- Bundestagsanalysen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu mitternächtlicher Stunde geht es heute um das Vereinsrecht, konkret um die virtuelle Teilnahme an Mitgliederversammlungen im Sinne hybrider Versammlungsformen. Vorbild sind die mittlerweile außer Kraft getretenen Coronasonderregelungen, wobei der Gesetzentwurf des Bundesrates enger gefasst ist und nur eine virtuelle Teilnahme im Wege der Bild- und Tonübertragung vorsieht.
Auf diese Einschränkung stellt die Bundesregierung ab, die jedwede geeignete elektronische Kommunikation zulassen will. Das wird in einem Änderungsantrag der Koalition, der bereits dem Ausschuss vorliegt, aufgegriffen, damit auch Telefonkonferenzen, Chats oder Abstimmungen per E‑Mail möglich sein sollen. Zusätzliche Bedeutung erhalten Gesetzentwurf und Änderungsantrag dadurch, dass die Regelungen für die Mitgliederversammlungen auch für die Vorstände von Vereinen und Stiftungen gelten. Das hört sich alles gut an, oder?
Ja!
Ja! Das ist ja auch gut!)
Aber braucht es dieses Gesetz wirklich? Die Antwort ist ein klares Nein; denn schon jetzt kann jeder Verein entsprechende Regelungen in seine Satzung aufnehmen, wenn er diese Flexibilität wünscht.
Für kleine Vereine ist das halt ein Riesenaufwand!
Zuruf des Abg. Ingmar Jung [CDU/CSU])
Der Gesetzentwurf kehrt nun die Rechtslage um. Wenn die Mitglieder nicht wollen, dass der Vorstand auch eine virtuelle Teilnahme zulassen kann, müssen sie zukünftig die Satzung ändern, um diese Möglichkeit wieder auszuschließen. Dafür gibt es gute Gründe; denn auch eine nur teilweise virtuelle Versammlung hat einen anderen Charakter als eine reine Präsenzveranstaltung. Auf anwesende Mitglieder kann in ganz anderer Weise eingewirkt werden als auf passive Teilnehmer am Bildschirm. Auch wenn es nicht um einen generellen Ausschluss von Präsenzveranstaltungen geht, reden wir doch von einem massiven Eingriff in das Organisationsgefüge und damit in die Vereinsfreiheit.
Sachlich gibt es für diese Regelung keinen Grund. Die Pandemie ist vorbei und die Durchführung von Präsenzveranstaltungen ohne Einschränkungen möglich, wenn die Mitglieder es wollen. Wenn es im Gesetzentwurf heißt, dass es entsprechende Wünsche vonseiten der Vereine gebe, stimmt dies so nicht. Es ist nicht ersichtlich, woher dieses Votum stammen soll. Wenn es existiert, dann ist es das Votum von Funktionären, nicht der Wunsch von Mitgliedern.
Die Entscheidung über Satzungsänderungen ist das originäre Recht der Mitglieder. § 33 BGB schützt den Status quo der Satzung, weil eine qualifizierte Minderheit mit ihrem Veto eine Änderung verhindern kann. Dieser Minderheitenschutz wird durch den Gesetzentwurf ausgehebelt.
Seit wann sind Sie denn für Minderheitenschutz?)
Denn eine solche Minderheit kann zwar eine Satzungsänderung verhindern, aber niemals erzwingen. Der Umstand, dass § 32 BGB durch die Satzung wieder abbedungen werden kann, läuft also leer. Die angebliche Förderung ehrenamtlichen Engagements ist also nur eine scheinbare. Tatsächlich werden die Interessen von Funktionären bedient, während Mitgliederrechte beschnitten werden. Selbstverständlich lehnen wir eine solche Regelung ab.
Ich danke für die Aufmerksamkeit, wünsche Ihnen eine gute Nacht und Glück auf!
Beifall bei der AfD)