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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Zusammenhang mit der Restitutionsdebatte und der Rückgabe der Benin-Bronzen bin ich in Ihrem Antrag auf das Wort – ich zitiere – „Opferentrepreneure“ gestoßen. Ich finde, das Wort passt nicht. Es ist falsch und diskriminierend,
Das ist ein Zitat!)
weil Sie all denjenigen, denen wir die Bronzen zurückgeben, unterstellen, daraus ein Geschäftsmodell zu machen. Das Gegenteil ist der Fall. Es geht bei dieser Frage um Würde und Wertschätzung,
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
um Aufarbeitung von Geschichte und Konfrontation mit dem, was passiert ist.
Wir können unserer kolonialen Vergangenheit und auch ihren Verbrechen nicht entkommen, sondern wir müssen sie ansprechen. Und wenn wir sie ansprechen, ist es auch eine Frage der Verbundenheit, wenn daraufhin Rückgabeansprüche erfüllt werden. Deswegen will ich es noch einmal formulieren: Die Rückgabe der Benin-Bronzen, eingefädelt von Staatsministerin Monika Grütters, die ersten übergeben durch Claudia Roth und Annalena Baerbock, war richtig. Es hat unserem Land gutgetan, dass wir das gemacht haben.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich bitte Sie, dass Sie bei dieser Frage die Welt auch mit den Augen des anderen sehen, dass Sie sich fragen: Was hat das denn für einen Eindruck bei der jungen Generation in Burkina Faso, in Nigeria, in vielen Staaten Afrikas hinterlassen, die darauf hoffen, dass wir den Menschen auch in der Frage der Kulturpolitik ein Zeichen der Wertschätzung und der Anerkennung zukommen lassen?
Damit bin ich – Herr Kollege Moosdorf, da möchte ich schon widersprechen – bei zwei Gedanken, die Sie hier gebracht haben und einfach falsch sind. Sie sprechen von „deutschen Alleingängen“ bei dieser Frage. Ich bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen, dass Präsident Macron bereits im Jahr 2017 bei seiner Rede in Ouagadougou deutlich gemacht hat, dass es eine Frage europäischer Verantwortung ist, Raubgut zurückzugeben,
Und was hat er gemacht? Er hat es nicht gemacht!)
und dass dem in Frankreich im Jahr 2018 der Bericht von Sarr und Savoy gefolgt ist.
Sie reden wie der Blinde von der Farbe!)
Ich möchte aus diesem Bericht zitieren:
Hinter der Maske des Schönen lädt die Restitutionsfrage … dazu ein, bis ins Herz eines Aneignungs- und Entfremdungssystems, des Kolonialsystems, vorzustoßen, als dessen öffentliche Archive bestimmte europäische Museen heute unwillentlich fungieren.
Wir müssen uns dieser Verantwortung stellen, und deswegen ist das kein deutscher Alleingang, sondern eine europäische Verantwortung.
Und dann sagen Sie, damit würden wir – wieder ein Zitat von Ihnen – „Walter Ulbricht … in den Schatten“ stellen. Walter Ulbricht ist der Erbauer der innerdeutschen Mauer. Wenn Sie den Erbauer der innerdeutschen Mauer mit Schießbefehl in eine Reihe mit einer kulturellen Debatte stellen, dann entfremden Sie sich vom Inhalt dieser Diskussion und zeigen, dass Sie nichts, aber auch gar nichts verstanden haben.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dass Sie nichts verstanden haben, wird in Ihrem Antrag auch im Kapitel über die Erinnerungskultur deutlich. Ich zitiere Sie:
Deren aktuelle Reduktion auf eine Schuld- und Schamkultur verhindert aber besonders bei der jungen Generation eine positive Identifikation mit dem eigenen Land.
Damit stellen Sie sich, wenn Sie von „Schuld- und Schamkultur“ sprechen, gegen all das, was unser Land erinnerungspolitisch in den letzten 75 Jahren geleistet hat. Gerade die Konfrontation mit der Geschichte, die Anerkennung der großen Verbrechen der deutschen Geschichte und damit auch die Zuerkennung der Würde der Opfer hat Deutschland erst wieder im Kreise der Staaten anschlussfähig gemacht. Wenn Sie da von „Schuld- und Schamkultur“ sprechen, ist das auf dem Niveau der „Vogelschiss“-Rhetorik, um einen ehemaligen Vorsitzenden Ihrer Fraktion zu zitieren. Das dürfen wir Ihnen nicht durchgehen lassen.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Kollege Ullrich, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Abgeordneten Moosdorf?
Nee! Das ist schon genug Zeitverschwendung!)
Ja.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. – Ich beziehe mich direkt auf Ihre Einlassung. Ja, Emmanuel Macron hat eine Rückgabe angekündigt, aber es ist bei blumigen Worten geblieben. Das wissen Sie.
Ein zweiter Punkt. Wenn Sie mal einen Blick in den British Museum Act werfen, dann werden Sie feststellen, dass das, was wir hier gerade betreiben, in England für jetzt und alle Zeit gesetzlich ausgeschlossen wird. Ist Ihnen das klar?
Ein dritter Punkt. Walter Ulbricht war nicht nur der Errichter der Mauer. Er hat die Universitätskirche in Leipzig geschliffen, er hat die Kirchtürme gesprengt, er hat Kirchen zu Bädern umgebaut und hat diesen ganzen Unsinn betrieben,
Katrin Budde [SPD], an den Abg. Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU] gewandt: Sie hätten die Frage nicht zulassen sollen! Mein Gott!)
den Sie hier erstaunlich ungeniert fortsetzen. Ist Ihnen das bekannt?
Danke schön.
Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Es ist mir bekannt. Deswegen ist es erst recht unverständlich, dass Sie hier in dieser kulturellen Debatte Walter Ulbricht anführen. Das zeigt, dass Ihr Niveau wirklich ganz unten angekommen ist.
Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das ist das eine.
Und das Zweite: Frankreich hat selbstverständlich etwas zurückgegeben – es sind Fake News, wenn Sie hier sagen, dass Frankreich nichts zurückgegeben hat –, nämlich in den Jahren 2018 und 2019 an die Republik Benin. Das ist ein erstes Zeichen der französischen Restitutionspolitik, und weitere Artefakte aus französischen Museen werden folgen. Das, was Sie hier behauptet haben, ist also falsch. Ich bitte Sie, das bei Gelegenheit richtigzustellen.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Abschließend ein letztes Zitat aus Ihrem Antrag, weil wir dies in diesem Hohen Haus nicht stehen lassen können:
Die Sorge um das Gemeinwesen kann nur aus einem Gemeinsinn heraus erwachsen, der auf einer gemeinsamen kulturellen Identität beruht.
Ich möchte für unsere Fraktion schon festhalten – ich glaube, auch für die Mehrheit des Hauses –, dass das, was unser Land zusammenhält, die Vielfalt ist und die Akzeptanz von Vielfalt. Das, was unser Land zusammenhält, sind die Werte unseres Grundgesetzes: Meinungsfreiheit, Kunstfreiheit, die Freiheit von Kultur und Wissenschaft. Es geht nicht darum, dass der Staat eine gemeinsame kulturelle Identität vorgibt, sondern dass wir den Rahmen schaffen, dass diese Identität gelebt werden kann. Das ist der Kern unserer Politik, und dafür werden wir weiter eintreten.
Alle Anträge werden selbstverständlich abgelehnt.
Herzlichen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat die Kollegin Simona Koß für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)