Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gesamtvolumen des Bundeshaushalts beträgt 476 Milliarden Euro. Allein 45,6 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme sind zu verzeichnen. Ein Haushalt, der ordentlich im Volumen ist. Umso enttäuschender ist dann, dass im Bereich der Rechtspolitik zu wenig übrig geblieben ist. Sie haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass Sie den Pakt für den Rechtsstaat verstetigen und ihn um einen Pakt für den digitalen Rechtsstaat erweitern wollen. Es sind zwei Pakte. Mit diesem Haushaltsentwurf konterkarieren Sie aber Ihren eigenen Koalitionsvertrag und enttäuschen das Vertrauen, das in diesen Pakt für den Rechtsstaat auch vonseiten der Länder gesetzt worden ist. Dass durch den Bund eine ordentliche Mittelausstattung erfolgt und damit die Justiz digitalisiert und personell ordentlich ausgestattet wird, ist mit den 200 Millionen Euro auf vier Jahre nicht erfüllt. Sie haben damit eine Chance vertan. Es ist zu wenig. Herr Minister Buschmann, Sie haben über den furchtbaren und schrecklichen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine gesprochen, auch über die juristische Aufarbeitung. Es ist gut, dass Sie als Justizminister in Kiew waren und dass auch die G 7 sich mit der Frage der juristischen Aufarbeitung auseinandersetzen werden. Der Punkt ist aber: Angesichts der Größe des Verbrechens und der großen juristischen Frage, wie wir Kriegsverbrechern habhaft werden, auch durch die Anklage des Verbrechens der Aggression, darf es nicht allein bei Runden und gegenseitigen Besuchen bleiben, sondern wir brauchen eine klare Haltung der Bundesregierung, diese Kriegsverbrechen auch anklagen zu können und abgeurteilt zu sehen. Deswegen bitte ich Sie noch einmal, sich unserer Initiative anzuschließen und durch ein Sondertribunal deutlich zu machen: Diese Verbrechen müssen zeitnah abgeurteilt werden. Ein Sondertribunal ist unvermeidlich. Unvermeidlich ist auch, dass wir den Schutz der Schwächsten in der Gesellschaft adressieren. Es geht um die Frage, wie wir Opfern von Missbrauch helfen, dass diese Straftaten entdeckt, aufgeklärt und abgeurteilt werden. Es geht auch um die Frage, wie wir die schlimmsten Verbrechen in der Rechtsgemeinschaft – Mord, sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, Raub mit Todesfolge – aufklären. Und ja, es gibt jetzt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs und weitere Rechtsverfahren, die bei der Speicherung von Verbindungsdaten zur Aufklärung und zur Nutzung im Strafverfahren entsprechende Grenzen gesetzt haben. Aber es sind nicht nur Grenzen gesetzt worden, sondern die Gerichte haben auch Möglichkeiten aufgezeigt. Die Möglichkeiten, die aufgezeigt wurden, sind mehr als nur Quick Freeze. Selbst die Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagt – ich darf sie zitieren –: Das Quick-Freeze-Verfahren ist „kein adäquater Ersatz für die Speicherung von IP‑Adressen“. Deswegen möchte ich, dass Sie auch im Interesse der Missbrauchsopfer, die auf Aufklärung und auf Aburteilung der schlimmsten Täter hoffen, einen entsprechend abgestimmten Gesetzentwurf einbringen, der mehr als Quick Freeze ist, der auf der Höhe der Kriminalpolitik ist. In diesem Zusammenhang kann ich es Ihnen nicht ersparen: Man kann sich bei der Frage über die Grenzen der Speicherung der IP‑Adressen unterschiedlich austauschen und über die Verfassungsmäßigkeit der einen oder anderen Frage trefflich streiten. Aber bei diesem Thema, bei allem Respekt, verbieten sich China-Vergleiche, ja gar die Erwähnung. Das ist etwas völlig anderes. Das hat in einer rechtsstaatlichen Debatte nichts zu suchen. Meine Damen und Herren, ja, die liberale Demokratie und die liberale Ordnung werden angegriffen oder zumindest von einigen infrage gestellt, und die Antwort darauf lautet: Rechtsstaat und Rechtsstaatlichkeit. Das bedeutet für uns aber in der Gesetzgebung und auch beim Justizhaushalt, dass wir klar und mit Vernunft die Fragen der Rechtsstaatlichkeit debattieren und der Versuchung widerstehen, durch gesellschaftlich verlockende, auch populistische Konzepte dieser großen Aufgabe nicht gerecht zu werden. Deswegen, meine Damen und Herren: Es geht um gute Rechtsetzung und um ein klares Bekenntnis zur Stärke des Rechtsstaats.