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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Johann Wadephul hat betont, dass es auch viele Gemeinsamkeiten gibt. Dann frage ich mich natürlich, warum man die nicht herausstellt, sondern seit Monaten das Gleiche erzählt, selbst wenn sich die Welt seitdem schon deutlich verändert hat und andere Waffensysteme geliefert werden.
Meinen Sie jetzt Frau Strack-Zimmermann oder Herrn Hofreiter, oder wen meinen Sie?)
Wir hören von der Union immer wieder die gleiche Schallplatte. Sie müssen sich mal fragen, ob in dieser existenziellen Situation Parteipolitik oder ein gemeinsames Miteinander auf der Tagesordnung stehen müsste.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Die große Mehrheit in diesem Hohen Hause ist sich ja einig, dass die Ukraine nicht nur ihre eigene, sondern auch unsere europäische Freiheit gegen den russischen Aggressor verteidigt. Wir sind uns einig, dass der russische Angriffskrieg eine neue Realität geschaffen hat, auf die der Bundeskanzler mit seiner Zeitenwende-Rede für die Koalition richtig reagiert hat.
Zuruf von der CDU/CSU: Nur Worte!)
Und wir sind uns eigentlich auch darin einig, dass die Ukraine den russischen Aggressor aus den besetzten Gebieten zurückdrängen, dass sie also den ihr aufgezwungenen Krieg gewinnen muss,
und zwar für ihre und für unsere Freiheit. Dafür wird sie auch weitere Kampfpanzer brauchen.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP
Aha! Dann sind wir uns ja einig!)
Wenn wir uns also in diesen Zielen einig sind, dann frage ich mich, was Ihr Antrag soll. Ich habe das Gefühl – das ist so mein Eindruck –, dass hier eine Torschlusspanik herrscht, weil Sie wissen, dass es morgen substanzielle Beschlüsse in Ramstein geben wird.
Woher wissen Sie das denn?)
Heute müssen Sie wahrscheinlich noch mal Radau machen, damit Sie dann sagen können: Ohne uns hätten das die Amerikaner, die Deutschen und die anderen NATO-Partner nicht beschlossen. – Was für eine parteipolitische, kleinkarierte Vorgehensweise, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP
Wird das morgen beschlossen?)
Lassen Sie uns also darüber reden, was uns denn – oft natürlich zum Ärger und auch zu kritischen Diskussionen anstoßgebend – daran hindert, an manchen Stellen schneller und besser zu sein, wie wir das doch in großer Mehrheit wollen. Die Abstimmung mit den Bündnispartnern ist nicht trivial, und sie kostet oft auch Zeit, aber sie ist notwendig. Daher frage ich mich an dieser Stelle, warum in Ihrem Antrag nicht ein einziges Mal darauf verwiesen wird, dass es keine deutschen Alleingänge geben darf. Wer Ihren Antrag liest, hat das Gefühl: Wenn es nach Ihnen ginge, würde Deutschland alleine voranschreiten. Das wäre auf lange Sicht sogar kontraproduktiv für die Ukraine, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der SPD)
Herr Nietan, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung des Kollegen Hardt aus der CDU/CSU?
Nein. – Einen weiteren Punkt will ich ausführen. Kann es nicht sein, dass der Zustand der deutschen Rüstungsindustrie auch etwas damit zu hat, dass wir nicht so schnell vorankommen, wie wir vorankommen möchten? Kann es sein, dass dies ein Punkt ist, der der Union sehr unangenehm ist? Denn der Zustand der deutschen Rüstungsindustrie hat auch etwas mit 16 Jahren Leitung des BMVg durch Unionspolitikerinnen und ‑politiker zu tun.
Beifall bei der SPD
Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU
Ja, selbstverständlich! Richtig! Nur damit!)
– Es ist interessant, wie Sie darauf reagieren. Ich finde, wenn man 16 Jahre lang die Bundeskanzlerin gestellt hat und in dieser Zeit Nord Stream 2 gebaut wird,
wenn man 16 Jahre lang die Verteidigungsministerinnen und Verteidigungsminister gestellt hat und die Bundeswehr in einem solchen Zustand ist, dann sollte man vielleicht mal in sich gehen, anstatt das einfach wegzuwischen. Das zeigt, wie verantwortungslos Sie sind, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Deshalb wundert es mich auch nicht, dass es in Ihrem Antrag kein Wort zum Zustand der Bundeswehr gibt.
Das ist einfach nur peinlich, wie die Bundeswehr dasteht!)
In der jüngsten Ausgabe des „Spiegel“ können wir in dem Artikel von Herrn Gebauer und Herrn von Hammerstein nachlesen – ich zitiere –:
Wer sich auf die Suche nach den Verantwortlichen für die heutige Misere macht, landet schnell bei … Karl-Theodor zu Guttenberg und Thomas de Maizière. Warum? Weil diese beiden Minister der Bundeswehr mit ihren Reformen das Rückgrat gebrochen hätten. Darüber sind sich jedenfalls die meisten altgedienten Offiziere einig, die das Drama damals miterlebten.
Reden Sie über die Ukraine!)
Ich weiß, dass die Union nicht viel auf den „Spiegel“ gibt, aber ich glaube, er hat an dieser Stelle recht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Das stimmt, ausnahmsweise!
Aber ihr wart schon mit dabei, ne? Mal so nebenbei bemerkt!)
– Ja, wir waren mit dabei, selbstverständlich.
Zurufe von der CDU/CSU: Oh!
Ich wollte es ja nur sagen!)
Aber ich will Ihnen was sagen: Wir durchlaufen gerade einen mühsamen Prozess in der SPD. Auch unser Parteivorsitzender sagt öffentlich, dass wir Fehler gemacht haben und dass wir uns ändern müssen. Nennen Sie mir einen auf der rechten Seite, der das bis jetzt gesagt hat. Das ist der Unterschied zwischen uns und der Union.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Herr Nietan, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage oder ‑bemerkung von Herrn Wadephul.
Nein, ich bin jetzt in Rage und möchte nicht unterbrochen werden.
Heiterkeit bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, man muss doch sehen, dass die Union mit diesem Antrag den Eindruck zu erwecken versucht, als wäre es kein Problem, dass die Industrie ganz schnell viele Panzer auf den neusten Stand bringt und dass die Bundeswehr ganz viele Leopard-Panzer – ob nun 1 oder 2 – aus ihren Beständen zur Verfügung stellt.
Sie hat keinen Leo 1 mehr!)
Angesichts des Zustandes der Bundeswehr müssen wir doch feststellen, dass das nicht der Fall ist. Dann sollte man aber auch nicht einen solchen Eindruck erwecken. Das halte ich für verantwortungslos.
Beifall bei der SPD
Industrie! Er hat „Industrie“ gesagt!“)
Ich will noch einen letzten Punkt betonen. All diejenigen, die hier immer wieder den Eindruck erwecken, es wäre ganz einfach, aus den Beständen der Bundeswehr zu liefern,
sollten sich doch mal angucken, wie viele einsatzfähige große Waffensysteme es im Moment in der Bundeswehr tatsächlich gibt. Es geht hier nicht darum, dass man sagt: Na ja, dann müssen die ein, zwei Jahre warten. – Es geht darum, dass die Bundeswehr, wenn sie einsatzfähig sein will, auch in der Lage sein muss, Soldatinnen und Soldaten am Gerät zu trainieren. Es geht doch nicht nur darum, Richtschützen, Ladeschützen, Fahrer auszubilden, sondern doch auch darum, dass in der Zukunft Kompaniechefs, Bataillonskommandeure ausgebildet werden.
Ja, dann fangen Sie doch mal an!)
Die brauchen funktionierende, komplette Bataillone, die auch mit der notwendigen Stückzahl an Panzern ausgestattet sind. Deshalb sage ich an dieser Stelle sehr deutlich: Diejenigen, die den Eindruck erwecken, das sei so leicht, können ja diese Meinung haben; das ist in Ordnung. Aber dann sollen sie, bitte schön, auch sagen, dass sie bereit sind, in Kauf zu nehmen, dass die Bundeswehr über einen langen Zeitraum nicht im notwendigen Maße verteidigungsfähig und bündnisfähig ist. Dann muss man das sagen und darf der Öffentlichkeit nicht etwas vorgaukeln.
Beifall bei der SPD
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche mir mehr Ehrlichkeit, mehr Redlichkeit in dieser Debatte. Das sind wir den Menschen in der Ukraine, aber auch unseren Bürgerinnen und Bürgern schuldig. Diese Redlichkeit vermisse ich bei diesem Unionsantrag.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Mit dem nächsten Redner kommt die Redlichkeit und die Ehrlichkeit! Passen Sie mal auf!)
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, hat das Wort zu einer Kurzintervention der Kollege Jürgen Hardt aus der CDU/CSU-Fraktion.