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Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ja, ich mute Ihnen auch noch
einen Einzelfall zu,
Heiterkeit des Abg. Stephan Thomae [FDP])
Ja, Samuel! Genau! Der ist
repräsentativ!)
Er lebt seit zwölf Jahren in Deutschland, er arbeitete jahrelang für
die DHL und stand auf eigenen Beinen. Als er aus seinem Herkunftsland Äthiopien
endlich einen Pass bekam, endete sein Alltag abrupt.
Hören Sie auf, Leute zu
instrumentalisieren!)
Statt die in Aussicht gestellte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen,
verbot ihm die bayerische Ausländerbehörde, weiterzuarbeiten, und entzog ihm
seine Duldung. Jetzt droht ihm die Abschiebung.
Immer diese lächerlichen Einzelfälle als
Rechtfertigung!
Ja! Gucken Sie in die
Statistik!)
– Lächerliche Einzelfälle? Meine Damen und Herren, Herr Baumann, das
ist ein Mensch, der in unserem Land lebt, der hier gearbeitet hat.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der FDP und der
LINKEN
Das ist ein Einzelfall? Gucken Sie in die
Statistik! Sie haben die Verantwortung für das Land!)
Das ist nicht lächerlich.
Dieser Samuel D. hat übrigens auch leider deswegen Pech gehabt, weil
er in Bayern lebt. Ein paar Kilometer weiter, nämlich in Thüringen, hat man
Anfang des Jahres entschieden, dass man auf das Chancen-Aufenthaltsrecht wartet,
und hätte ihm ermöglicht, weiter hier bei uns zu arbeiten und auf eigenen Beinen
zu stehen.
Der lebt von der Stütze! Der lebt von unserem
Geld!)
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem
Chancen-Aufenthaltsrecht entscheiden wir uns für die Wirklichkeit. Und ja, das
ist ein Signal, so wie beim Staatsbürgerschaftsrecht. Wir passen die Gesetze an
die Einwanderungsgesellschaft an. Darum geht es: anzukommen im Hier und Heute.
Sie, meine Damen und Herren von der Union, haben gerade in diesen letzten Wochen
das Gegenteil versucht. Sie haben nach dem Motto „Was wir in den 1980er-,
1990er- und 2000er-Jahren falsch gemacht haben, das machen wir jetzt noch mal
falsch“ gehandelt, aber aus „ein paarmal falsch“ wird nicht richtig, sondern es
bleibt falsch. Was wir brauchen, ist ein Einwanderungsrecht, ein Asylrecht und
ein Chancen-Aufenthaltsrecht, das der Wirklichkeit, dem Hier und Heute in
unserem Land gerecht wird, meinen Damen und Herren.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei
Abgeordneten der FDP)
Vielleicht glauben Sie ja, dass Sie damit die Identitätskrise in den
eigenen Reihen irgendwie bewältigen können. Aber es geht doch hier um unser
Land. Die eigenen Leute sagen Ihnen: Der Kaiser ist gerade nackt. – Deswegen
brauchen wir klare und deutliche Antworten; deswegen brauchen wir Antworten, die
wirtschaftlich vernünftig sind. Das haben gestern und heute schon viele gesagt.
Und ich verstehe nicht, auch heute Morgen noch nicht, wie Sie die ganze Zeit
Signale nach dem Motto „Das ist uns egal, was die Unternehmen sagen; es ist uns
egal, was die Unternehmen brauchen“ aussenden können.
Das hat kein Mensch gesagt!)
Mir könnte es egal sein, dass Sie das sagen. Aber ehrlich gesagt: Sie
arbeiten daran, dass nicht nur der Ruf Deutschlands in der Welt
Also, das ist ja wirklich völlig absurd!
Völlig absurd!)
bei all denen, die überlegen, nach Deutschland zu gehen und dort ihr
Glück zu versuchen, und die wir brauchen, beschädigt wird, sondern dass die
Leute sagen: Nee, dann gehen wir lieber woandershin;
Mit Verlaub: Das ist Schwachsinn, was Sie da
erzählen!)
woanders sind wir willkommen, woanders können wir arbeiten, woanders
können wir zum Wohlstand beitragen.
Völlig absurd! Nehmen Sie mal die Realität
zur Kenntnis!)
Das ist das Problem, das Sie haben, aber das Sie auch diesem Land
machen, meine Damen und Herren.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei
Abgeordneten der FDP
Frau Göring-Eckardt, lassen Sie eine Frage aus der AfD-Fraktion von
Frau von Storch zu?
Ich glaube, lieber nicht. Nein.
Es gibt noch einen zweiten Punkt, der mich noch mehr verwundert. Es
handelt sich um Menschen, die sich für unser Land entschieden haben. Sie finden
es gut hier. Die finden gut, was wir hier machen. Deswegen sagen sie: Wir wollen
Teil davon sein. Wir wollen Teil des demokratischen Gemeinwesens sein. – Sie
arbeiten hier ehrenamtlich und kümmern sich um andere. Das sind Leute, die
tragen zum Wohlstand unseres Landes bei. Denen sollten wir doch als Land das
Signal aussenden: „Ja, herzlich willkommen und vielen Dank, dass ihr zu unserem
Wohlstand beitragen wollt“, statt zu sagen: „Ach nee, eigentlich lieber nicht“.
Und genau das machen wir mit dem Gesetz heute und hier, meine Damen und
Herren.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei
Abgeordneten der FDP)
Zwei von drei Unternehmen sagen: Ja, es ist gut, dass wir Geflüchtete
beschäftigen. Ja, das führt zu einem positiven Betriebsklima. Das sind Leute,
die sich mehr anstrengen als viele andere. – Deswegen, anders als viele
Kritikerinnen und Kritiker behaupten, sei auch noch mal klar gesagt: Es geht
nicht darum, dass Leute jahrelang abwarten, sondern darum, dass die Motivation
steigt, hier Dinge zu tun. Die geflüchteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
stehen bei den Unternehmen verdammt hoch im Kurs.
Beim Chancen-Aufenthaltsrecht geht es um pragmatische und zeitgemäße
Lösungen. Und es geht darum, wie wir den Menschen entgegentreten, die sich hier
etwas aufbauen wollen, die hier gemeinsam mit uns etwas aufbauen wollen. Die
Frage ist: Machen wir es ihnen schwer, oder haben wir das gleiche Ziel vor
Augen, nämlich Deutschland gemeinsam zu einem Chancenland zu machen? Wir
entscheiden uns dafür, dass wir ein Land der Chancen sein wollen. Ich sage: Die
Einladung steht. Das heute ist erst der Anfang. Die Einladung an Sie steht,
meine Damen und Herren. Nach gestern Abend muss man vielleicht sagen: Lassen Sie
uns doch lieber Weltmeister der Chancen werden. Dieses Land und seine Menschen
haben es verdient.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Nächster Redner ist der fraktionslose Abgeordnete Robert Farle.
Beifall bei Abgeordneten der AfD