Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wieder mal ein Antrag zur Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung in Deutschland. Täglich grüßt das Murmeltier! Dieses Mal gehen Sie auf die Probleme des Klimawandels ein. Das ist auch schon deswegen interessant, weil Sie gleich unter Punkt 1 fordern, die Ernährungssicherheit gegen die EU zu verteidigen. Den Green Deal, der ja das Ziel hat, den Klimawandel zu bremsen, soll die EU jetzt einbremsen.
Nein! Steht doch drin, dass die Ziele gelten!)
Das ist etwas seltsam und befremdlich für mich; denn ich dachte, dass Frau von der Leyen noch immer das gleiche Parteibuch hat, dass die EVP in der EU immer noch führend ist
Lesen Sie doch erst mal den Antrag!
Steht doch drin, dass wir zum Green Deal stehen!)
und dass der Green Deal von der EU kommt. Also, irgendwas ist da, glaube ich, schiefgelaufen bei Punkt 1 Ihres Antrags.
Beifall der Abg. Sylvia Lehmann [SPD] und Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]
Lesen Sie nicht nur die Überschriften! Lesen Sie bitte auch, was darunter steht!)
Weiter geht es mit dem zweiten Punkt, dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Den wollen Sie befördern; da soll man auf gar keinen Fall reduzieren.
Zuruf von der CDU/CSU: Nein!)
Gleichzeitig steht aber in Ihrem Antrag unter Punkt 6: Die Biodiversität muss gefördert werden. – Also, auch an diesem Punkt stimmt irgendwas nicht
Sie haben es einfach nicht verstanden!)
– doch, das verstehe ich schon –; denn der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bewirkt einen Rückgang der Vielfalt der Insekten, der Wirbeltiere und anderer Arten. Damit ist Biodiversität also auch nicht zu befördern, wie Sie es ja eigentlich wollen. Und das alles verstärkt eher den Klimawandel als dagegenzuwirken. Damit machen Sie jetzt quasi die Ursache zum Problem.
Nach wie vor behaupten Sie auch, dass die Menschen dafür sind. 60 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher haben Angst vor verseuchten Lebensmitteln, die mit Pflanzenschutzmitteln belastet sind. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sind Ihnen an dieser Stelle also egal.
Was den Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln, auch durch die Landwirte, angeht, habe ich ein Beispiel schon letztes Mal gebracht: Eine Molkerei bei mir in Ostbayern, die zum Beispiel für Mozzarella usw. bekannt ist, wollte den Einsatz von Glyphosat, den sie vorher verboten hatte, wieder erlauben. Wer hat sich dagegengestemmt? Unsere Milchbauern. Die wollten nicht mehr Glyphosat verwenden. Sie haben in dieser Zeit nämlich erkannt, dass es erstens schon mal Geld kostet, zweitens wenig bringt und drittens gleichzeitig noch den Milchpreis senkt. Von daher haben Sie anscheinend noch nicht mal die Landwirte auf dem Radar, wenn Sie so etwas fordern.
Aber das Allheilmittel schlechthin sind bei Ihnen die neuen Züchtungsmethoden. Da sollen wir auch gleich mal auf die EU einwirken, dass sie das alles beschleunigt erlaubt und eine Kennzeichnung verbietet – die aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen. Die wollen wissen, was sie essen; die wollen wissen, ob Gentechnik eingesetzt worden ist oder nicht.
Wir hatten zuletzt eine öffentliche Anhörung. Anscheinend haben Sie die Ergebnisse daraus auch nicht so ganz wahrgenommen; denn da kam eben heraus, dass in den vielen Ländern, in denen diese Züchtungsmethoden erlaubt sind, gerade mal insgesamt fünf neue Pflanzen entstanden sind, die aber auch nicht den großen Erfolg und den großen Durchbruch gebracht haben. Morgen kommt eine neue Studie heraus, die aus dem Entwicklungsministerium kommt und in der aufgezeigt wird, dass das eben nicht die Lösung für den Hunger weltweit ist. Wir haben in der Anhörung von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, auf die Sie sich ja berufen, auch gehört, dass diese neuen Züchtungsmethoden die Biodiversität noch weiter herunterdrücken – also genau das Gegenteil von dem, was Sie unter Ihrem Punkt 6 eigentlich möchten.
Gleichzeitig vergessen Sie den einen Punkt, den die Kollegin Latendorf schon angesprochen hat: die Lebensmittelverschwendung. 15 Millionen bis 18 Millionen Tonnen an Lebensmitteln werden jährlich in Deutschland einfach dem Müll zugeführt. Das sind pro Kopf ungefähr 75 Kilogramm. Wir wollen eine Halbierung dieses Wertes. Das haben Sie mit Ihren Landwirtschaftsministern auch mal gefordert. Aber was kam raus? Nichts Verbindliches. Das ist das Gegenteil von dem, was in unserem Koalitionsvertrag steht: dass wir verbindliche Regeln wollen, dass wir rechtliche Fragen der Haftung klären, dass wir steuerrechtliche Erleichterungen einführen.
Ich bin ja mal gespannt, ob Sie das umsetzen!)
Nur nett zu reden und zu sagen: „Wir werden das machen“, nützt nichts. Man muss auch wirklich etwas tun.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Für die Produktion von Lebensmitteln, die auf dem Abfall landen, verbrauchen wir auf der einen Seite wieder Land, wenn wir sie anbauen. Auf der anderen Seite produziert auch die Vernichtung dieser Lebensmittel CO2. Also wird der Klimawandel gleich mal doppelt beschleunigt.
Sie sagen ja, wir brauchen mehr Selbstversorgung. Ich habe es im letzten Sommer beobachtet, wie viel wir bei uns an Lebensmitteln eingepflügt haben. Was war denn mit diesen ganzen Erdbeeren, die eingepflügt und nicht geerntet wurden?
Aber da wart doch ihr an der Regierung! Das war Ihre Regierungszeit!)
Was war mit dem ganzen Spargel, der eingepflügt und nicht geerntet wurde, weil der Preis zu niedrig war? Dann erntet man ihn ja gar nicht. So viel also zur Selbstversorgung, auch beim Obst. Ich weiß genau, dass ich im nächsten Sommer wieder sehen werde, wie viele Gurken bei uns in Niederbayern eingepflügt werden. Das alles sind Lebensmittel, und die werden nicht verbraucht, sondern wieder zugepflügt. Und Sie werfen uns ideologische Politik vor! Wenn man festhält an Pestiziden, wenn man festhält an der Gentechnik, wenn man festhält am Hochhalten der Tierbestände, dann ist das für mich ideologische Politik.
Dann haben Sie unseren Antrag nicht gelesen!)
Damit wollen Sie den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Das wird nicht funktionieren.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Frau Kollegin Hagl-Kehl. – Als Nächster hat der Kollege Artur Auernhammer, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.
Beifall bei der CDU/CSU)