- Bundestagsanalysen
Auch ohne Regie: Schön Sie zu sehen, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Drei, drei, drei – Demokratie“: Ich möchte, dass Sie sich das merken. Wenn Sie sich gar nichts von dieser Rede merken, möge wenigstens das hängen bleiben als Assoziation mit der Deutschen Welle. Sie werden nachher noch mitbekommen, warum. Ich sehe Herrn Limbourg auf der Tribüne – Frau Massing wird sicher auch zugucken –: Sie dürfen das auch in der internen und externen Kommunikation verwenden, Sie müssen es aber nicht.
Wenn wir von der Deutschen Welle reden, ist es, glaube ich, wichtig, sich mit zwei Bildern, zwei Impressionen klarzumachen, welche Bedeutung sie hat. Gegenwärtig befassen sich mehrere Studien damit, deutlich zu machen, wie unterschiedlich mediale Kommunikation in Russland und in der Ukraine läuft. Russische Sender: Propaganda, hierarchisch, Verkündung von Kriegsergebnissen. Im Vergleich dazu kreative, natürlich strategische Kommunikation, aber demokratisch-partizipativ, modern-westlich orientiert in der Ukraine.
Lachen bei Abgeordneten der AfD)
– Das freut natürlich die AfD, die sich ja als Unterstützerin des russischen Angriffskrieges bewährt hat. Sie sind ein Grund, warum wir dankbar sein können, dass es die Deutsche Welle gibt; denn die Deutsche Welle ist so was wie die Gegenthese zur AfD. Gut, dass sie das ist!
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Die linke Gegenthese!)
Die Art und Weise, wie in der Ukraine mit Medien umgegangen wird, und die Botschaft, gerade auch solche Medien wie die Deutsche Welle im Rundfunk haben zu wollen, machen deutlich, welche Bedeutung das für eine demokratische Öffentlichkeit und partizipative Gesellschaft hat.
Ich will noch ein zweites Bild nennen. Wir haben ja manchmal ein schlechtes Gedächtnis und vergessen viel. In der Vergangenheit, erst recht in der NS-Zeit, im Dritten Reich, waren deutsche Medien solche, die den Terror unterstützten und verkündeten, die für andere Länder damit verbunden waren, dass sie Kriegssender waren, die schon im Kaiserreich nach dem Prinzip „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“ funktionierten.
Was für ein Quatsch!)
Ich glaube, wir können zutiefst dankbar und auch mit Demut erfüllt sein, dass sich das so fundamental geändert hat.
Jetzt ist alles links! Das ist auch nicht besser!)
Und vergessen wir nicht, dass die Deutsche Welle eben genau ein Gegenentwurf dazu ist, dass sie ein vielfältiges, auch in seinen Brüchen gezeichnetes Deutschland darstellt – nicht propagandistisch, sondern als freies, unabhängiges Medium – und dass sie zugleich auch nicht erzieherisch auftritt,
Lachen des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD]
Toll!)
sondern uns deutlich macht, wie vielfältig die Welt ist, wie unterschiedlich die Menschen sind und dass es uns nicht erlaubt sein darf, herablassend zu reagieren. Das ist eine herausragende Leistung ebendieser Deutschen Welle. Wir sollten all denjenigen, die im Backoffice, aber auch an der Front des Journalismus tagtäglich dafür arbeiten, danken. Das verdient, glaube ich, auch einen großen Applaus.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Marco Wanderwitz [CDU/CSU])
Der Umstand, dass die von Ihnen teilweise gar nicht gehörten Zwischenrufe der AfD, die man alle mal mitschreiben sollte,
Ja, hoffentlich!)
so wütend und so gehässig sind, zeigt ja, dass die Deutsche Welle ihre Arbeit verdammt gut macht.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Anikó Glogowski-Merten [FDP])
Das ist die größte Würdigung ihrer Erfolge, und ich wünsche mir, dass sie weiter so unnachgiebig ist.
Schon vor Beginn des Angriffskrieges – der hat ja viel früher begonnen, wenn wir ehrlich sind, vor vielen Jahren in den ersten Stufen – wurden Journalistinnen und Journalisten der Deutschen Welle drangsaliert. Dass sie trotzdem Wege gefunden haben – auch neue Wege über andere Plattformen –, denjenigen, die in Russland tatsächlich informiert werden wollen, die sich nicht mit diesem Regime abfinden, die nicht wie die AfD ticken, sondern die Demokratie in diesem Land wollen, beizustehen, das ist pur demokratisch, und das zeigt, wie fundamental sich die Bundesrepublik von den Zeiten davor unterscheidet. Ein Zeichen dafür ist die Existenz der Deutschen Welle.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Kommen wir jetzt zu dem Merkspruch – nicht nur für die AfD, sondern für uns alle – „Drei, drei, drei – Demokratie“. Ich verdanke ihn dem Konzept der Deutschen Welle selbst; denn sie hat sich zunächst einmal drei Ziele gegeben, nämlich erstens eine Reichweitensteigerung auf bis zu 400 Millionen Nutzendenkontakte bis 2025, zweitens eine Steigerung der Relevanz in Bezug auf Adressaten und Zielgruppen und drittens die Steigerung des Dialogs, des Formats „Dialog“. Sie hat diese dann wiederum in drei Schwerpunkten operationalisiert, nämlich erstens in Bezug auf regionale Kompetenz und Präsenz, gerade um Relevanz herzustellen, zweitens mit einem klaren Akzent auf und einer klaren Entscheidung für „on demand first“ – denn heutige, weit über die Welt verstreute Nutzergruppen brauchen nonlineare Angebote, und sie sind gerade in Zeiten wichtig, in denen die Autokratien immer weiter wachsen – und zum Dritten – das ist in all unseren Debatten über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch nicht zu vernachlässigen – hinsichtlich effizienter, nachhaltiger Nutzung der Ressourcen.
Jetzt komme ich zum dritten Dreierschritt. Unsere Aufgabe wird jetzt erstens sein, entsprechend dem Koalitionsvertrag den Ausbau der Deutschen Welle und der Deutschen Welle Akademie erfolgreich und kontinuierlich fortzusetzen. Die Aufgabe wird zweitens sein, gerade jetzt, wo die BBC nicht mehr die Stimme Europas ist, dazu beizutragen, dass die Deutsche Welle zusammen mit der französischen Schwester genau das sein kann: ein solches europäisches Narrativ in einer multipolaren Welt mit einem akuten, dringenden Systemwettbewerb. Drittens – vergessen wir das nicht –: Wir wollen doch ein Einwanderungsland sein, jedenfalls viele von uns wollen das. Ein Teil dieses Parlaments will es nicht, aber die meisten wollen es. Ein solches Einwanderungsland, das ja Einwanderinnen und Einwanderer und Fachkräfte will, braucht Brücken. Und wer, wenn nicht die Deutsche Welle, kann eine solche Brücke sein und einen solchen Kontakt herstellen?
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich danke Ihnen bei der Deutschen Welle, dass Sie Menschen unabhängig informieren, mit Daten ausstatten, dass Sie dafür sorgen, dass Menschen mündige Bürgerinnen und Bürger sind. Und danke, dass Sie jeden Tag ein Stachel im Fleisch der AfD sind!
Ich danke Ihnen allen und wünsche Ihnen eine frohe Weihnachtszeit. Vor allem bin ich dankbar für die gemeinsame parlamentarische Arbeit. Ich danke Ihnen allen, mit denen man konstruktiv zusammenarbeiten kann. Und ich danke Ihnen von rechts, weil Sie mich täglich daran erinnern, warum ich gerne Politik mache – nämlich gegen Sie.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE])
Das Wort erhält Martin Renner für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)