Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! – Herr Präsident, trotz aller gelegentlicher inhaltlicher Differenzen: Irgendwie liebe ich Sie für Ihre Bemerkung. Aber abgesehen von diesem Liebesbekenntnis kommen wir jetzt zur Sache. Man sollte ja, wenn man kriminalistisch tätig ist, immer nach den Gründen fragen. Jetzt muss man nach den Gründen fragen, warum die AfD-Fraktion hier partiell, jedenfalls bei den Punkten „Werbung“ und „Programmverwertung“, Copy-and-paste aus dem Bericht des Bundesrechnungshofs von 2015 gemacht hat. Die Antwort ist ganz einfach: weil Sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wie wir ihn haben, nicht mehr wollen oder, wie Frau Weidel einmal explizit gesagt hat, ihn höchstens zu einem „Zehntel seiner jetzigen Größe“ weiterhin haben wollen. Weiter bemerkte Frau Weidel dann auch – ich zitiere –: „Vetternwirtschaft, Korruption und Selbstbedienungsmentalität gehören … zum System.“ Ich dachte in dem Moment: Was für eine Selbererkenntnis! Endlich mal ein Moment der Selbstkritik bei der AfD! Aber sie sprach über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das sollten Sie aber so nicht unbedingt tun, wenn man bedenkt, wie es mit Ihren Finanzierungsgrundlagen aussieht. Zuletzt im November, vorher im Oktober wurden Untersuchungen angestellt. Es gab einen Durchsuchungsbeschluss. Im Raume steht – und der Verdacht ist erheblich – die verdeckte Finanzierung von Plakaten, Social-Media-Werbung und anderen politischen Werbemaßnahmen durch Dritte und aus der Schweiz. Ich würde Ihnen empfehlen, bevor Sie versuchen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seine Finanzierung infrage zu stellen, in einem Moment der Selbsterkenntnis einmal Ihre eigene Finanzierung zu hinterfragen; das wäre wirklich dringend notwendig. Sie sind auch die denkbar schlechtesten Anwälte der Privatsender. Das wollen Sie ja sein; Sie wollen ja – das habe ich dem Antrag entnommen – Gerechtigkeit und Chancengleichheit für die privaten Medien. Nur: So dämlich sind die privaten Medien nicht. So wenig wie der Zentralrat der Juden es zulässt, dass Sie das Thema Antisemitismus für Ihre Zwecke instrumentalisieren, so wenig werden es die privaten Medien, weil sie nämlich seriös und klug sind, zulassen, dass Sie sie für Ihre Zwecke instrumentalisieren. Sie haben – das ist noch mal schön – auch ein eigenes Modell; das muss man konzedieren. Ich glaube, dass Ihre Werbeabteilung drei, vier Monate allein an dem Begriff gearbeitet hat. Sie wollen nämlich keinen Rundfunk; Sie wollen einen „Grundfunk“. Ein Grundfunk, für den Herr Brandner und andere eintreten, soll ein schlanker Heimatfunk sein, der unpolitisch und neutral ist, der einfach nur Nachrichten und Kulturelles mit lokalem Bezug sendet. Uns ist klar, was das soll: Kritischer Journalismus, ein Hinterfragen Ihrer Finanzierung, Ihres Gebarens soll nicht stattfinden. Ich kann auch mal illustrieren, wie ein solcher Grundfunk aussehen würde. Ich habe mir ja, wie Sie wissen, beim Vorgänger von Herrn Brandner die Erfahrung gegönnt, mit Begleitung der ARD-„Tagesthemen“ den Wahlkreis zu besuchen, eine AfD-Sprechstunde, zu der interessanterweise nur AfD-Funktionäre kamen. Ein Grundfunk Ihrer Art würde dieses Detail natürlich nicht erwähnen. Später war ich bei einem Wirtschaftsstammtisch der AfD. 15, 20 Leute wurden erwartet. Es war nicht mal eine Handvoll Personen da, aber zufällig AfD-Funktionäre. Als Nächstes ging es zum Schützenverein. Und – oh Wunder! – wer taucht da auf? Ein AfD-Funktionär. Ja, so stellen Sie sich Neutralität vor. Der Grundfunk, der Heimatfunk, wie Sie ihn sich wünschen, lässt Sie schalten und walten. Das wird es aber nicht geben. Wenn Sie reflektierter wären – ich muss Ihnen zwar keine Ratschläge geben; ich tue es aber doch –, würden Sie nicht als Hauptargument gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verwenden, dass Sie in Interviews zu selten rankommen und dass man zu kritisch berichtet. Sie würden auch nicht, wie in einer historischen Stunde in diesem Hohen Hause, den Kinderkanal, KiKa, als großen Feind begriffen haben, weil er zu kritisch gegenüber der AfD war. Wenn Sie klug wären, dann würden Sie sich wünschen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk über Ihre Gegner besser berichtet. Wenn man das Lamento und die eigene Situation zum Maßstab der Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk macht, dann hat man Demokratie und Journalismus null verstanden. Das ist rein selbstbezüglich. Deshalb sprechen Sie hier auch mitnichten für die Bürgerschaft dieses Landes, sondern nur für sich selbst. Sie wollen keinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk dieser Art. Sie wollen keine Strukturreform, wollen sich damit nicht ernsthaft befassen, sondern Sie wollen schalten und walten, wie es Ihnen gefällt. Das haben Sie verkündet. Das gilt auch für Sie, Herr Brandner; ich lese ja Ihre Verkündungen. Sie haben gesagt: Wenn wir in Landesregierung sind, werden wir das vollziehen. Wir werden aber dafür sorgen, dass die Bürgerschaft nicht zulässt, dass Sie in Landesregierungen sein werden. Vielen Dank.