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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf den Tribünen! Können Sie sich vorstellen,
bei der Abstimmung zum neuen Staatsangehörigkeitsrecht nicht mitstimmen zu dürfen? Ich weiß, wie sich das anfühlt; denn ich war viele Jahre von demokratischen
Wahlen ausgeschlossen.
Als ich das erste Mal in meinem Leben wählen durfte, war ich schon Mitte 30. Zu diesem Zeitpunkt habe ich bereits 28 Jahre in Deutschland gelebt, hier
gearbeitet und mich auch ehrenamtlich engagiert. Deutschland war längst zu meiner Heimat geworden. Aber ohne die deutsche Staatsangehörigkeit gehörte ich
rechtlich nicht dazu. – Können Sie auf der rechten Seite zuhören? Vielleicht können Sie auch noch mal was dazulernen.
– Dann gehen Sie raus! Das ist vielleicht viel besser.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Das zeigte sich auch im Alltag; denn die Wohnungssuche scheiterte immer wieder.
Weiterer Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD]
– Ich darf alles sagen, was ich möchte, weil ich deutsche Staatsbürgerin bin, genauso wie viele andere. Also, halten Sie einfach mal den Mund!
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN
Zuruf der Abg. Rasha Nasr [SPD])
Also: Das zeigte sich auch im Alltag; denn die Wohnungssuche scheiterte immer wieder. Ich hatte sogar Probleme, eine Kfz-Versicherung zu finden. Nicht
einmal an Bürgerentscheiden durfte ich teilnehmen.
Es war daher ein sehr emotionaler Moment, ein unbeschreibliches Gefühl, das erste Mal meinen deutschen Pass in den Händen zu halten, das erste Mal zu
wählen und mitentscheiden zu dürfen, das Gefühl zu haben, Teil dieses Landes zu sein.
Es wird daher Zeit, dass wir die Rahmenbedingungen endlich an die Lebenswirklichkeiten anpassen.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Janine Wissler [DIE LINKE])
Wir als Ampelkoalition packen das mit dem neuen Staatsangehörigkeitsgesetz an. Wir erleichtern den Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft, gerade auch
für die Menschen, die schon längst selbstverständlich Teil dieser Gesellschaft sind.
Dazu verhelfen wir nicht nur zu einer schnelleren Einbürgerung und damit zur schnelleren Integration; wir ermöglichen auch die Mehrstaatigkeit. Für
bestimmte Herkunftsländer ist das in Deutschland übrigens heute schon der Normalfall, aber eben nicht für alle. So können aktuell Bürgerinnen und Bürger aus der
EU oder aus der Schweiz ihren Pass behalten, während zum Beispiel eine Bürgerin oder ein Bürger aus der Türkei ihn abgeben muss.
Nach unserer Reform wird die Mehrstaatigkeit außerdem für Deutsche gelten, die nach Erwerb einer weiteren Staatsangehörigkeit im Ausland ihren Pass
nicht mehr verlieren werden. Bei Einbürgerung im EU-Ausland dürfen Deutsche übrigens schon jetzt ihren Pass behalten. Viele dieser ausgewanderten Deutschen
werden sicher verstehen, dass ein Pass eben nicht nur ein Stück Papier ist, sondern mit einem Gefühl und einer Identität verbunden ist.
Das neue Staatsangehörigkeitsrecht wird auch die Hürden für die Einbürgerung der Gastarbeitergeneration senken; denn die Gastarbeiterinnen und
Gastarbeiter haben Deutschland zum Wohlstand verholfen. Ihre Lebensleistung wollen wir hiermit wertschätzen und anerkennen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Janine Wissler [DIE LINKE])
Meine sehr geehrten Damen und Herren der Union, entgegen Ihrer Darstellung bleiben die zentralen Einbürgerungskriterien natürlich weiterhin erhalten,
wie etwa der Sprachnachweis oder die Sicherung des Lebensunterhaltes.
Wenn Sie von der CDU/CSU jetzt trotzdem davon sprechen, dass die Staatsangehörigkeit verramscht oder entwertet würde, dann ist das wirklich
verletzend.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ist Ihre deutsche Identität weniger wert, seitdem auch ich den deutschen Pass besitze, oder wird Ihr Pass zur Ramschware, wenn ich Ihnen sage, dass
ich die doppelte Staatsbürgerschaft habe?
Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die CDU/CSU gewandt: Jetzt antworten Sie mal! Mal gucken, was Sie antworten!)
Mit Ihrer Wortwahl legen Sie genau das nahe, und das ist einfach unerträglich.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN
Wie wichtig Ihnen diese Debatte ist, zeigt übrigens ein Blick in Ihre Reihen. Sie haben diese Aktuelle Stunde beantragt. Schauen Sie einmal, wie viele
von Ihren Kolleginnen und Kollegen dort sitzen!
Beifall bei Abgeordneten der SPD
Vor allen Dingen die mit Migrationshintergrund! Wo sind die?
Die finden sie schon selber unerträglich!
Die sind so peinlich,
oder?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, der deutsche Pass ist wertvoll.
Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])
Wer könnte das besser wissen als die Menschen, die ihn nicht per Geburt, sondern per Einbürgerung erhalten haben? Aber nicht nur der deutsche Pass ist
wertvoll; auch die Menschen, die sich um den Pass bemühen, sind es.
Wertvoll für unser Land sind zum Beispiel die türkeistämmigen BioNTech-Gründer Ugur Sahin und Özlem Türeci. Wertvoll für dieses Land war mein Vater,
der mit so vielen Gastarbeiterinnen und Gastarbeitern das Wirtschaftswunder in diesem Land erst möglich machte. Wertvoll sind die Migrantinnen und Migranten,
die auch heute zusammen mit ihren deutschen Kolleginnen und Kollegen den Laden am Laufen halten – ob an der Supermarktkasse, als Lehrkraft oder am
Krankenbett.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Janine Wissler [DIE LINKE])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir können froh sein, wenn sich möglichst viele von ihnen für die Einbürgerung
entscheiden und aktiv das gesellschaftliche Zusammenleben in unserem Land, in Deutschland, mitgestalten können.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)
Dirk Wiese hat das Wort für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)