Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Holodomor – ukrainisch für „Massenmord durch Hunger“ – ist eines der großen Menschheitsverbrechen des 20. Jahrhunderts. Lenin hatte es 1922 bereits angekündigt: Wir werden noch den Terror, einschließlich des wirtschaftlichen Terrors, verwenden. – Den exekutierte dann Stalin in unfassbarer Brutalität. Die zwangskollektivierten Kulaken, also die den Kommunisten verhassten selbstständigen Bauern, wurden 1932/1933 in der ganzen Sowjetunion zu unerfüllbar hohen Abgaben verpflichtet. Wer sich nicht fügte, dem nahmen bewaffnete Kommandos die gesamte Ernte und sämtliche Lebensmittelvorräte weg. Die Ukraine, ausgerechnet die Kornkammer Europas, traf es besonders hart, auch weil Stalin das dortige Nationalbewusstsein eliminieren wollte. Das Land wurde abgeriegelt, Bahnfahrten waren nicht mehr erlaubt. Bis zu 4 Millionen Menschen wurden dem sicheren Hungertod ausgeliefert. Wenn wir heute an dieses monströse Verbrechen erinnern, dann muss die Lehre doch vor allem eine sein: Die sozialistische Ideologie mit ihrem Hass auf Individualität und Freiheit, mit ihrem Gleichmachungsterror und ihrem Wahn, einen neuen Menschen schaffen zu können, ist abzulehnen und zu bekämpfen, wo immer sie in neuer Verkleidung ihr scheußliches Haupt erhebt. Das gilt für die national-sozialistische Variante, aber es gilt eben auch für die internationale Variante, die sich hinter so wohlklingenden Parolen wie „Gerechtigkeit“ oder „Fortschritt“ versteckt. Die AfD-Fraktion hat bereits vor drei Jahren über den Holodomor hier im Deutschen Bundestag informiert. Damals hat es kaum jemanden interessiert. Bei Verbrechen im kommunistischen Machtbereich hat unser linkslastiges politisches Establishment jahrzehntelang lieber weggeschaut. Man kommt ja auch beim Gedenken an die SED-Verbrechen nicht recht voran; das Mahnmal ist noch immer nicht gebaut, der engagierte Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen wurde elegant abserviert usw. Warum ist den gleichen politischen Kräften die Erinnerung an den Holodomor jetzt plötzlich so wichtig? Wir fürchten, aus schiefen Gründen. In Ihren Reden hier und auch in den sonstigen Verlautbarungen findet eine starke Parallelisierung und teils ja schon fast eine Ineinssetzung der historischen Ereignisse mit dem heutigen Krieg Russlands gegen die Ukraine statt. Die Heidelberger Historikerin Tanja Penter spricht im „Spiegel“ sehr zu Recht von einer „unglücklichen Verflechtung separater historischer Kontexte“ in Ihrem Antrag, und die Genozidforscherin Kristin Platt warnt im Deutschlandfunk Kultur: Mit dem Begriff des Genozids oder Völkermords muss man sehr vorsichtig umgehen; denn gerade im Krieg wird er häufig strategisch und auch propagandistisch eingesetzt. – Übrigens hat Wladimir Putin die Ukraine des Völkermords an den Russen in den Ostprovinzen bezichtigt. Wir sollten die Maßlosigkeit solcher Vorwürfe hier im Westen nicht spiegeln, meine Damen und Herren. Aber die deutsche Politik berauscht sich wie üblich am Hochgefühl ihrer moralischen Überlegenheit. Außenministerin Baerbock spricht mit Blick auf Russlands Kriegsführung, die bisher laut UN-Statistik rund 6 500 zivile Opfer gefordert hat, jetzt sogar von einem Zivilisationsbruch – ein Ausdruck, der sonst dem Holocaust vorbehalten ist. Frau Baerbock – wo immer Sie heute sind –, eine weise Staatsführung zeigt sich gerade in einer Krise nicht in maximaler rhetorischer Eskalation, sondern in Maß und Umsicht mit Blick auf den Frieden, den Sie im Auge behalten sollten. Beides lassen Sie eklatant vermissen. Und noch einen Irrtum von Ihnen möchte ich zum Abschluss korrigieren: Die Ukrainer, die jetzt mit der Waffe in der Hand und vielleicht mit der Erinnerung an den Holodomor im Herzen ihre Heimat verteidigen, sie tun es nicht für die Werte des internationalen Regenbogens, für Diversity, Toleranz und Gleichstellung. Sie tun es für die Souveränität ihres Landes, für den Erhalt ihres Volkes und ihrer Kultur. Darin haben sie unsere Solidarität. An den Holodomor ist auch zu erinnern, – – aber die Instrumentalisierung der Geschichte, die Sie betreiben, lehnen wir ab. Vielen Dank.