Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den wesentlichen Errungenschaften und Neuerungen, die die Verfassungsväter und ‑mütter in das Grundgesetz geschrieben haben, gehört die besondere Rolle der Parteien. Artikel 21 ist den Parteien gewidmet, und dieser Artikel steht nicht umsonst direkt hinter Artikel 20, in dem es um das Demokratieprinzip geht. Anders als in der Weimarer Reichsverfassung, wo nur in Artikel 130 die Parteien kurz erwähnt worden sind, kommt ihnen eine zentrale verfassungsmäßige Aufgabe zu. Sie werden nicht umsonst beschrieben als „Transmissionsriemen“ zwischen der Gesellschaft einerseits und ihrer staatspolitischen Aufgabe und der Wahrnehmung von Politik auf der anderen Seite. Dass wir eine klar geregelte Rechtslage haben für Parteien und dass Parteien in einer besonderen Weise unserem Staat und seinen Organen verpflichtet sind, ist übrigens etwas, was sich in der Praxis sehr gut bewährt hat. Wenn man sich die Stabilität unseres Landes und die Stabilität des Parteiensystems betrachtet, dann sieht man: Wir sind wesentlich stabiler als andere vergleichbare westliche Demokratien, wo eine vergleichbare Parteienfinanzierung, aber auch eine vergleichbare Parteienregelung nicht existieren. Ich meine, wir sollten auf diesen Umstand hinweisen. Die Parteienfinanzierung ist in sich klug geregelt: zum einen durch die relative und zum anderen durch die absolute Obergrenze. Die relative Grenze besagt, dass die Parteien nicht mehr staatliche Mittel bekommen dürfen, als sie selbst durch Spenden, durch Zuwendungen und durch Mitgliedsbeiträge erwirtschaften. Das heißt, Parteien sind auch finanziell in einem Wettbewerb. Auf der anderen Seite begrenzt die absolute Obergrenze das, was Parteien insgesamt erhalten dürfen. Dass es eine finanzielle Begrenzung gibt, ist klug, weil man damit dem Eindruck entgegenwirkt, dass Parteien sich den Staat irgendwie zu eigen machen. Von dieser finanziellen Begrenzung darf nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom Dienstag dieser Woche dann nach oben abgewichen werden, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens. Es muss ein Ereignis vorliegen, das auf alle Parteien gleichermaßen einwirkt. Zweitens. Es muss einen Bedarf an mehr Personal und sachlichen Ressourcen geben. Drittens. Es ist aus eigener Kraft nicht leistbar. Das Versäumnis, das man dem Gesetz von 2018 durchaus zuordnen kann, ist, dass es zum einen zu schnell ging und dass zum anderen die Herausforderungen durch die Digitalisierung nicht gut genug begründet worden sind. Vor dem Hintergrund der bedeutenden Funktionen der Parteien in unserem Land ist es jetzt Aufgabe, dass diese Defizite beseitigt und dass die entsprechenden Vorgaben jetzt in einem neuen Gesetz geregelt werden, und zwar in einem solchen, das in seinem Zustandekommen, aber auch in seinem Inhalt transparent aufzeigt, was die Rolle der Parteien ist. Auf die Fraktionen, die damals im Jahr 2018 einen Antrag auf abstrakte Normenkontrolle gestellt haben, wird die besondere Verantwortung zukommen, es jetzt besser zu machen. Die Hand ist ausgestreckt. Aber Grüne und FDP, die damals aus guten Gründen geklagt und auch Recht bekommen haben, müssen jetzt in einem Gesetzentwurf darlegen, dass sich durch die höheren Aufwendungen aufgrund der Digitalisierung legitime Interessen ergeben. Ich bin auf das Gesetzgebungsverfahren gespannt. Abschließend möchte ich sagen: Ich habe Vertrauen in die Bundestagsverwaltung. Wir sind jetzt in der Situation, dass nach § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz die Bundestagsverwaltung einen begünstigenden Verwaltungsakt gegenüber den Parteien zurücknehmen muss, die mehr Geld bekommen haben. Manche Parteien haben Rücklagen gebildet, manche nicht. Entscheidend ist, dass wir der Bundestagsverwaltung vertrauen, das Ermessen richtig auszuüben. Beim Ermessen darf nicht vergessen werden, welche Rolle die Parteien insgesamt im Verfassungsgefüge einnehmen. Ich bin optimistisch, dass das gelingt. Ich will einen letzten Satz sagen – das ist mir wirklich wichtig –: Die Parteien dürfen sich selbst nicht über die Grenzen des politischen Anstands stellen, aber sie dürfen sich auch nicht kleiner machen. Sie haben eine wichtige verfassungsgemäße Aufgabe, und diese wird durch das Grundgesetz und das Parteiengesetz geregelt. Deswegen: Lassen Sie uns gemeinsam an einer konstruktiven Debatte mitwirken! Herzlichen Dank.