Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die Rede des Herrn Hess angehört hat, dachte man sich: Was kommt jetzt für ein Antrag? – Aber wenn man sich diesen Antrag anschaut, dann stellt man fest, dass im Forderungsteil sechs Forderungen stehen und fünfeinhalb davon rein statistischer Natur sind. Da will die AfD eigentlich nur Zahlenmaterial haben. Die Behauptung der AfD ist: Taten, die mit dem Messer begangen worden sind, und Taten, die antisemitisch motiviert sind, die müssen doch, nach AfD-Ansicht, eigentlich von Migranten begangen worden sein. Und wenn es dann doch mal ein Deutscher ist – der Fall wird in Nummer 3 Ihres Antrags angesprochen, ganz am Ende –, dann muss man noch mal nachfragen, ob es nicht doch irgendeinen Migrationshintergrund gibt. Man kann gar nicht glauben, dass das Deutsche sein können. Normalerweise stellen wir Fragen nach Zahlen in Kleinen Anfragen, und wenn die Antwort nicht befriedigend ausfällt, dann fragen wir noch mal nach. Aber so was ins Plenum zu bringen, das ist schon selten geistlos, muss ich sagen, meine Damen und Herren. Nur eine einzige Forderung geht in Richtung einer Problemlösung. In der Nummer 5 Ihres Antrags – und da nur in Satz 1 und da eigentlich auch nur im ersten Teil – werden die Islamverbände aufgefordert, Programme und Veranstaltungen gegen Antisemitismus durchzuführen. Ansonsten geht es in Ihrem Antrag nirgendwo um Problemlösung oder eine tiefere Befassung mit dem Problem. Sie befassen sich so gut wie nicht mit der Lösung dieser Probleme. Sie wollen nur Zahlen wissen – mit dem einen Ziel, Ihre Thesen zu untermauern, die ein bestimmtes Narrativ bedienen: Messerstecher, Antisemitismus? Das muss, so die AfD, ein Migrant oder Muslim sein. Meine Damen und Herren, so einfach ist die Welt für Sie. Das erinnert mich ein bisschen an jemanden, der an einen Unfallort kommt, aussteigt, aber nicht, um zu helfen, sondern, um Fotos zu machen, zu gaffen, schaulustig herumzustehen, Sanitätern tausend Fragen zu stellen und neunmalklug zu sagen: Ich habe es immer gewusst: Autofahren ist gefährlich! – So ist Ihr Antrag. Das ist ein höchst destruktives Politikverständnis, kein Interesse an Problemlösungen zu haben, sondern nur daran, diese Zahlen – – Sie schreiben es sogar selber rein; wie kann man auf die Idee kommen, so etwas in einen Antrag zu schreiben? – rein als Wahlkampfmittel zu gebrauchen. Unter Nummer 1 Ihres Antrages schreiben Sie, dass diese Zahlen vor der nächsten Bundestagswahl veröffentlicht werden sollen. Sie schreiben sogar rein, dass das ein reines Wahlkampfmittel für Sie ist. Das ist eigentlich beschämend, meine Damen und Herren! Offensichtlicher geht es nicht. Noch ein letzter Gedanke: Ich finde, Ihr Antrag enthält ein höchst infames Stilmittel, nämlich die Behauptung, wer über den Zusammenhang von Migration und Kriminalität spreche, der werde in diesem Land als Rechter diffamiert und solle mundtot gemacht werden. Meine Damen und Herren, in diesem Land soll niemand mundtot gemacht werden. Man darf in diesem Land praktisch alles sagen. – Ihr Narrativ – Migranten sind kriminell – ist nun einmal kein linkes Narrativ, sondern ein AfD-Narrativ. – Nur – und jetzt kommt der Punkt –: Es ist umgekehrt. Die AfD will Kritik an AfD-Behauptungen diffamieren mit der Behauptung, wer die AfD kritisiere, der sei eigentlich gegen Meinungsfreiheit. Und das geht nicht! Das muss man immer wieder deutlich sagen. Auch die AfD, sogar die AfD darf in diesem Land sagen, was sie will. Niemand macht sie mundtot. Nur: Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist kein Recht auf unwidersprochene Meinungsäußerung. Deshalb widersprechen wir Ihnen und Ihrem Antrag. Ich danke Ihnen.