Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Schule lernen wir auf mehr oder minder spannende Art und Weise, wie eigentlich Gesetze entstehen. Für einige hier vielleicht noch mal zur Auffrischung: Ein Gesetz wird von uns als Bundestag und vom Bundesrat beschlossen, vom Kanzler und von den zuständigen Ministerinnen und Ministern gezeichnet und vom Bundespräsidenten ausgefertigt. Dann wird es im Bundesgesetzblatt veröffentlicht; so viel haben wir heute schon gehört. Erst dann kann es in Kraft treten. Der Bundesanzeiger und das Bundesgesetzblatt existieren bereits jetzt online und werden dort dauerhaft bereitgehalten. Warum reden wir heute also darüber? Ist doch schon online! Was ändern wir eigentlich am E-Verkündungsgesetz? Wir stellen das Bundesgesetzblatt doch schon als PDF-Datei zur Verfügung. Genau das ist der Punkt: als PDF. Und das ändern wir jetzt. Wir gehen mit dieser Änderung einen gigantischen Schritt in Richtung Transparenz und Open Data. Wir veröffentlichen Gesetze fortan als Open Data: offen, maschinenlesbar, zugänglich, auffindbar und interoperabel. Offen und zugänglich heißt, dass die Daten nicht hinter einer Paywall, einem Log-in oder grundsätzlich hinter einem Zugang versteckt sind, den man beantragen müsste. Sie stehen einfach, offen und ohne Zugangsbarrieren allen zur Verfügung. Maschinenlesbar bedeutet, dass wir die Daten in standardisierten Formaten ablegen. Texte, Formate und Metadaten müssen aus den Dokumenten herausgezogen werden können, also auch durchsuchbar sein, und möglichst über APIs zur Verfügung gestellt werden. Fotos, Scans und PDFs sind im Gegensatz dazu oft nicht einfach so maschinenlesbar. Die Auffindbarkeit von Daten bedeutet, dass man sie mithilfe von Suchmaschinen finden kann. Das hängt mit der Maschinenlesbarkeit zusammen: Wenn Daten nicht durchsuchbar sind, wird sie auch keine Suchmaschine der Welt finden. Sie sind im Netz sozusagen unsichtbar. Als letzten Punkt haben wir die Interoperabilität von Daten. Man könnte aus Lego-Steinen kein Haus bauen, wenn die Klötze nicht aufeinanderpassen würden. Das Gleiche haben wir bei Daten. Durch standardisierte Formate kann man Daten verschiedenen Ursprungs verknüpfen, zueinander in Kontext setzen und dadurch ein Mehrwissen generieren. Das ist ein Meilenstein. Wir schaffen Open Data im Recht, und das ist ein großer Schritt auf dem Weg zum Recht auf Open Data. Ob nun § 7 Datennutzungsgesetz, 5‑Star-Linked-Open-Data oder Daten, die nach den FAIR-Prinzipien zur Verfügung gestellt werden, sie alle verfolgen dasselbe Ziel: Daten in standardisierten Formaten einer breiten Öffentlichkeit maschinenlesbar zur Nachnutzung zur Verfügung zu stellen. Jetzt stellen wir aber auch mal die große Frage: Warum wollen wir überhaupt ein Recht auf Open Data? Zwei Punkte will ich dabei hervorheben. Das sind zum einen Vertrauen und zum anderen Modernisierung. Zunächst mal das Vertrauen. Wir sind auf das Vertrauen der Menschen angewiesen, die uns gewählt haben: Vertrauen in uns, Vertrauen in den Staat, Vertrauen in die parlamentarische Demokratie. Dieses Vertrauen schaffen wir tagtäglich, indem wir kommunizieren: mit unseren Wählerinnen und Wählern in den Wahlkreisen, mit unseren Followerinnen und Followern im Netz, mit der Presse, mit Vereinen, mit Verbänden. Wir erzählen von unserer Arbeit – Arbeit, die auf Daten, Studien und Entwürfen beruht, die dem größten Teil der Menschen nicht zugänglich sind. Wenn die Grundlage unserer Entscheidung, nämlich genau diese Daten, nicht einsehbar sind, müssen wir uns nicht wundern, wenn manche von unseren Entscheidungen für viele schwer nachvollziehbar sind. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Wenn wir diese Grundlage als Open Data zur Verfügung stellen, versetzen wir Menschen in die Lage, sich auf genau der gleichen Basis eine Meinung zu bilden, wie wir das tun, und unsere Entscheidung besser nachzuvollziehen. Damit stärken wir Vertrauen in diese Entscheidungen, in uns als Parlamentarier/-innen, in den Staat und in unsere Demokratie. Ich sage nicht, dass wir alle Dokumente offen zur Verfügung stellen müssen, die hier kursieren; auch das kam schon zur Sprache. Es gibt Dokumente, die beispielsweise personenbezogene Daten enthalten, die besonders schützenswert sind, oder eben sicherheitsrelevante Dokumente, die man besser nicht als Open Data zur Verfügung stellen sollte. Aber wir werden eine Diskussion darüber beginnen, wo wir aufhören müssen, als Staat wie der Drache auf dem Datenschatz zu sitzen, und wo wir anfangen müssen, Wissen bereitzustellen und zu teilen. Mein zweiter großer Punkt ist die Modernisierung. Ein beliebtes Gegenargument zu Open Data ist nämlich, dass es zu aufwendig und teuer sei, so viele Informationen öffentlich zur Verfügung zu stellen. Von Open Data profitieren aber alle, sowohl die Zivilgesellschaft als auch der Staat. Ein Recht auf Open Data mit der entsprechenden Infrastruktur ist auch ein riesiges Verwaltungsmodernisierungsprogramm. Wenn wir Daten für die Öffentlichkeit zugänglich machen, machen wir sie auch für Ministerien, Behörden und andere öffentliche Stellen zugänglich. Damit ersparen wir uns langwierige Abstimmungsprozesse, in denen Menschen im schlimmsten Fall die Informationen aus dem einen Dokument händisch in ein anderes eintragen. Wir beenden diese Datensilos. Wenn wir Daten maschinenlesbar und auffindbar für die Öffentlichkeit machen, sind sie auch auffindbar in Behörden und über Behörden hinweg. Durch diese Interoperabilität können wir Prozesse auch automatisieren, genau diese Prozesse beschleunigen und damit die Verwaltung entlasten. Das hilft im Übrigen auch gegen den Fachkräftemangel. Das bedeutet ein Recht auf Open Data. Da möchten wir hin: zu besseren evidenz- und datenbasierten Entscheidungen, nachvollziehbarer und transparenter für alle. Wir gehen mit Open Data im Recht heute einen wichtigen Schritt zum Recht auf Open Data. Ich freue mich darauf. Herzlichen Dank.