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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine bedeutet ein Jahr Tod und Zerstörung, systematische russische Kriegsverbrechen, Vertreibung, Angst und Leid für die ukrainische Zivilbevölkerung. Das gilt auch für unzählige, oft junge Soldatinnen und Soldaten beider Seiten, die sicher andere Träume und Hoffnungen für ihr Leben hatten. Bundeskanzler Olaf Scholz hat klargemacht, dass wir die Verletzung der europäischen Friedensordnung, Grenzen mit Waffengewalt zu verschieben, niemals hinnehmen werden. Deshalb darf Russland diesen Krieg nicht gewinnen.
Beifall bei der SPD)
Deshalb stehen wir an der Seite unserer ukrainischen Freunde und trauern auch mit ihnen um die Opfer des Unglücks des Hubschrauberabsturzes gestern. Bundespräsident Steinmeier hat anlässlich des 31. Jahrestags der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zur Ukraine gegenüber Präsident Selenskyj noch einmal versichert, dass wir die Ukraine politisch, finanziell, humanitär und auch militärisch – und auch das ist richtig, Herr Kollege Bartsch – in enger Abstimmung mit unseren Verbündeten unterstützen. Das galt seit dem 24. Februar letzten Jahres bis heute, und das gilt auch weiter.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Union kommt wieder mit einem Antrag, der unsere bisherige Unterstützung der Ukraine kleinredet und erneut die Lieferung bestimmter Waffensysteme fordert. Sie wenden sich auch ausdrücklich an den neuen, frisch vereidigten Bundesminister der Verteidigung.
Lieber Boris Pistorius, ich gratuliere dir sehr herzlich zu dem neuen Amt
und weiß aus langjähriger Zusammenarbeit, dass unsere Sicherheit bei dir in allerbesten Händen ist. Die Soldatinnen und Soldaten dürfen sich auf einen Chef freuen, der sie mit Sympathie, Autorität, Sachverstand und Durchsetzungskraft vertreten wird.
Beifall bei der SPD)
Ich will mich aber auch einmal bei Christine Lambrecht für ihre Arbeit in schwieriger Zeit bedanken und meinen Respekt für ihre sicherlich nicht leichte Entscheidung ausdrücken.
Zur Union will ich sagen: Bei allen Fehlern, die jeder von uns macht, der Verantwortung trägt, und bei aller Härte des politischen Geschäfts hätte Ihnen ein bisschen mehr Demut angestanden angesichts des Desasters, das Guttenberg und Co in 16 Jahren an der Spitze des Verteidigungsministeriums hinterlassen haben.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wir sind es, die das in der Ampelkoalition in Ordnung bringen, mit dem Sondervermögen und der Reform des Beschaffungswesens.
Zuruf von der AfD: Läuft super!)
Wir haben vor Monaten gemeinsam beschlossen, die Ukraine solidarisch zu unterstützen. Ich habe dem, auch was die militärische Unterstützung angeht, genauso wie die gesamte SPD-Fraktion zugestimmt, auch wenn ich mich mit der Forderung nach immer mehr und immer offensiveren Waffen schwertue.
Ihre Verengung, ja geradezu Fixierung auf den militärischen Aspekt bleibt falsch, und eine gewisse Skepsis gegenüber einer Politik, die ausschließlich der militärischen Logik folgt, ist angesichts unserer Geschichte nur angebracht. Wenn ich neuerdings Forderungen höre, Deutschland müsse kriegsfähig werden oder eine Kriegswirtschaft vorbereiten, dann habe ich dafür überhaupt kein Verständnis.
Beifall bei Abgeordneten der SPD
Das wundert uns nicht, Herr Stegner!)
Dass wir eine bessere Verteidigungsfähigkeit und Bündnisfähigkeit brauchen, hat der Bundeskanzler in seiner Zeitenwende-Rede klar benannt. Was die deutsche Führungsrolle angeht, so ist es richtig, wenn wir bei humanitärer, diplomatischer und finanzieller Unterstützung mit gutem Beispiel vorangehen. In militärischen Fragen sollte jedoch gelten, dass wir uns nicht drücken, aber Alleingänge strikt vermeiden und in enger Abstimmung mit unseren Verbündeten, insbesondere in Washington und Paris, handeln. Genau das tut der Bundeskanzler, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Beifall bei der SPD)
Glauben Sie mir: Ich kenne die Mechanismen und manchmal auch die Zwänge der politischen Aufmerksamkeitsökonomie sehr gut.
Sie waren nie erfolgreich damit!)
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei aller Kommunikationskritik sollte doch die Reihenfolge „erst denken, dann reden und handeln“ eingehalten werden. Olaf Scholz liegt genau richtig, wenn er besonnen und mit kühlem Kopf wichtige Entscheidungen trifft und sich nicht von aufgeregten Debatten auf Twitter und in Onlineportalen treiben lässt.
Und das Bedürfnis mancher von Ihnen, alle zehn Minuten neue, offensivere Waffengattungen per Tweet ins Spiel zu bringen, ist doch mindestens kontraproduktiv und wird dem Ernst der Lage nicht gerecht, übrigens auch nicht die Sportrhetorik, was manche Kriegsfolgen und Kriegsopfer angeht. Das finde ich zum Teil wirklich verstörend.
Fakt ist, dass Deutschland nach den USA mittlerweile der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine ist, wenn man den deutschen Anteil an den EU‑Hilfen einberechnet. Man kann auf der Internetseite der Bundesregierung nachlesen, was wir militärisch an Unterstützungsleistungen für die Ukraine tun. Ihre Behauptung, Deutschland tue zu wenig und sei nicht solidarisch mit der Ukraine, ist ein Märchen. Das glaubt Ihnen doch kein Mensch, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Beifall bei der SPD)
Wir haben ein sehr hohes Maß an gemeinsamen Interessen mit der Ukraine; aber identisch sind die Interessen nicht. Die Ukraine hat zum Beispiel zu Beginn des Krieges – aus ihrer Sicht verständlicherweise – Flugverbotszonen gefordert,
Das ist doch Schnee von gestern!)
und es gab auch den Ruf nach Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen. Irgendwann diskutieren wir wahrscheinlich über Kampftruppen. Aus der Sicht der Ukraine ist das nachvollziehbar.
Ich will aber doch sagen: Wir werden in einzelnen Fragen zu anderen Abwägungen kommen müssen. Der Bundeskanzler muss jeden Tag aufs Neue abwägen: Wie unterstützen wir die Ukraine bestmöglich, ohne dazu beizutragen, dass der Krieg sich ausweitet und unsere eigene Verteidigungsfähigkeit leidet?
Das wissen alle hier im Haus, Herr Kollege!)
Was Sie Zögerlichkeit nennen, ist in Wahrheit kluge Führung. Diese Besonnenheit hat auch die große Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande. Das merkt doch jeder, der auf der Straße unterwegs ist und mit den Menschen spricht.
Beifall des Abg. Dr. Joe Weingarten [SPD]
Da scheinen Sie aber woanders unterwegs zu sein!)
Wenn ich manche Stellungnahme aus der Opposition und teilweise auch woanders höre, zum Beispiel, als eine Abwehrrakete auf polnischem Boden landete, kann ich nur sagen: Ich bin froh, dass wir einen Bundeskanzler haben, der die Nerven behält, wenn es um Krieg und Frieden geht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Beifall bei der SPD)
Schauen Sie über den Atlantik nach Washington! Da gibt es die gleichen Debatten; auch da wird darüber diskutiert. Aber es gibt keine Vorwürfe etwa an den Generalstabschef der USA, der sich etwas skeptischer geäußert hat, er sei der Vertreter russischer Interessen. Es wäre schön, wenn die Opposition hierzulande darauf verzichten würde, diejenigen zu diffamieren, die zusätzlich zur militärischen Hilfe auch auf Diplomatie setzen und die gegenüber einer Verengung auf das Militärische zurückhaltend sind. Das gilt auch für die, die bei voller Solidarität mit der Ukraine nicht gleich alle friedenspolitischen Grundüberzeugungen über den Haufen werfen und der Rüstungsindustrie alle Wünsche von den Augen ablesen.
Das ist so unterirdisch! Echt!)
Ich gehöre nicht zu der Kompanie neuer Militärexperten, die es jetzt gibt, und deshalb verzichte ich auf die Aufzählung technischer Details verschiedener Panzertypen. Und versuchen Sie es erst gar nicht! Auch der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius wird auf der gleichen besonnenen Linie wie der Bundeskanzler und die Bundesregierung handeln, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das sind schlechte Nachrichten!)
Ich bin sicher, dass beim Besuch des amerikanischen Verteidigungsministers heute und beim morgigen Treffen in Ramstein gemeinsame Entscheidungen zur Unterstützung getroffen werden. Es wäre schön, wenn nicht gleich fünf Minuten danach die nächste Forderung nach neuen Waffen von Ihnen kommen würde.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Unser Fraktionsvorsitzender Rolf Mützenich hat gesagt: Unser politisches Hauptziel für 2023 ist, dass dieser verbrecherische russische Krieg endet. – Er hat dem Bundeskanzler die Unterstützung unserer Fraktion bei künftigen, auch schwierigen Entscheidungen zugesagt und drängt richtigerweise immer wieder darauf, eben auch diplomatisch nichts unversucht zu lassen.
Ihr Antrag enthält falsche Behauptungen und ist überflüssig.
Ich zitiere abschließend den Herrn Bundespräsidenten:
Wir unterstützen die Ukraine politisch, humanitär, finanziell, militärisch – mit dem, was wir können, und dem, was notwendig ist, in Abstimmung mit unseren Verbündeten.
So wird es weiterhin bleiben.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Beifall bei der SPD
Rüdiger Lucassen hat das Wort für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)