Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit ihrem Antrag „Digitale Betriebsratsarbeit … umfassend ermöglichen“ zeigt sich die Unionsfraktion von ihrer besten Seite. Sie zeigt sich lernfähig, empathisch und anschlussfähig: lernfähig, weil der Antrag in großen Teilen die Forderungen des FDP-Antrags „Betriebsrat 4.0“ aus dem April 2021 übernimmt, empathisch, weil die Union das wichtige Thema der nachhaltigen Digitalisierung der Betriebsratsarbeit großzügig der Nachfolgeregierung überlassen hat und anschlussfähig, weil sie teilweise beantragt, was ohnehin im Koalitionsvertrag steht, und auch sonst nichts fordert, was einer möglichen zukünftigen – okay, wenn auch sicher erst in einer fernen Zukunft, aber theoretisch eben möglichen – Regierungsbeteiligung in einer Koalition unwiderruflich im Wege stehen würde. Liebe Kolleginnen und Kollegen, lernfähig, großzügig und anschlussfähig – das ist doch mal nett. Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel: Beschäftigte arbeiten immer digitaler, immer öfter von zu Hause oder von überall aus, Unternehmen vernetzen sich mehr und mehr international, Projektteams arbeiten immer häufiger grenzüberschreitend. Beschäftigte, vor allem junge Beschäftigte, wünschen sich von ihren Arbeitgebern, dass sie selbstbestimmt, zeit- und ortssouverän arbeiten können. Oft ist das gut, nicht nur für Produktivität, sondern auch für bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Was sich die Beschäftigten aber von ihrem Arbeitgeber wünschen, wünschen sie sich eben auch von ihrem Betriebsrat. Wie sonst sollten sie Betriebsratsarbeit wertschätzen? Wie sonst sollten sie sich motiviert fühlen, selbst Verantwortung zu übernehmen und vielleicht mal für den Betriebsrat zu kandidieren? Niemand sollte damit rechnen, dass Betriebsratsarbeit attraktiv bleibt, wenn der Werkzeugkasten der Betriebsräte aus den Tiefen des 20. Jahrhunderts stammt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das wäre sicherlich nicht zeitgemäß. Letzte Woche hatten wir in unserem Familienunternehmen eine Betriebsversammlung, auf Einladung des Betriebsrats. Die Stimmung war gut. Ich hoffe mal, das war nicht dem Umstand geschuldet, dass ich mich seit fünf Jahren in anderer beruflicher Verwendung befinde. Jedenfalls hatte ich den Eindruck, dass unsere Außendienstler und auch die Vertreter der Schwesterbetriebe im Ausland nächstes Jahr wieder gerne an der Betriebsversammlung teilnehmen würden, ohne vorher weit anreisen zu müssen. Bei Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften geht das; sie sind jetzt dauerhaft digital möglich. Das hat Justizminister Buschmann letztes Jahr auf den Weg gebracht. Oder nehmen wir die Möglichkeit, Beschlüsse im Umlaufverfahren zu fassen: Aufsichtsräte dürfen das, und die tun das auch, wenn es mal schnell gehen muss. Keine Entscheidung darf liegen bleiben, weil kein Sitzungstermin gefunden wird. Geschwindigkeit ist relevant für die Zukunftsfähigkeit unserer Unternehmen und damit auch relevant für die Sicherheit unserer Arbeitsplätze. Digitale Betriebsratsarbeit stärkt die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe, und das nicht nur in schweren Zeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wie oft spreche ich mit Arbeitgebern und Betriebsräten, die ganz ähnliche Interessen verfolgten – sie wissen, dass sie im selben Boot sitzen –, die vertrauensvoll zusammenarbeiten, so wie es sein soll und so wie das in § 2 Betriebsverfassungsgesetz auch steht. Betriebsräte sind ein direkter Ansprechpartner für die Geschäftsleitung und können helfen, schwierige Entscheidungen durch- und umzusetzen. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag für den Betriebsfrieden. Betriebsratsarbeit ist und bleibt eine tragende Säule der Sozialpartnerschaft. Moderne Betriebe brauchen moderne Betriebsräte, und genau hier setzt die Koalition an. So haben wir das im Koalitionsvertrag vereinbart, und so werden wir das machen. Vielen Dank.