- Bundestagsanalysen
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eduard Palchys ist 32 Jahre alt und seit 2014 ein engagierter, meinungsfreudiger Blogger, der mehrfach inhaftiert wurde und im Zuge der Proteste 2020 erneut hinter Gittern landete. Er wird der Organisation von Ausschreitungen, der Organisation und Vorbereitung von Handlungen, die die öffentliche Ordnung grob verletzen, bezichtigt und wurde im Dezember 2021 zu 13 Jahren Haft in einem Hochsicherheitsgefängnis verurteilt.
Seine Frau war gezwungen, das Land zu verlassen, um einer Verhaftung zu entgehen. Sie lebt jetzt außerhalb von Belarus und darf maximal einmal im Monat mit ihrem Mann telefonieren. Das nach der Verhaftung von Eduard Palchys geborene gemeinsame Kind hat den Vater noch nicht kennengelernt.
Eduard Palchys, sehr verehrte Damen und Herren, steht stellvertretend für etwa 1 500 politische Gefangene, die Opfer der brutalen Unterdrückungswelle von Lukaschenko in den letzten mehr als zwei Jahren geworden sind. Der Bundestag hat 128 Patenschaften für solche politische Gefangene übernommen, ich die für Eduard Palchys. Über 300 solcher Patenschaften sind vom Europäischen Parlament und von zahlreichen nationalen Parlamenten in Europa übernommen worden.
Genau das ist der Punkt – da stimme ich dem Kollegen Abraham ausdrücklich zu –: Es ist gut, dass wir es gemeinsam schaffen, parteiübergreifend, die Aufmerksamkeit auf Belarus gerichtet zu halten.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es ist gut, dass wir diese Unterdrückung nicht hinnehmen, sondern für die Freiheitsrechte des Volkes und jedes einzelnen Staatsbürgers von Belarus eintreten. Und es ist gut, dass die Opposition im Exil unter Leitung von Swetlana Tichanowskaja nicht nur geeint auftritt, sondern ebenfalls ihren Beitrag dazu leistet, die Aufmerksamkeit hochzuhalten und das Schicksal von Belarus, diesem kleinen Staat im Herzen Europas, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Wir alle haben die Aufgabe, diese Aufmerksamkeit weiter hochzuhalten; das ist das, was wir den Menschen in Belarus schulden.
Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es ist völlig klar: Die Legitimität von Lukaschenko ist zerstört. Er hat keinerlei demokratische Legitimation mehr und auch keine mehr aus der Gesellschaft heraus. Wir wissen ganz genau, dass dieses Regime am Ende ist. Es ist nur noch die Frage, wann ein Wandel vollzogen werden kann. Wie immer bei großen Befreiungsbewegungen in unterdrückten Gesellschaften können wir von außen schwer einschätzen, wann dieser Moment kommt. Es kann noch Jahre dauern. Der Unterdrückungsapparat ist brutal und sehr gut eingespielt. Aber für uns muss analytisch klar sein: Der Weg von Belarus kann nur nach vorne gehen. Es wird keinen Weg zurück zu einer Herrschaft von Lukaschenko und einer Einparteiendiktatur geben. Die Freiheitshoffnung und die Freiheitsbewegung in Belarus werden sich durchsetzen, und darauf müssen wir mit unseren Möglichkeiten nach Kräften hinarbeiten.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dazu gehört, dass wir daran festhalten: Politische Gefangene müssen sofort freigelassen werden, und die Menschen in Belarus müssen die Möglichkeit haben, in freien und demokratischen Wahlen über ihre politische Führung zu entscheiden. Diese Forderung haben wir seit August 2020 erhoben. Wir halten daran fest: Auch in Belarus muss es möglich sein, dass jeder und jede in freien Wahlen über den weiteren Weg des Landes entscheiden darf.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir warnen die Führung in Minsk ausdrücklich davor, sich an dem russischen Angriffskrieg aktiv mit eigenen Streitkräften zu beteiligen. Schon jetzt ist Belarus Rückzugsraum und Aufmarschraum und Trainingsraum für die russischen Streitkräfte. Eine Beteiligung belarussischer Streitkräfte wäre ein weiteres schweres Verbrechen und würde vor allem Belarus und die belarussische Gesellschaft zerreißen. Deshalb kann man nur darauf hoffen, dass die in Minsk Herrschenden vor diesem Schritt zurückschrecken.
Wir jedenfalls werden nicht müde, darauf hinzuweisen, dass der Krieg in der Ukraine auch für das weitere Schicksal von Belarus entscheidend ist. Wenn Russland in der Ukraine scheitert, ist das auch ein Hoffnungszeichen für die Zukunft von Belarus.
Wir werden von unserer Seite alles dafür tun, Verbrechen festzuhalten und zu verfolgen. Wir werden weiter Hilfe durch humanitäre Visa leisten. Wir werden die Exilopposition, die Arbeit freier Medien für Belarus vom Exil aus unterstützen.
Nach Ihrer Bewerbungsrede, lieber Kollege Abraham, will ich darauf hinweisen: Dieser Koordinator wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle in unseren Beziehungen zu Osteuropa spielen müssen. Geben Sie uns allerdings die Chance, zu überlegen, wie wir die Funktion neu strukturieren. Denn eines – da bin ich mir ziemlich sicher – geht nicht mehr: dass wir einen Koordinator bestimmen, der sowohl für Russland wie für die Ukraine zuständig ist.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Nach dem Krieg, den Russland vom Zaun gebrochen hat, wird das nicht mehr möglich sein.
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Wir werden das also neu strukturieren müssen.
Herr Kollege.
Aber ein herausgehobener Ansprechpartner ist auch unser Wunsch.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Schmid. – Nächster Redner ist der Kollege Eugen Schmidt, AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)