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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jedes
Jahr im Spätsommer freuen sich bundesweit Hunderttausende Kindergartenkinder auf
ihren ersten Schultag. Als Grundschullehrerin hatte ich die Ehre, viele kleine
ABC-Schützen in der ersten Klasse zu begrüßen. Neben der Freude, dem Stolz und
der Aufregung war oft auch ein bisschen Angst zu spüren – Angst vor den fremden
Kindern, vor fremden Räumen und auch vor den fremden Erwachsenen, die auf einmal
da waren.
Der Schulstart ist ein Meilenstein im Leben der Kinder und auf allen
Seiten mit großen Erwartungen verbunden. Darum ist es nicht nur für die
schulische, sondern auch für die ganz persönliche Entwicklung extrem wichtig,
hier besonders gut vorbereitet zu sein.
Bedauerlicherweise steigt aber in den letzten Jahren neben der Zahl
der Zurückstellungen von der Einschulung auch die Zahl der
Entwicklungsdefizite – wir hörten das gerade. Hinzu kommen Förderrückstände
durch Corona und immer mehr Kinder mit anderen Muttersprachen. Aus ganz
persönlicher Erfahrung als Grundschullehrerin kann ich Ihnen sagen:
Chancengleichheit sieht wirklich anders aus. Meine Damen und Herren, ich spreche
für eine ganze Berufsgruppe, wenn ich sage: Wir Lehrerinnen und Lehrer können
das in der Grundschule nicht mehr aufholen; es ist zu spät.
Aus diesem Grund bildet die frühkindliche Bildung ein wichtiges
Fundament. Auch ich war einige Stunden in der Woche zur individuellen
Sprachbildung der Kleinsten in den Kindertagestätten unterwegs. Der Förderbedarf
ist enorm, und er wächst weiter. Darum war Ihr Vorhaben, in den nächsten zwei
Jahren 4 Milliarden Euro in die Qualität der frühkindlichen Bildung zu
investieren, Musik in meinen Ohren, jedenfalls so lange, bis ich Ihren
Gesetzentwurf gelesen habe. Sie wollen Kindertagespflege stärken, lassen dann
aber das Programm „ProKindertagespflege“ einfach auslaufen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Sie wollen die Qualität auf Basis der Evaluationsergebnisse des
Gute-KiTa-Gesetzes weiterentwickeln, schließen aber die Beitragsfreiheit nicht
aus. Sie wollen gleichwertige Lebensbedingungen für das Aufwachsen von Kindern
im Bundesgebiet herstellen, fördern aber zugleich schwarz auf weiß die
bestehenden Unterschiede. Letztlich – das ist der Punkt, um den es immer wieder
geht – stufen Sie den Schwerpunkt der sprachlichen Bildung als vorrangig ein,
lassen dann aber 6 600 Einrichtungen mit Sprachförderung im Regen stehen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es zu viel erwartet, dass mehr als
50 Prozent der Mittel eines Qualitätsgesetzes auch für Qualitätsförderung
ausgegeben werden, vielleicht ganze 100 Prozent? Offensichtlich. Gut gemeint ist
eben nicht immer gut gemacht.
Bedauerlicherweise sind die aufgezeigten Widersprüche in Ihrem Wollen
und in Ihrem Handeln zu groß für unsere Zustimmung. In unserem
Entschließungsantrag stellen wir ausdrücklich dar, unter welchen Bedingungen wir
Ihrem Vorhaben gern zugestimmt hätten. Doch leider waren Sie wenig offen für
diese wertvollen Hinweise, weder für die von unserer Seite noch für die von der
Seite der Sachverständigen.
Es bleibt zu hoffen, dass wir mit Ihrem politischen Hin und Her zum
Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ nicht bereits zu viel von unserer wertvollsten
Ressource, nämlich den Fachkräften, verloren haben und dass das Engagement
unserer Erzieherinnen und Erzieher in den Einrichtungen vor Ort Ihren Einsatz
hier um ein Vielfaches übertrifft.
Beifall bei der CDU/CSU)
Für die SPD-Fraktion folgt Erik von Malottki.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
und des Abg. Matthias Seestern-Pauly [FDP])