Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drei Fakten. Erster Fakt: Die Ampel hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der unzweifelhaft in sehr vielen Fällen zu einer deutlich höheren Erbschaft- und Schenkungsteuer führen wird. Zweiter Fakt: Die Ampel erhöht dabei nicht die Erbschaft- und Schenkungsteuer direkt, sondern sie ändert die steuerlichen Bewertungsmaßstäbe. Dadurch werden Häuser und Wohnungen steuerlich wesentlich wertvoller eingeschätzt. Bei einem unveränderten Steuersatz kommt es hierdurch zu einer deutlichen Erhöhung der Erbschaft- und Schenkungsteuer, liebe Kolleginnen und Kollegen. In den Ballungsräumen kann es bei der Berechnung sogar zu einer Verfünffachung der Erbschaft- und Schenkungsteuer kommen, wenn man die Freibeträge nicht anpasst. Die neuen Bewertungsmaßstäbe – es wurde angesprochen – mögen verfassungsrechtlich geboten sein, aber es steht nirgends, dass es verfassungsrechtlich in diesem Jahr umgesetzt werden muss. Wenn Sie das Argument anführen, dass die Häuser und Wohnungen im Preis zugelegt haben, dann müssen Sie zwingend das Argument auch dafür gelten lassen, die Freibeträge in gleichem Maße zu erhöhen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und das tun Sie nicht, auch Sie von der FDP nicht, auch wenn Sie es hier in der Rede, als Oppositionsrede sozusagen, vortragen. Dritter Fakt: Der Gesetzentwurf zum Jahressteuergesetz 2022 ist nicht aus dem damaligen Innenministerium gekommen. Das ist die glatte Unwahrheit und verdreht alle Tatsachen; Sie haben es auch heute wieder behauptet. Nein, der Gesetzentwurf kommt aus dem FDP-geführten Finanzministerium. Er kommt von Christian Lindner. Christian Lindner und die FDP greifen in die Taschen der Erben. Das ist die Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen, und das muss hier auch mal gesagt werden. Der Gesetzentwurf kommt von einer Partei, die im Wahlkampf noch gesagt hat – übrigens zu Recht –: „Steuererhöhungen sind Sabotage am Aufschwung.“ Er kommt von einer Partei, deren Chef vor vier Tagen – lieber Herr Lindner, vor vier Tagen, am 28. November – beim Zentralverband des Deutschen Handwerks gesagt hat – ich zitiere – : Sie zwingt keiner, von dieser Haltung Abstand zu nehmen, lieber Kollege Lindner. Wenn Sie eine Erhöhung der Immobilienbewertung durchsetzen müssen, dann erhöhen Sie bitte auch die Freibeträge in gleichem Maße. Dabei helfen wir heute mit unserem Antrag. Sie machen die Menschen in unserem Land bewusst wieder ärmer. Sie nehmen den Menschen in unserem Land ihr hart erspartes Geld einfach weg. Ja, bitte? Selbstverständlich, gerne. Lieber Herr Kollege Schmidt, fair und richtig wäre, wenn man diese 65 Prozent Wertsteigerung, die Sie erwähnen, auch im Freibetrag abbilden würde. Ich sage Ihnen eins: Nehmen wir mal den Großraum Nürnberg. Ein normales kleines Reihenhaus liegt inzwischen bei einem Wert von 750 000 bis 800 000 Euro. Es soll vielleicht vererbt werden von einer Generation, die hart gearbeitet hat, die keinen Urlaub gemacht hat, die sich das abgespart hat, weil es der nächsten Generation besser gehen soll. Die vererben das jetzt an die nächste Generation und sagen, die Familie soll einziehen. Aber vielleicht muss diese beruflich bedingt wieder umziehen. Und dann greifen Sie den Menschen in die Tasche und nehmen ihnen das hart Ersparte weg. Übrigens sind es wahrscheinlich auch Ihre Wähler, denen man das Geld wegnimmt. Insofern sehe ich es nicht so wie Sie. Ich glaube, wenn Sie eine Erhöhung der Immobilienwerte im Gesetz abbilden wollen, dann müssen Sie auch zwingend eine Erhöhung der Freibeträge vornehmen. Ansonsten machen Sie die Menschen einfach ärmer. Liebe Kollegen, die Frage ist, warum es nicht im Gesetz umgesetzt ist, obwohl der Finanzminister angekündigt hat, die Freibeträge zu erhöhen. Auch die FDP hat gesagt, sie ist dafür. Warum ist es nicht umgesetzt worden? Ja. Ja, freilich. – Oh, der Herr Kollege Schrodi. Schauen Sie, Herr Schrodi, Ihre Rechnung geht nicht auf. Das ist eine sozialdemokratische Rechnung der Umverteilung. Nehmen wir das Haus in München, das Sie als Beispiel angeführt haben. Wenn zwei Kinder dieses Haus erben, dann werden sie es verkaufen müssen, um die Erbschaftsteuer zahlen zu können. – Doch, das ist Fakt. Ich kann Ihnen aus der Realität berichten, in der Sie leider nicht immer zu Hause sind, dass das Fakt ist, lieber Herr Kollege. Sie fordern die Menschen auf, ihr Erspartes schon jetzt an die Kinder zu übertragen. Aber überlegen Sie mal: Manche wollen ihr Erspartes, auch ihr Häuschen, ein Stück weit zurückbehalten für den Fall, dass sie pflegebedürftig werden oder im Rentenalter Geld brauchen; daher wollen sie es jetzt noch nicht vererben. Deswegen ist Ihre Rechnung falsch. Beachten Sie auch eines: Damit das bis zu 200 Quadratmeter große selbstgenutzte Wohneigentum steuerfrei bleibt, muss man zehn Jahre darin wohnen. In der heutigen Arbeitswelt kann es passieren, dass man zum Beispiel von München nach Hamburg geht, Frau Kollegin Beck, und dann ist die Erbschaftsteuer zu zahlen. Dann muss man den Umzug bezahlen und die Erbschaftsteuer, und dann muss man das Haus verkaufen. Das ist die Realität in Deutschland, und die können Sie nicht leugnen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frage ist ja: Der Finanzminister hat gefordert, die Freibeträge anzupassen. Ist es Absicht, dass das nicht im Gesetzentwurf steht, oder ist das rot-grüne Umverteilung? Wir haben in der letzten Sitzungswoche ja auch über Vermögensabgabe und Lastenausgleich gesprochen; das haben Sie befürwortet. Also, Sie wollen erst 50 Prozent des Vermögens wegnehmen und es dann auch noch über die Erbschaftsteuer besteuern. Das ist Ihr eigentlicher Plan. Sie wollen, dass die Menschen in unserem Land kein Vermögen mehr haben. Sie sprechen im Wahlkampf von Respekt. Die Menschen, die hart arbeiten, die früh aufstehen, die sich was ersparen, die nicht in den Urlaub fahren, diejenigen, die was für die nächste Generation schaffen wollen, denen nehmen Sie das Vermögen weg. Das ist respektlos gegenüber den Menschen, die hart arbeiten. Das ist respektlos! Liebe Kolleginnen und Kollegen, die höhere Steuer wird doch dazu führen, dass Erben ihr Elternhaus verkaufen müssen, um die höhere Erbschaftsteuer zu bezahlen. Sie wird dazu führen, dass Einheimische an Investoren verkaufen oder an gewerbliche Interessenten. Und sie wird zu drastischen Mieterhöhungen führen. Damit sind Sie die Mieterhöhungspartei Nummer eins in Deutschland. Das gilt für Rot, Grün und Gelb, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist unsozial, was da passiert. Die Freibeträge wurden seit 13 Jahren nicht angepasst. Wenn wir die neuen Bewertungsmaßstäbe ansetzen, dann brauchen wir auch höhere Freibeträge. Wir bringen noch einen weiteren Aspekt ein, über den seit Jahren diskutiert wird und der richtig ist. Wir wollen eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer prüfen, weil so die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten in den unterschiedlichen Bundesländern abgebildet werden können. Herr Kollege Lindner, Sie haben gesagt, die Initiative solle von den Ländern kommen. Jetzt kommt die Initiative von den Ländern im Bundesrat. Dann erwarte ich aber auch Ihre Zustimmung zu diesem Gesetz. Ich erwarte übrigens auch heute Ihre Zustimmung. Es wird sich zeigen, ob Sie es ernst meinen, liebe Frau Kollegin Raffelhüschen. Wenn Sie hier sagen: „Es muss eine Erhöhung der Werte geben“, dann stimmen Sie unserem Antrag zu! Ansonsten zeigen Sie den Menschen da draußen, dass Ihnen egal ist, was Sie gestern, vorgestern oder vor vier Tagen gesagt haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Jahressteuergesetz, über das wir morgen abstimmen, ist eine Enteignung der Fleißigen und eine bewusste Verarmung der Vermögenden. Deswegen lehnen wir es ab. Stimmen Sie heute unserem Antrag zu! Herzlichen Dank.