Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist so weit: Endlich, die Ampel ratifiziert CETA. Eigentlich selbstverständlich, müsste man meinen. Aber die Grünen brauchen für solche Erkenntnisse ja immer ein bisschen länger. Wenn ich mir die Reden der Koalition und insbesondere der Grünen heute anhöre, dann glaubt man wirklich, man ist hier in der Märchenstunde. Als im Jahr 2016 die Entscheidung zur vorläufigen Anwendung von CETA auf der Brüsseler Tagesordnung stand, sind viele führende Politiker der Grünen in Berlin und Brüssel gegen das Abkommen auf die Straße gegangen – das haben wir vorhin schon gehört –: Annalena Baerbock, Toni Hofreiter. Anton Hofreiter, der frühere Fraktionsvorsitzende der Grünen, polterte, dass CETA mit – Zitat – „massive[n] Eingriffe[n] in Demokratie und kommunale Selbstverwaltung“ verbunden sei. Katharina Dröge, hier heute sitzend als Fraktionsvorsitzende der Grünen, bezeichnete CETA als „schlechtes Abkommen“, und sie erklärte weiter – Zitat –: „Zu viele Punkte des Abkommens sind nachteilig für Verbraucher*innen genauso wie für Kommunen, für unsere Demokratie und unsere Standards. Die oft kritisierten Klageprivilegien sind dabei nur ein Punkt.“ 2016 erklärten die Grünen in ihrem Bundestagsantrag gegen CETA, es sei sogar ein „gefährliches Abkommen“. Meine Damen und Herren, der grüne Populismus in der Handelspolitik hat die Menschen in unserem Land in hohem Maße verunsichert, auf die Bäume getrieben, zu Protesten gegen CETA und andere Handelsabkommen bewegt. Und jetzt, wo die Menschen auf den Bäumen sind und Sie in Regierungsverantwortung, müssen Sie die Menschen wieder von den Bäumen runterholen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie wollen den Menschen in Deutschland heute tatsächlich die Geschichte erzählen, aus einem – ich verwende Ihre Wortwahl – „gefährlichen Abkommen“ nun ein faires, gutes Abkommen gemacht zu haben, mithilfe der von Ihnen forcierten Interpretationserklärung zum CETA-Vertragstext. Diese Selbstdarstellung ist, gelinde gesagt, schon sehr, sehr mutig. Fangen wir mal mit dem ersten Punkt an. Auch wenn Ihnen die kanadische Regierung positive Signale gegeben haben sollte, ist Ihre Interpretationserklärung noch nicht im Gemischten CETA-Ausschuss behandelt worden, und sie steht nach unserer Kenntnis auch nicht auf der Tagesordnung der morgigen Sitzung des Gemischten CETA-Ausschusses. Zweiter Punkt. Interpretationserklärungen zum Handelsabkommen scheinen bei den Grünen – zumindest bis zur Übernahme von Regierungsverantwortung – keinen Mehrwert zu haben. Die damalige grüne Handelsexpertin und jetzige Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge erklärte in der Bundestagsdebatte am 22. September 2016 zu den damals verabschiedeten Protokollerklärungen zu CETA – Zitat: Und genau so ist es, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Interpretationserklärung wiederholt in anderer Form nur noch einmal das, was ohnehin schon im Vertragstext enthalten ist. Das haben ja die Sozialdemokraten gestern im Ausschuss gesagt, und das hat die FDP auch gesagt. Damit ist die Erklärung also de facto überflüssig, vielleicht nicht für die Grünen-Wähler, aber in der Sache. Um dem Ganzen noch einen draufzusetzen: Die Grünen wollten die von ihnen vorangetriebene Interpretationserklärung nun ausgerechnet im Gemischten CETA-Ausschuss, also in jenem Gremium verabschieden, welchem sie 2016 in ihrem Bundestagsantrag gegen CETA – Zitat – „keine ausreichende demokratische Legitimation“ attestierten. Das ist schon ganz schön starker Tobak! Meine Damen und Herren, heute ist nicht der Tag des Überschwangs und der Selbstbeweihräucherung, sondern ein Tag der Demut. Wir können froh sein, dass die Kanadier die parteipolitischen Spielchen der deutschen Grünen mitgemacht haben. Danke schön.