Ich will auf einen Punkt noch einmal ausdrücklich eingehen, über den wir vorletzte Sitzungswoche zwar auch schon diskutiert haben, der mir aber wichtig ist; denn das verschwimmt in der Debatte leider gelegentlich. In einem freiheitlichen Rechtsstaat sind Freiheitsrechte nur deshalb so viel wert, weil sie völlig diskriminierungsfrei, ohne Ansehung der dahinterstehenden Motivation gewährt werden. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben seit Wochen mit einem völlig neuen Phänomen von Straftaten zu tun. Wir sehen, wie Kunstschätze vorsätzlich beschädigt werden. Wir sehen, wie Straßen blockiert werden, wie Menschen sich überall festkleben – auf Flughäfen, auf Straßen –, Betriebe stören, den Straßenverkehr blockieren, stundenlange, emissionsstarke Staus verursachen – Klimaschutz ist nicht das Thema; ich rede über das Phänomen, das wir die letzten Wochen erleben – und am Ende Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte behindern. Warum tun sie das? Weil sie glauben, das Recht zum sogenannten zivilen Ungehorsam zu haben, weil sie glauben, besser als die, die dafür zuständig sind, zu beurteilen, was man in diesem Staat darf und was nicht und was getan werden müsste, und weil sie glauben, durch das Überschreiten von Grenzen, durch das Brechen von Gesetzen mehr Aufmerksamkeit zu erzielen, und sich dadurch erhoffen, politische Ziele besser durchzusetzen. An dieser Stelle muss aus meiner Sicht eines ganz klar sein: Wer im Rechtsstaat, in dem wir uns gemeinsam Grenzen geben, glaubt, Ziele besser durchzusetzen, indem er die gemeinsam gesetzten Grenzen überschreitet und bewusst Straftaten begeht, darf damit keinen Erfolg haben; sonst schaffen wir ein Massenphänomen und machen uns als Staat auch lächerlich. Meine Damen und Herren, wir haben deshalb in der vorletzten Sitzungswoche bereits einen Antrag eingebracht und unterschiedliche Vorschläge zur Änderung des Strafgesetzbuches – § 240 StGB, Nötigung, § 323c StGB, § 315b StGB – gemacht. Der Antrag enthält auch einen Vorschlag zur Beendigung der ständigen Kettenbewährungsstrafen, und wir sind froh, dass wir jetzt im Ausschuss darüber reden. Über all das haben wir schon in der vorletzten Sitzungswoche diskutiert. Ich wäre wirklich dankbar, wenn wir gemeinsam in einem sachlichen Diskurs Lösungen finden, wie wir unsere rechtsstaatliche Ordnung auch dann erhalten, wenn sich das Phänomen noch weiter ausweiten sollte. Sie dürfen in Deutschland Freiheitsrechte aus gutem Grund – das unterscheidet uns von autoritären Regimen – für alles in Anspruch nehmen. Sie dürfen gegen Coronamaßnahmen demonstrieren, Sie dürfen für Klimapolitik demonstrieren, Sie dürfen aber auch für besseres Wetter oder für weiße Weihnachten demonstrieren – völlig egal. Und wir als Politik, wir als Staat haben uns aus der Motivationsfrage herauszuhalten. Das ist der Unterschied: Wir definieren hier gerade nicht – und das verschwimmt in der Debatte –, welches Ziel es wert ist, Freiheitsrechte in Anspruch zu nehmen, und welches nicht. Und wenn Sie diese Diskriminierungsfreiheit ernst nehmen, dann gilt auch umgekehrt: Dann kann es keinen Unterschied machen, wofür jemand eintritt, der die Grenzen überschreitet und Strafgesetze bewusst bricht. Der Betreffende ist ein Straftäter, egal was seine dahinterstehende Motivation ist. Das verschwimmt leider zu sehr in der Debatte. Lassen Sie uns darüber sprechen, wie wir unsere Gesetze durchsetzen. Ich lade Sie herzlich ein – der Antrag ist im Ausschuss –, darüber zu sprechen, wie wir die rechtsstaatliche Ordnung erhalten. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Die Lösung der Klimaproblematik ist das Kernthema jeder Politik in den nächsten Jahren. Wer glaubt, dort keine Lösung anbieten zu müssen, wird das bei Wahlen spüren. Aber gleichwohl darf es bei der Debatte, wie wir mit Menschen umgehen, die bewusst Gesetze brechen, um Ziele durchzusetzen, keine Rolle spielen, worum es ihnen geht. Das gilt übrigens auch umgekehrt: Wenn ich jetzt von den Antragstellern höre, es werde nur über Klima gesprochen, dann ist das der Versuch, eine Bewegung wegen eines Phänomens zu diskriminieren. Sie von der AfD versuchen an dieser Stelle, Ihre kruden Leugnungstheorien hoffähig zu machen, indem Sie dieses Thema als Vehikel benutzen. Damit dürfen Sie keinen Erfolg haben. Das sage ich Ihnen an dieser Stelle auch sehr deutlich. Meine Damen und Herren, ich lade Sie herzlich ein, im Ausschuss darüber zu debattieren. Lassen Sie uns gemeinsam vernünftige Lösungen finden. Haben Sie ein schönes Wochenende. Vielen Dank.