Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lage in den Kinderkliniken ist ernst. Wir sehen Kinder, Eltern, die teilweise keinen Platz mehr finden. Wir sehen Ärztinnen und Pflegekräfte, die vollkommen überlastet sind. Und wir sehen viele Menschen, die schon in den letzten Jahren Unfassbares in diesem Gesundheitssystem geleistet haben und jetzt wirklich auf dem Zahnfleisch gehen. Der akute Grund dafür ist eine Infektionswelle, die unser Land im Moment hart trifft. Aber wir müssen auch ehrlich sein: Sie trifft auf ein Gesundheitssystem, das in den letzten Jahrzehnten und vor allem in den letzten 16 Jahren Missmanagement und falsche Weichenstellungen erlebt hat. Aber hier vielleicht ein Satz zu Ihnen, Frau Borchardt: Für die partielle Amnesie, wer in den letzten 16 Jahren mitregiert hat und wer in den letzten Jahren das Gesundheitsministerium geführt hat, ist vor allem Ihre Fraktion bekannt. Ich möchte die Chance einmal nutzen, um vor allem Danke zu sagen: Danke an die vielen Menschen in den Arztpraxen, an die vielen Menschen in den Kinderkliniken, an die vielen Pflegekräfte, die trotz dieser widrigen Umstände, trotz dieser harten Zeit alles tun, um die Jüngsten und die Verwundbarsten unserer Gesellschaft zu schützen. – Nein, ich jammere nicht; ich komme jetzt zu den Maßnahmen, die diese Regierung auf den Weg gebracht hat, vermutlich auch, weil Ihre Fraktion nicht Teil davon ist. Bei „Danke“ bleibt man nicht stehen. Dieser Dank wäre natürlich zynisch, wenn wir als Politiker/-innen dort stehen bleiben würden. Vielmehr müssen wir ganz akut handeln, um die Menschen in den Kliniken, um die Menschen in den Arztpraxen zu unterstützen. Dafür haben wir einiges auf den Weg gebracht innerhalb der letzten Monate: mehr finanzielle Unterstützung, eine Finanzierungsgarantie für Kinderkliniken, die PPR 2.0 – eine langjährige Forderung gerade von Pflegekräften und von Pflegegewerkschaften –, die Ausweitung der Kinderkrankentage. Und erst heute haben wir hier die Strom- und Gaspreisbremse beschlossen, die auch für die Kliniken greifen wird, sodass Kliniken in dieser harten Zeit unterstützt werden. Hier zu behaupten, nichts sei passiert, gerade nach Ihren 16 Jahren, das ist einfach falsch, an der Realität vorbei und zynisch. Des Weiteren geht es darum, akute Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um jetzt ganz konkret die Kinderkliniken zu unterstützen: eine Koordination zwischen Kliniken, damit Personal gut verteilt werden kann, und auch die Verteilung von Personal zugunsten der Kinderkliniken bzw. der Kinderstationen. Dabei geht es nicht darum, dass das zugewiesene Personal die Kinderpflege übernehmen soll; das wäre überhaupt nicht möglich. Kinder sind nicht einfach nur kleine Erwachsene. Vielmehr geht es darum, bei organisatorischen Arbeiten, bei Zusatzarbeiten zu unterstützen, sodass die Kinderpflegenden tatsächlich ihrer Arbeit nachgehen können. Das ist eine richtige Weichenstellung, die wir jetzt auf den Weg bringen; das ist notwendig. Und ich sage hier auch explizit: Den Vorschlag von Karl Lauterbach, die Entbudgetierung bei den Kinderarztpraxen, finden wir als Bündnis 90/Die Grünen richtig. Wir unterstützen diesen Vorstoß sehr, sehr gerne. Trotzdem ist klar: Das sind Krisenmaßnahmen; das sind keine Maßnahmen, die dauerhaft gelten können. Dass jetzt innerhalb von verschiedenen Pflegebereichen Leute umverteilt werden müssen, das ist ein riesengroßes Problem, und das ist keine Lösung für die Zukunft. Wir dürfen nicht nur ein Pflaster auf die Wunde kleben, sondern wir müssen auch dafür sorgen, dass diese Wunde endlich heilt. Darum gilt es jetzt, dort ranzugehen. Wir tun drei Dinge: Erstens bringen wir die Professionalisierung der Pflege auf den Weg – schauen wir auf andere Länder –, um das, was Pflegekräfte leisten können, was sie leisten dürfen, stärker zu nutzen; denn Pflegekräfte sind nichts anderes als die Experten für die Zukunft unseres Gesundheitswesens. Zweitens stärken wir die Kinderpflege und auch die Kindermedizin ganz explizit; einige Vorschläge wurden hier gerade schon genannt: Wir nehmen auch die Kinderlobby stärker wahr. Denn es stimmt: In den letzten Jahren hat das an vielen Stellen gefehlt, und vor allem haben die Kleinen oft am stärksten zurückgesteckt. Das muss sich jetzt ändern. Drittens drängen wir die Ökonomisierung zurück, die unser Gesundheitssystems in den letzten Jahrzehnten geprägt hat. Denn es stimmt tatsächlich, dass immer wieder die falschen Weichen gestellt wurden. Jetzt geht es darum, die Krankenhausplanung – denn zur Finanzierung gehört auch Planung – und die Krankenhausfinanzierung neu aufzustellen. Hier wurde von einem Vorredner von den Linken gesagt, wir hätten unser Gesundheitssystem kaputtgespart. Das stimmt einfach nicht. Deutschland gibt im Vergleich zu anderen Ländern nicht wenig Geld für Gesundheit aus, aber es wird falsch verteilt. An diese Verteilung werden wir als Ampel jetzt endlich rangehen. Dafür liegen gute Vorschläge vor. Wir werden in der Koalition noch einige Debatten dazu zu führen haben. Aber für mich ist ganz klar: In Zukunft muss das bezahlt werden, was gebraucht wird, und darf nicht das bezahlt werden, womit der größtmögliche Profit gemacht werden kann. Wir müssen die starre Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung endlich überwinden. Wir müssen Prävention viel mehr in der Klinikfinanzierung abbilden. Und ja, das System der reinen Fallpauschalen muss endlich Geschichte werden. Vielen Dank.