Hochverehrte Präsidentin! Liebe Demokratinnen und Demokraten! Ich nehme jetzt mal den letzten Redebeitrag als Versprechen und möchte in ähnlicher Weise grundsätzlich beginnen. Morgen ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen. Ich habe gestern – wir hatten ja einen langen Abend hier im Haus – die Gelegenheit genutzt, noch mal zu recherchieren, woher dieser Tag historisch eigentlich kommt. Der Ursprung fällt in eine Zeit in Deutschland, in der Gerichte solche Urteile gefällt haben: – es handelt sich um eine 64-jährige alte Dame, die in Griechenland Urlaub gemacht hat, damals, im Jahr 1980 – „Dieses Leid“! Ist das nicht fürchterlich? Es ist noch gar nicht so lange her, dass Gerichte solche Urteile gefällt haben. Und ich möchte Ihnen ehrlich sagen: Es ist heute noch so, dass im Prinzip viele Leute so denken. Deswegen müssen wir daran arbeiten, dass dieses Denken endlich beendet wird. An dem 8. Mai, nachdem das Urteil gefällt worden ist, gab es in Frankfurt die größte Demonstration behinderter Menschen – ich glaube sogar, bis heute. Die Frankfurter und die Menschen in dieser Republik haben noch nie so viele behinderte Menschen auf den Straßen gesehen. Damals hat der Kampf um die Rechte behinderter Menschen begonnen. Diesen Kampf, den führen wir heute weiter, den müssen wir heute als Parlament weiterführen. Wir sind heute auch gesetzlich dazu verpflichtet, weil wir die UN‑Menschenrechtskonvention ratifiziert haben; das ist ganz eindeutig. Es geht um Selbstbestimmung. Es geht um Inklusion als Strukturprinzip. Es geht nicht um ein Randthema für ein paar Menschen, sondern es geht darum, dass wir unsere Strukturen so gestalten, dass zukünftig alle Menschen daran teilhaben können. Wenn ich hier mal in die Reihen blicke, dann sehe ich, dass da viele sitzen, die der Babyboomergeneration angehören. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Leute, die vielleicht irgendwann mal behindert und auf Pflege angewiesen sein werden, in dieser Lebensphase auf ihre Selbstbestimmung verzichten möchten. Deswegen empfehle ich all diesen Menschen, die hier sitzen, jetzt dafür zu sorgen, dass wir barrierefrei bauen, damit sie am Ende des Tages auch zu Hause wohnen können, dass wir ambulante Dienste anbieten, dass wir den Zugang zu Leistungen vereinfachen. Das sind die Themen, über die wir reden, und sie sind so gewaltig, dass wir unsere Zeit nicht mehr darauf verschwenden können, über die letzten 16 Jahre zu reden. Vielmehr müssen wir jetzt die Ärmel hochkrempeln, damit dieses Land auch in dieser Hinsicht zukunftsfähig wird. Insofern, liebe Union, bin ich Ihnen dankbar für das Angebot, dass wir jetzt gemeinsam streiten – für eine inklusive Gesellschaft, die barrierefrei ist und allen Menschen die Teilhabe vollumfänglich ermöglicht. Vielen Dank.