Zwischenrufe:
5
Beifall:
12
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und
Kollegen! Der Antrag der Union trägt den Titel „Mehr Tempo für Barrierefreiheit
und einen inklusiven Sozialraum“. Wenn man dann mal so den Antrag durchliest,
erfährt man, bevor die ganze Aufzählung kommt, die Ampel sei schon seit einem
Jahr dran und habe noch nicht geliefert.
Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt ja auch!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir waren schon sehr lange zusammen in
einer Koalition. Da hätten wir 12 Jahre, 16 Jahre gemeinsam liefern können,
Oh Gott, das hat so einen Bart!
Weiterer
Zuruf von der CDU/CSU: Nicht schon wieder!)
und das ist von Ihnen geblockt worden. Ich glaube, die einzige
Blockade in diesem Land ist die Unionsfraktion!
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
und der FDP
– An uns ist es ja nicht gescheitert; an der Sozialdemokratie sind die
ganzen Vorhaben nicht gescheitert. Unsere jetzigen Koalitionspartner, die FDP
und die Grünen, haben zu Recht all das gefordert, was wir jetzt im
Koalitionsvertrag verankert haben. Das ist möglich, weil wir jetzt eine
progressive Regierung haben.
Zurufe von der CDU/CSU: Oah!)
Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage aus der
CDU/CSU-Fraktion zulassen?
Ja, hatte ich noch nie. Gerne. Auf den Kollegen kann man ja nicht
sauer sein.
Na, ich weiß nicht. Das werden wir ja sehen. Ich könnte sauer sein,
wenn er zu lange spricht.
Ich werde mich kurzfassen. – Sehr geehrter Kollege Mehmet Ali,
vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Da Sie jetzt auf die
Regierungszeiten der letzten Wahlperioden zu sprechen kommen und Sie noch neu im
Bundestag sind,
Der ist doch schon ein Jahr hier!)
will ich fragen, ob Sie zur Kenntnis nehmen, dass wir gerade in der
letzten Legislaturperiode – ich habe es eben in meiner Rede erwähnt – schon
mehrere große Gesetzgebungsvorhaben auf den Weg gebracht haben. Das
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz war ein Beispiel und das
Behindertengleichstellungsgesetz das andere.
Der Hinweis sei mal erlaubt: In der letzten Legislaturperiode war das
erste Gesetz, das wir im Ausschuss für Arbeit und Soziales hier im Deutschen
Bundestag beschlossen haben, ein Gesetz, das gerade Menschen mit Behinderung
betraf, und zwar ging es um die Barrierefreiheit von öffentlichen Stellen und
Behörden. Das haben wir damals beschlossen. Das war das erste Gesetz, und es
sind noch zwei große Gesetzesvorhaben gefolgt. Deswegen bitte ich Sie, das zur
Kenntnis zu nehmen.
Herr Oellers, vielen Dank. – Das ist mir natürlich bewusst. Mir ist
auch bewusst, dass wir es mit Ihnen geschafft haben, 2016 das großartige
Bundesteilhabegesetz zu beschließen, das wirklich einen riesengroßen Schritt zu
einer inklusiven Welt gebracht hat. Aber letztendlich kommen wir nur einen
riesengroßen Schritt weiter, wenn wir dafür auch die finanziellen Mittel zur
Verfügung stellen, und das ist mit Ihnen einfach nicht möglich gewesen.
Das wird aber in dieser Koalition möglich sein, indem wir vieles, was
wir im Bereich des inklusiven Wohnungsbaus und in der Mobilität vor uns haben,
auch umsetzen werden. Ohne Geld geht da gar nichts. Das haben Sie auch
blockiert; da ist nichts möglich gewesen. Das werden wir jetzt machen.
Im Übrigen: Wir haben jetzt die ersten Eckpunkte für die
Bundesinitiative Barrierefreiheit zur Verfügung gestellt. Das ist ja nur der
Anfang. Wir werden ein riesengroßes Bundesprogramm auflegen, nämlich für ein
vollumfänglich und ganzheitlich barrierefreies Deutschland. Das war leider
vorher mit Ihnen nicht möglich. Das muss man auch ganz klar sagen.
Beifall bei der SPD)
Aber wenn ich weitermachen darf: Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Sie haben auch geschrieben, dass wir mehr Tempo im Wohnungsbau brauchen. Ich
erinnere mich noch an 2009 – ich persönlich war damals erst 17, 18 Jahre alt –,
als die UN-Behindertenkonvention ratifiziert wurde. Ich kann mich erinnern, dass
es ein Bundesland unter CDU-Führung gab, Baden-Württemberg nämlich, das im
selben Jahr der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention die
Landesheimbauverordnung verabschiedet hat, den Bau von 24er-Wohnheimen. Während
die UN-Behindertenrechtskonvention gefordert hat, dass mehr selbstbestimmtes
Wohnen, dass mehr personenzentriertes Wohnen gefördert werden soll, machte
Baden-Württemberg nichts anderes, als 24er-Wohnheime für Menschen mit
Behinderung zu fördern und Mittel dafür zur Verfügung zu stellen und zudem noch
Mittel der Ausgleichsabgabe, die für den inklusiven Arbeitsmarkt zur Verfügung
gestellt werden sollten, für den Bau dieser 24er-Wohnheime zu verwenden.
Ich habe noch heute einen Leistungsbescheid von 2018 aus dem KVJS, der
ausdrücklich ausweist, dass Mittel der Ausgleichsabgabe für 24er-Wohnheime
verwendet werden. Und das werden wir verbieten, nämlich mit dem Antrag zur
inklusiven Arbeitswelt, der Anfang nächsten Jahres hier beraten werden wird. Mit
ihm werden wir verbieten, dass Mittel der Ausgleichsabgabe für solche
24er-Wohnheime genutzt werden können, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
und der FDP)
Ergänzend noch: Tempo bei der barrierefreien Mobilität. – Zwölf Jahre
unionsgeführtes Verkehrsministerium: Ramsauer, Dobrindt, Scheuer. Im Antrag
fordern Sie eine vollumfängliche barrierefreie Mobilität. Ich frage mich aber
auch hier, nachdem wir das auch gemeinsam in den letzten Jahren hätten machen
können: Warum kommt das alles erst jetzt?
Herr Oellers, Sie wissen, ich mag Sie als Person. Sie sind ein
kompetenter Kollege. Aber das hätten wir doch wirklich gemeinsam auch in der
GroKo in den letzten Jahren machen können. Warum haben wir das nicht gemacht?
Das ist für mich eine riesengroße Frage. Deshalb freue ich mich, dass wir das
jetzt in der Ampel werden umsetzen können.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zum Schluss: Sie haben im 20. Punkt Ihres Antrags den § 78 Absatz 5
SGB IX erwähnt. Da geht es um das Ehrenamt und um die Assistenzleistungen.
Jetzt bin ich aber gespannt!)
Das ist ein Problem, das tatsächlich auch ich sehe. Deshalb haben wir
auch die Evaluation des Bundesteilhabegesetzes im Koalitionsvertrag verankert.
Aber ich sage Ihnen eins: Wenn wir es schaffen, dass das Bundesteilhabegesetz in
den Ländern so ausgeführt wird, wie wir das gemeinsam beschlossen haben, dann
wird sich dieses Problem von selbst erledigen. Wir müssen es aber auch schaffen,
dass jeder Mensch mit Behinderung zu seinem Recht kommt, so wie wir das im
SGB IX verankert haben. Dann, glaube ich, können wir wirklich auch zu einer
inklusiven Gemeinschaft kommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich trotzdem auf die
gemeinsame Zusammenarbeit, und ich freue mich insbesondere, wenn Sie zukünftig
unseren Anträgen zustimmen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
und der FDP)