Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleg/-innen! Alle Jahre wieder! Und das sage ich nicht, weil Weihnachten ist, sondern damit lassen sich gut die Anträge der AfD zusammenfassen; denn alle Jahre wieder können Sie es nicht ertragen, dass die Gesellschaft sich weiterentwickelt und dass Sprache sich verändert. Sie sind die Einzigen, die das Thema immer wieder auf die Tagesordnung setzen und damit die ganze Aufregung um Sprachvorgaben erzeugen. Niemand, wirklich niemand schreibt anderen Menschen vor, wie sie zu sprechen oder zu kommunizieren haben. Obwohl: Das stimmt nicht ganz; denn Sie von der AfD – und jetzt auch einige Kolleg/-innen bzw. Kollegen von der Union – fordern ja regelmäßig Sprachverbote. Eigentlich geht es ja gar nicht um unsere Sprache, sondern darum, dass Sie die Entwicklung hin zu einer gleichberechtigteren Gesellschaft ins Lächerliche ziehen wollen. Die von Ihnen immer wieder angeheizte Debatte ist doch nur symptomatisch für Ihre Angst vor Gleichberechtigung. Es ist eine Scheindebatte. Trotzdem möchte ich noch einmal drei Punkte sehr deutlich machen: Erster Punkt. Das generische Maskulinum zu verwenden, ist auch Gendern. Gendern heißt nicht nur: „Wir verwenden das Binnen-I, den Unterstrich oder das Gendersternchen“, sondern wenn wir in der männlichen Form sprechen, dann gendern wir auch. Sie sprechen damit allerdings nur Männer direkt an – und damit auch nur die Hälfte der Gesellschaft. Das ist problematisch; denn es ist ausschließend, wenn nur bestimmte Menschen – in diesem Fall Männer – angesprochen werden. Und damit komme ich zum zweiten Punkt. Sprache ist mächtig, und Sprache schafft soziale Tatsachen. Sie kann diskriminieren und auch verletzen. Gleichzeitig kann sie uns als Gesellschaft auch dabei helfen, Ungerechtigkeit zu bekämpfen. Durch Sprache können wir ausdrücken, was wir denken, wer wir sind. Sprache kann als Werkzeug für mehr Geschlechtergerechtigkeit dienen und die geschlechtliche Vielfalt in unserer Gesellschaft sichtbar machen. Deswegen ist es sehr bedeutsam, wie wir sprechen und auch schreiben. Zu guter Letzt. Sprache ist lebendig. Sie folgt gesellschaftlichen Veränderungsprozessen. Das bedeutet, sie ist nicht festgeschrieben, sondern wird von den Menschen gemacht und von ihnen auch verändert. Deswegen, liebe Kolleg/-innen: Anstatt diese Debatte über Sprachverbote und Gendern alle Jahre wieder zu führen, sollten wir allen Menschen die Möglichkeit aufzeigen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Wir sollten Debatten darüber führen, wie wir unsere Sprache so gestalten können, dass sie alle Menschen einschließt und dass alle Menschen sich auch inkludiert fühlen. Das betrifft dann nicht nur Frauen, sondern auch intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen. Vielen Dank.