Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einem kleinen persönlichen Erlebnis beginnen. 2014 durfte ich im Rahmen meiner Ausbildung bei der Menschenrechtsorganisation ECCHR mit Edward Snowden sprechen – leider nur digital, weil er ohne die Gefahr der Auslieferung an die USA, wo ihm eine hohe Strafe droht, nicht nach Deutschland reisen konnte. Für mich war sein Handeln sehr beeindruckend, als er im Jahr 2013 die weltweite Massenüberwachung durch die NSA aufdeckte und mit seinen Enthüllungen das Ausmaß der Überwachungs- und Spionagepraktiken von US-Geheimdiensten der Öffentlichkeit zugänglich machte. Denn nur durch diese Kenntnis – das haben auch Sie gesagt, Herr Fiedler – und durch die geleakten Informationen war es möglich, eine breite Diskussion in der Gesellschaft zu führen. Ich finde, es ist ein Riesenskandal, dass Sie, Herr Jacobi, den Namen Edward Snowden auch nur in den Mund nehmen und für Ihre rechte Hetze verwenden. Das ist wirklich ein Riesenskandal. Schämen Sie sich! Wenn er das wüsste! Er würde nie ein Wort mit Ihnen wechseln. Viele Menschen – auch mich – hat sein Mut, sein Wissen über die massiven Eingriffe in Grundrechte mit der Welt zu teilen und damit seine eigene Freiheit aufs Spiel zu setzen, sehr bewegt; er hat einen immensen Eindruck bei mir hinterlassen. Whistleblower/-innen verdienen unsere Anerkennung und unseren Schutz, weil sie eben nicht zu ihrem eigenen Vorteil Missstände aufdecken, sondern weil sie dies für unsere Demokratie und unsere Rechtsstaatlichkeit tun. Ohne dieses Insiderwissen wären viele Straftaten und Skandale niemals aufgedeckt worden. Die EU-Hinweisgeberrichtlinie wird nun endlich – ein Jahr nach Ablauf der Frist – in nationales Recht umgesetzt. Das ist gut, und das begrüßen wir auch. Es wurden noch einige Punkte nach der Sachverständigenanhörung aufgenommen – das ist gut –, wie zum Beispiel die Pflicht zur Bearbeitung anonymer Meldungen. Erhebliche Lücken bestehen aber weiterhin im staatlichen Bereich. Zwar können jetzt auch Verstöße von Beamtinnen und Beamten gegen die Verfassungstreuepflicht gemeldet werden. Das ist richtig und gerade nach der Reichsbürger-Razzia – es wurde gesagt – auch dringend notwendig. Der Entwurf versagt aber gerade bei Whistleblowerinnen und Whistleblowern; denn ein deutscher Edward Snowden wäre nach dem geplanten Gesetz nicht geschützt. Denn Geheimdienste sind komplett ausgenommen, und Behörden können Hinweise einfach unter den Teppich kehren, indem sie sie als Verschlusssache einstufen. Dabei wäre das doch ein wichtiger Schritt, Herr Fiedler, wenn man auch Personen in diesen Institutionen miteinbeziehen würde. Das Gesetz schützt außerdem nur bei bestimmten Rechtsverstößen. Hinweise auf sonstiges Fehlverhalten wie Machtmissbrauch oder Verstöße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sind weiterhin nicht erfasst; Sie haben es selbst angemerkt. Dabei steht das auch so in Ihrem Koalitionsvertrag. Wir würden uns wünschen, dass Sie wirklich zeitnah nachbessern. Die Entschließung greift zwar einige Punkte auf; diese müssen jetzt aber auch, Herr Steffen, schnell umgesetzt werden.