Tagesordnungspunkt:
Zwischenrufe:
0
Beifall:
7
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Élysée-Vertrag war schon vor 60 Jahren viel mehr als ein Vertrag der Staatsoberhäupter, der Regierungen und Parlamente; er war und ist bis heute vor allem ein Vertrag zwischen den Menschen aus unseren beiden Ländern. Er hat nach drei verheerenden Kriegen, knapp zwei Jahrzehnte nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs den Grundstein gelegt, dass aus sogenannten Erbfeinden Freunde wurden. Heute sprechen wir völlig selbstverständlich in Frankreich vom „couple franco-allemand“ und in Deutschland, wie immer ein bisschen prosaischer, vom „deutsch-französischen Tandem“ oder vom „deutsch-französischen Motor“. Diese Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich hat natürlich die europäische Einigung erst möglich gemacht und maßgeblich vorangetrieben.
Kolleginnen und Kollegen, auch wenn sich die Medien in der Regel natürlich viel mehr mit der Beobachtung des politischen Spitzenpersonals auseinandersetzen, um den jeweiligen Stand der deutsch-französischen Beziehungen zu erforschen, geht es doch um viel mehr. Denn diese deutsch-französische Freundschaft hat ein viel breiteres Fundament. Wir haben mittlerweile millionenfache Freundschaften und Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern, wir haben etablierte Strukturen, Initiativen und viele Austauschmöglichkeiten, und darauf möchte ich als stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Französischen Parlamentariergruppe noch mal kurz eingehen, obwohl manches von den Kolleginnen und Kollegen zuvor bereits angesprochen worden ist.
Es ist nämlich ein wichtiger Unterbau dieser gelebten Zusammenarbeit, dass wir Städtepartnerschaften haben, Partnerschaften zwischen Städten, Gemeinden, Regionen, sogar zwischen Bundesländern und den Pendants in Frankreich. Es sind mittlerweile 2 300, mehr als überall sonst in der Welt. Auch auf die Bedeutung von Arte, der wirklich einzigartigen Idee eines deutsch-französischen Fernsehsenders, ist hingewiesen worden, und es freut mich, dass er vor allem im Internet jetzt immer mehr an Zuspruch gewinnt. Das heißt, auch junge Menschen schauen sich Arte an.
Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Deutsch-Französische Jugendwerk ist erwähnt worden. Es hat seit 1963 9 Millionen deutschen und französischen jungen Menschen einen Austausch im Nachbarland ermöglicht. Ich bin überzeugt, Kolleginnen und Kollegen: Nicht nur Volker Ullrich hat den Schüleraustausch genutzt; viele von uns haben von dieser sehr gewinnbringenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, haben eine große Liebe, ein großes Herz für Frankreich entwickelt und erinnern sich noch gerne zurück.
Wir haben binationale Abschlüsse etabliert. Man kann AbiBac machen. Es gibt die Deutsch-Französische Hochschule, die an 145 Hochschulen 189 binationale Studiengänge mit Doppeldiplomabschluss anbietet.
Auch wir Abgeordnete vernetzen uns – darauf ist hingewiesen worden – mit der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung. Kolleginnen und Kollegen, das sollten wir fortführen und vertiefen; denn – darauf hat die Kollegin Chantal Kopf hingewiesen – laut einer Befragung des Deutsch-Französischen Jugendwerks unter Jugendlichen zu ihrer Einstellung zum jeweiligen Nachbarland wünschen sich 40 Prozent unserer Jugendlichen eine Vertiefung. Insgesamt ist das Ansehen jeweils sehr, sehr groß; darauf können wir stolz sein.
Aber zur Wahrheit gehört auch, liebe Anke Rehlinger: Immer weniger lernen die Sprache des Nachbarlandes. Das gilt für unsere deutschen Schülerinnen und Schüler. Ich habe mir aber sagen lassen: In Frankreich lernt man lieber Spanisch – Englisch muss man –, Chinesisch oder sonstige Sprachen. Hier ist noch einiges zu verbessern. Auch die Schüleraustausche haben sich in letzter Zeit leider nicht gut entwickelt. Das liegt an Corona, aber vielleicht nicht nur.
Wichtig wäre, dass die deutsch-französische Partnerschaft eine gelebte Partnerschaft bleibt, und deswegen sollten wir sie weiter mit Leben füllen und uns engagieren.
Als Bundestagsabgeordnete können Sie einen Beitrag leisten. Es gibt ein weltweit einzigartiges Hospitantenprogramm. Sie können daran teilnehmen und in Frankreich durch Entdecken von Wahlkreisen und durch Teilnahme an der Assemblée nationale das politische Leben, den politischen Alltag besser kennenlernen. Das gilt auch für unsere französischen Kollegen. Wir wollen das als Parlamentariergruppe wiederaufleben lassen; auch dies war durch Corona beeinträchtigt. Ich lade Sie alle herzlich dazu ein.
Zum Schluss bedanke ich mich bei allen, die an dieser Partnerschaft mitwirken, gerade in den Kommunen, in der Zivilgesellschaft und bei Ihnen, und freue mich, viele von Ihnen in der Sorbonne und der Assemblée nationale anlässlich des Festakts am Sonntag wiederzusehen.
Danke.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])