Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, wes Geistes Kind diese Debatte hier sein soll. Das zeigt schon die Beantragung dieser Aktuellen Stunde durch die AfD. Laut Titel reden wir jetzt über die „Radikalisierung der Klimaproteste“, aber ursprünglich hat die AfD eine Aktuelle Stunde zu „Klimaextremismus als Gefahr für Staat und Gesellschaft“ beantragt. Das mussten Sie dann abändern. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal vortragen – denn ich glaube, die AfD hat es noch nicht ganz verstanden –, was der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, genau gesagt hat. Frau Präsidentin, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis: Wie deutlich muss es denn noch sein? Und genau deshalb muss von dieser Debatte, von dieser Aktuellen Stunde heute die Botschaft ausgehen, dass wir als Parlament diese Proteste mit Maß und Mitte beurteilen und diese politische Bühne nicht für Populismus und zynische Vergleiche instrumentalisiert wird. Doch leider haben nicht alle erkannt, was es für Maß und Mitte braucht. Ich finde, das zeigt auch die Debatte im Vorfeld der Innenministerkonferenz. Viele Innenminister haben ganz klar gesagt: Wir brauchen hier Gesetzesverschärfungen. – Sie wollen ihre Polizeigesetze überarbeiten; sie wollen den Präventivgewahrsam ausweiten. All das wurde in die Debatte eingebracht. Dazu muss ich sagen: Das hat mit seriöser Sicherheitspolitik nichts zu tun, gerade auch mit Blick darauf, dass das Maßnahmen sind, die im Zuge von Antiterrorgesetzen in Polizeigesetze geschrieben wurden. Und diese sollen jetzt gegen Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten angewandt werden. Mir kann doch keiner erzählen, dass es verhältnismäßig ist, dass man 30 Tage ins Gefängnis gehen soll, weil man sich für zwei Stunden auf der Straße angeklebt hat. Das hat nichts mit Rechtsstaatlichkeit zu tun. Ich möchte einmal ganz nüchtern sagen: Es ist eine durchaus rechtswissenschaftliche Debatte darüber, wie diese Demonstrationen, diese Proteste zu bewerten sind, insbesondere mit Blick auf das Pariser Klimaabkommen, das ein international verbindlicher Vertrag ist, der natürlich auch Auswirkungen auf das Recht hat, und auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Das ist ein umstrittenes Thema. Das sind strittige Fragen. Aber dieser Debatte sollte man sich auch stellen. Denn in Wahrheit ist es doch so, dass unsere Welt nicht durch die Blockaden der Klimabewegung in Brand gerät, sondern durch die Klimakrise. Wir müssen mehr über die Blockaden beim Klimaschutz reden und weniger über die Blockaden auf der Straße. Und keine Frage – damit wir uns hier nicht falsch verstehen –: Die Blockaden nerven und sind teilweise gefährlich. Und es ist natürlich auch vollkommen klar, dass es zeit- und nervenaufreibend sein kann, wenn man dadurch im Stau steht oder seinen Flieger verpasst. Straftaten und Gesetzesverstöße werden geahndet; aber in meinen Augen gehört es zur Demokratie, solch friedlichen Protest auch auszuhalten. Ich verstehe ja, dass das einigen hier jetzt sauer aufstößt und dass viele das nicht begreifen können. Die Emotionen kochen hoch, alle wollen ins Wochenende. Aber wir haben gute Gesetze und Gerichte. Wissen Sie, was ich nicht verstehe? Warum Sie diesen nicht vertrauen, warum Sie den Staatsanwaltschaften nicht vertrauen, warum Sie den Polizistinnen und Polizisten nicht vertrauen, warum Sie den Gerichten nicht vertrauen. Wir sind ein handlungsfähiger Staat. Wir haben handlungsfähige Gerichte, die auch zu entsprechenden Urteilen kommen werden. Die Strafen werden nicht ausgesprochen, die Urteile werden nicht gefällt vom Parteivorstand der AfD oder der Union, sondern von Gerichten. Wer nur noch von Klima-RAF spricht – da ist ja die spannende Frage, wer hier eigentlich Stichwortgeber von wem ist –, wer nur noch Nulltoleranz fordert und wer nur noch ruft: „Wegsperren!“, der hat mit Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nichts mehr zu tun. Ich will an dieser Stelle noch einmal ganz klar sagen: Gewaltenteilung ist etwas sehr Zentrales. Wir setzen uns an dieser Stelle für Rechtsstaatlichkeit, für Demokratie und konsequenten Klimaschutz ein und bringen all das zusammen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.