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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Staatssekretärin Brantner, ich weiß nicht, ob Sie jetzt über etwas anderes abstimmen als wir.
Aber was sich bei dem CETA-Abkommen in Sachen Klimaschutz in den letzten Jahren oder auch in den letzten Tagen noch verändert hat, das müssen Sie mir noch
erklären.
Übrigens, Herr Kollege Audretsch, im Gegensatz zu dem gerade Gesagten und im Gegensatz zu Twitter: Kanada hat bis jetzt der Interpretationserklärung
noch nicht zugestimmt. Sie werden CETA, das rechtlich nichts anderes ist als das, was seit sechs Jahren vorliegt, heute zustimmen. Es ist gut, dass Sie
zustimmen. Aber reden Sie sich nicht etwas anderes ein, wenn es um die Frage geht, was heute hier zur Abstimmung steht.
Beifall bei der CDU/CSU)
Das Entscheidende ist, dass CETA, das Abkommen mit Kanada, erst der Anfang und nicht der Endpunkt der Handelspolitik ist. Herr Kollege Dürr, ich weiß
nicht, ob Sie Frau Kollegin Dröge zugehört haben. Sie hat gesagt: Ein Handelsabkommen, Freihandel mit den USA wären irreal. Wer davon träume, der wäre in einer
falschen Welt. – Wenn Sie das angehen wollen, was Sie gesagt haben, Herr Kollege Dürr – Freihandel mit den USA, mit Mercosur, mit all den anderen Ländern, die
Sie aufgezählt haben –, dann haben Sie uns bei einer solchen Handelspolitik zu jeder Zeit an Ihrer Seite. Die Frage ist – auch nach dem, was wir hier in den
Gesichtern gesehen haben –: Haben Sie in der Koalition eigentlich eine gemeinsame Position zu der Frage, wie diese Handelspolitik aussehen soll?
Beifall bei der CDU/CSU
Am Anfang einer Handelsstrategie, übrigens auch einer China-Strategie, muss eine Deutschland-Strategie stehen; denn wir sind als Partner für andere
nur attraktiv und haben einen Hebel, um bestimmte Dinge umzusetzen, wenn wir selbst wirtschaftlich stark sind. Deswegen braucht man, um Industriestandort zu
bleiben und Technologieführer in vielen Bereichen zu sein, am Ende einen attraktiven Partner, der die Resilienz stärkt. Man muss möglichst viele Handelsverträge
mit unterschiedlichen Partnern schließen, um nicht zu abhängig von Einzelnen zu sein. Das stärkt die eigene Relevanz, weil man dadurch selbst als Partner
wirtschaftlich stark ist. Deswegen muss jeder Startpunkt einer Handelsstrategie, auch einer China-Strategie, eine Deutschland-Strategie sein.
Zu dieser Strategie gehört es auch, realpolitisch pragmatisch zu sein, Handelsverträge nicht zu überfrachten mit allen möglichen Themen. Wie schnell
man sich sonst in seinem eigenen Moralgarten verirren kann, haben wir in den letzten zwei Wochen gesehen. Erst ein Knicks vor dem Emir, sechs Wochen später
heißt es, man würde selber doch mit der One-Love-Binde auf dem Spielfeld auflaufen, nur um dann eine Woche später einen 15-Jahres-Vertrag mit Katar super zu
finden. Weniger konsequent kann sogenannte wertegebundene Außenpolitik nicht sein. Das haben wir in den letzten Wochen gesehen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Die Lehre daraus ist doch, dass wir als Exportnation aufpassen müssen, dass wir nicht unsere gesamte Außen- und Handelspolitik moralisieren. Das
sollten wir für künftige Handelsverträge und für die Debatten in der Handelspolitik beachten. Gewisse Standards, ja, natürlich auch Klima- und
Arbeitsschutzstandards, aber versuchen Sie nicht, jeden Handelsvertrag zum Instrument Ihrer Moral zu machen.
Das haben wir doch gerade wieder gehört, Frau Kollegin Brantner. Wenn es darum geht, Partnerschaft auf Augenhöhe zu machen, dann sollte man mit diesen
Ländern auch tatsächlich auf Augenhöhe verhandeln. Wenn andere Aspekte mit hineinkommen, dann geht das meistens schief, siehe Katar. Im Mittelpunkt von
Handelspolitik sollte Handel stehen, und das sollte auch im Mittelpunkt von Handelsverträgen stehen.
Beifall bei der CDU/CSU)
Damit komme ich zurück zum Anfang. Relevanz und Resilienz entspringen aus eigener Stärke. Jede Handelsstrategie braucht vorneweg eine
Deutschland-Strategie; denn nur dann haben wir überhaupt auch den Hebel, gewisse Werte und Rechtsvorstellungen als attraktiver Partner in entsprechenden
Verträgen umzusetzen. In diesem Kontext ist CETA, das Abkommen, das wir heute ratifizieren, ein erster, ein wichtiger Schritt, auch wenn er erst sehr spät
gegangen wird – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Deswegen werden wir zustimmen.
Beifall bei der CDU/CSU
Das Wort hat der Kollege Markus Töns für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)