Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eines vorausschicken: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion unterstützt vom Grundsatz her die Intention der Bundesregierung, dass wir in Deutschland schneller und besser werden müssen, was die Realisierung von Infrastrukturvorhaben anbelangt, im Energiebereich, aber genauso im Verkehrsbereich.
Auch Bayern muss noch schneller werden!)
Wir sind uns hier, was die Grundintention anbelangt, durchaus einig.
Ich möchte auch nicht verhehlen – es ist mir sehr wichtig, darauf hinzuweisen –, dass die Beschleunigung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens natürlich nur ein Aspekt ist, wenn es darum geht, insgesamt schneller zu werden. Deutlich mehr Beschleunigungspotenzial besteht im Bereich der Planung und der Genehmigung, mit Sicherheit mit dem Faktor fünf zu eins.
Zuruf des Abg. Timon Gremmels [SPD])
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich möchte auch deutlich darauf hinweisen, dass wir als CDU/CSU-Fraktion und die Minister der CDU/CSU in der Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode in mannigfaltiger Weise darauf hingewirkt haben, dass wir insgesamt schneller werden, was die Realisierung von Infrastrukturmaßnahmen anbelangt. Wir haben, meine Damen und Herren, insgesamt drei Planungsbeschleunigungsgesetze auf den Weg gebracht und verabschiedet. Wir haben ein Investitionsbeschleunigungsgesetz verabschiedet.
Jetzt sehen wir uns mal diesen Gesetzentwurf der Bundesregierung ganz konkret an. Es sind positive Aspekte mit dabei, beispielsweise dass in Zukunft auch für Windkraftanlagen im Küstenbereich erstinstanzlich das Bundesverwaltungsgericht zuständig sein soll. Das ist mit Sicherheit zu begrüßen. Ich möchte nur, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, in dem Zusammenhang die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass sich die Länder ihrer Verantwortung nicht entziehen,
Zuruf des Abg. Timon Gremmels [SPD])
was eine ausreichende Personalausstattung ihrer Verwaltungsgerichte und der Oberverwaltungsgerichte anbelangt. Es kann nicht so sein, dass immer mehr beim Bundesverwaltungsgericht abgeladen wird, was die erstinstanzliche Zuständigkeit anbelangt, und die Länder sich hier vornehm zurückhalten und aus der Affäre ziehen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ein zweiter wichtiger Punkt, der durchaus zu begrüßen ist, ist, dass nach § 188b VwGO in Zukunft eine Spezialisierung von Spruchkörpern möglich sein soll. Das ist heute auch schon ungeschrieben möglich.
Aber, meine Kolleginnen und Kollegen, ich möchte jetzt durchaus auch den Finger in die Wunde legen, was diesen Gesetzentwurf anbelangt: Es ist ja von der Grundintention durchaus richtig, dass der vorgezogene Baubeginn häufiger stattfinden soll. Der neue § 80c VwGO ist also vom Grundsatz her, Herr Bundesminister, zu begrüßen. Ich hege nur die große Befürchtung, dass er tatsächlich zu einer Verschlimmbesserung führt, weil viele Fragen ungeklärt sind: Was ist ein offensichtlicher Mangel? Was ist die absehbare Zeit, in der dieser Mangel beseitigt werden kann? Ich befürchte, dass mit dieser sehr unkonkreten und sehr vagen Formulierung des § 80c VwGO letzten Endes nicht Besseres, sondern tatsächlich eine Verschlechterung der Situation erreicht wird.
Ein weiterer wichtiger Punkt, den ich ansprechen möchte, ist der § 87c VwGO, der neu eingeführt werden soll; hier geht es um das Beschleunigungs- und das Vorranggebot. Es ist ja vom Grundsatz her, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, begrüßenswert, dass bestimmte besonders wichtige und dringliche Infrastrukturmaßnahmen, beispielsweise im Energiebereich, vorrangig behandelt werden. Solange der Spruchkörper, der Personalkörper aber nicht erweitert wird, bedeutet dies doch im Umkehrschluss ganz klar eines: Wenn ich die einen Verfahren vorrangig behandle und beschleunige, werden andere Verfahren zurückgestellt und nachrangig behandelt. Vor dem Hintergrund bringt dieses Vorrang- und Beschleunigungsgebot als erster Schritt zunächst mal überhaupt nichts.
Was aus meiner Sicht, Herr Bundesminister, durchaus kritisch zu betrachten ist, ist die Einführung dieses frühen ersten Termins. Das hört sich zunächst gut an. Nach spätestens zwei Monaten, nach Ablauf der Klageerwiderungsfrist, muss ein früher erster Termin durchgeführt werden.
Mein erster großer Vorbehalt dazu ist, ob bei Großvorhaben innerhalb von zwei Monaten der gesamte Tatsachen- und Sachverhalt wirklich so aufbereitet werden kann, dass man sich damit substanziiert auch mit allen Beigeladenen auseinandersetzen kann.
Der zweite große Vorbehalt gegenüber dieser Idee der Einführung eines frühen ersten Termins ist aus meiner Sicht, dass dann auch die Arbeit doppelt gemacht werden muss, weil es sehr unwahrscheinlich ist, insbesondere bei Großvorhaben, dass in einem frühen ersten Termin eine gütliche Einigung möglich sein wird.
Aber der größte Brocken bzw. der größte Bedenkenpunkt in diesem Gesetzentwurf, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ist aus meiner Sicht der neu eingeführte § 6 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz. Es ist ja vom Grundsatz her ganz charmant, zu sagen: Es gibt eine Klageerwiderungsfrist von zehn Wochen. Nur, was bedeutet dies? Es bedeutet, dass die beklagte öffentliche Hand all die Punkte, die im Sachvortrag der Kläger vorgetragen werden, substanziiert erwidern muss. Wenn sie es nicht tut, gelten diese Punkte als zugestanden, was dann im Umkehrschluss bedeutet, dass eine Plangenehmigung oder ein Planfeststellungsverfahren zumindest in Teilen rechtswidrig ist.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich kann uns nur empfehlen, diesen Gesetzentwurf ernsthaft zu wägen. Ich habe einige sehr kritische Punkte, die auch von der Praxis angemerkt werden, angesprochen.
Abschließend möchte ich eines deutlich sagen: Es ist ja vom Grundsatz her zu befürworten, dass Bundeskanzler Scholz am vergangenen Wochenende davon sprach, dass wir bei Infrastrukturvorhaben ein neues Deutschland-Tempo brauchen. Ich befürchte nur, wenn der Gesetzentwurf so, wie er heute vorliegt, Gesetzeskraft erlangt, dann wird das neue Deutschland-Tempo ein Bummeltempo.
Zuruf des Abg. Timon Gremmels [SPD])
In diesem Sinne ist wirklich große Vorsicht an den Tag zu legen, was die Bearbeitung und die Betrachtung dieses Gesetzentwurfes anbelangt.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Beifall bei der CDU/CSU)
Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Kaweh Mansoori.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)