es ihnen aber nicht einfach, sondern man betrügt sie, und dagegen stellen wir uns. In Ihrem Antrag stehen auch richtige Dinge; aber wir sind skeptisch angesichts der Dinge, die fehlen, weil Bedingungen fehlen. Es ist ja eben keine klare Ja-oder-Nein-Frage, sondern wir lösen das Problem und wir erreichen die Klimaziele nur, wenn wir klare Bedingungen stellen. Eine Bedingung muss sein, dass zu Anfang steht: Wir müssen erneuerbare Energien ausbauen. Wir müssen vermeiden, dass CO2-Emissionen entstehen. Wir müssen effizienter werden. Wir müssen dekarbonisieren. Wir brauchen eine Kreislaufwirtschaft. Eine weitere Bedingung ist – das habe ich gesagt –, dass wir für CCU keine fossilen Energien nutzen. Es ist auch entscheidend, dass wir, wenn wir es tun, uns auf unvermeidbare Emissionen beschränken. Das können Sie jetzt so raushauen mit diesem Pathos der Geschwindigkeit und des Machers; aber es ist ja völlig unklar, was unvermeidbare Emissionen sind. Ich sage nicht, dass es ein unlösbares Problem ist; aber noch haben wir diese Frage nicht beantwortet – Sie auch nicht. Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass Sie einen Strategieprozess starten wollen, und fordern gleichzeitig die Schaffung von Infrastruktur. Ich bin auch ein Fan von Geschwindigkeit. Aber ich bin auch ein Fan davon, einen Plan zu haben, bevor ich loslaufe, weil ich sonst auf die Nase falle oder – ich komme zu meinem seltsamen Kartoffelbeispiel zurück – mir in den Finger schneide. Wenn uns das hier passiert, dann ist eben nicht der Finger betroffen, sondern das Klima. Das wollen wir mit geeigneten Maßnahmen schützen. Geeignete Maßnahmen liegen nicht auf der Straße, sondern sie sind erst dann geeignet, wenn wir politisch die richtigen Bedingungen formulieren. Das haben Sie heute höchstens in Ansätzen – ich denke, eher nicht – gemacht. Der Klimaschutz braucht Tempo; das haben wir. Der Klimaschutz braucht Präzision; die liefern wir jetzt. Deswegen: Danke für die Anregungen; – – aber an der Stelle machen wir weiter. Vielen Dank.