Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich bin in der Voreifel aufgewachsen, und aus meinem Kinderzimmer konnte man hinterm Wald in der Ferne die Kühltürme des Kraftwerks Weisweiler sehen. Unsere ganze Region ist geprägt durch die Tagebaue Inden, Hambach und Garzweiler. Als ich klein war, haben meine Eltern immer gesagt: Das sind die Wolkenmaschinen, die machen das Wetter. – Aber wir müssen anerkennen, dass sich die Realität gewandelt hat. Heute erzählen Eltern ihren Kindern nicht mehr die romantische Geschichte von der Wolkenmaschine, sondern heute ist allen klar: Braunkohle ist ein absoluter Klimakiller. Vor diesem Hintergrund ist klar, dass ich es als Erfolg sehe, dass wir den Braunkohleausstieg im Rheinischen Revier auf 2030 vorgezogen haben. Man kann das kritisch sehen, man kann auch diskutieren, und vor allen Dingen kann man mehr einfordern und sagen, dass das nicht ausreicht. Aber für unsere Region ist das eins: ein Schlussstrich unter die Verstromung von Braunkohle im Rheinischen Revier. Wenn wir einmal auf den März 2022 zurückschauen: Gerade da hat RWE das Urteil vor dem OVG Münster erhalten, dass die letzten Grundstücke in Lützerath Eigentum von RWE sind. Von dieser Ausgangslage her haben wir es gemeinsam mit NRW hinbekommen, den Braunkohleausstieg um acht Jahre vorzuziehen, fünf Dörfer und drei Höfe zu retten. Das muss man als Erfolg deklarieren. Aber – und das möchte ich an dieser Stelle so deutlich sagen – das reicht nicht für das 1,5‑Grad-Ziel. Das reicht nicht an Klimabemühungen für all unsere Ziele. Das reicht auch nicht, um sich hinzustellen und zu sagen: Wir haben es geschafft. Die Aufgabe, die vor uns steht, ist die Planungsbeschleunigung, ist, mit dem Ausbau der Erneuerbaren voranzukommen; denn das Ziel muss doch sein, dass die Kohle unter Lützerath nicht verfeuert wird, weil jedes Windrad, jede Wasserstoffanlage einen Beitrag dazu leistet, dass es sich nicht mehr lohnt. Bei all dem Protest in und um Lützerath möchte ich noch einmal sagen, dass ein Großteil der Menschen vor Ort absolut friedlich gegen Braunkohle demonstriert hat. Den Inhalt und das Ziel dieser Demonstrationen, dass wir mehr gegen die Klimakrise tun, teile ich, teilen wir und, ich glaube, teilt der Großteil von Ihnen auch. Aber wenn wir uns anschauen, was in Lützerath passiert ist, dann muss man auf der einen Seite sagen, dass ich sehr froh bin, dass der Innenausschuss des Landtags NRW sich die schrecklichen Bilder vom Samstag angeguckt hat, dass der Landtag von NRW da eine Aufarbeitung vornimmt – danke, Herr Krings –; denn das, was wir gesehen haben, war im ersten Moment schockierend. Ich möchte an dieser Stelle aber auch sagen, dass das, was von Aktivistinnen und Aktivisten rund um Lützerath passiert ist, angesprochen werden muss. In der Nacht zum Donnerstag voriger Woche wurden die Scheiben meines Wahlkreisbüros in Aachen eingeschmissen. Dort, wo wir sonst gemeinsam für Ziele kämpfen, wo wir gegen die Klimakrise angehen, wo wir für demokratische Mehrheiten kämpfen und wo wir immer für den Diskurs offen waren, lagen Scherben. Die Ehrenamtlichen, die sich engagieren, sind eingeschüchtert und beängstigt von der neuen Art der Aggression. Die Worte, die auch von Teilen der Aktivistinnen und Aktivisten zu hören waren, waren „Verrat“ und „Widerstand“. Ich möchte hier einmal aus der „Süddeutschen“ zitieren: Ich möchte sagen: Wer zum Widerstand aufruft, der benutzt ein Mittel, das die Demokratie zur Verteidigung von sich selbst in unser Grundgesetz geschrieben hat. Wer die Grenze zu tätlicher Gewalt überschreitet, der verliert unser aller Solidarität. Man kann Gerichtsurteile kritisieren. Man kann sie für falsch halten. Und ja, unser Rechtsstaat hält es auch aus, wenn man sich der Polizei in den Weg setzt und friedlich weggetragen wird. Aber wer Gewalt anwendet, der verlässt den politischen Diskurs. Und uns alle, zumindest diese Hälfte dieses Hauses, macht doch aus, dass wir für die bessere Idee streiten, für den Diskurs und für ein Miteinander. Ich bin in der Voreifel groß geworden. Aus meinem Fenster sehe ich immer noch die Kühltürme des Kraftwerks Weisweiler. Wenn ich mir vorstelle, was 2040 jemand sieht, der aus diesem Fenster guckt, dann wünsche ich mir, dass man Windenergieanlagen sieht, dass man sieht, wie wir Strom aus Wasserstoff gewinnen, wie wir Strom aus Sonne gewinnen, und wie wir es hinbekommen haben, dass NRW die erste klimaneutrale Industrieregion Europas geworden ist. – Machen wir uns auf den Weg! Vielen Dank.