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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten diesen Haushalt in Zeiten größter wirtschaftlicher Unsicherheit. Viele Familien sorgen
sich darum, wie sie über die Runden kommen. Viele mittelständische Betriebe, die seit vielen Generationen in Familienhand sind, sorgen sich um ihre eigene
wirtschaftliche Existenz. Bei diesen Haushaltsberatungen, bei dieser Debatte, bei einzelnen Beiträgen am heutigen Vormittag habe ich den Eindruck, dass die
gesellschaftliche und ökonomische Realität nicht bei jedem angekommen ist.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Kollege Haase, die beste Form der Wirtschaftsförderung – Sie haben ja von Wirtschaftsförderung gesprochen – ist doch, dass ein Betrieb angesichts der
steigenden Gaspreise überhaupt noch produzieren kann. Deshalb ist es richtig, dass die Koalition eine Strom- und eine Gaspreisbremse auf den Weg gebracht
hat.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sagen Sie das Herrn Habeck?)
Hierzu habe ich im Übrigen auch keinen Widerspruch der Opposition gehört, von keinem von Ihnen. Wir stimmen ja offensichtlich darin überein, dass wir
die Menschen und die Wirtschaft mit den ruinösen Preisspitzen nicht alleine lassen dürfen. Wir müssen doch unsere wirtschaftliche Stärke mobilisieren,
Zuruf des Abg. Sebastian Brehm [CDU/CSU])
um unsere wirtschaftliche Stärke auch für die Zukunft zu erhalten. Deshalb ist es doch auch notwendig, dass wir in enormer Weise fiskalische Stärke
projizieren, um einen Abwehrschirm aufzuspannen. Das haben Sie nicht infrage gestellt. Es ist auch richtig, dass Sie es nicht infrage stellen; denn wir müssen
in diesen Zeiten dafür sorgen, dass das erhalten bleibt, was wir uns über Jahrzehnte erarbeitet haben.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Offen bleibt nur – und umstritten zwischen Koalition, Regierung einerseits und der Opposition andererseits – die Frage der Finanzierung.
Jetzt könnte man auf die Idee kommen: Wir finanzieren das mit Steuererhöhungen. Der Kollege Friedrich Merz hatte das ja ins Gespräch gebracht im
Zusammenhang mit der Ertüchtigung der Bundeswehr; ich erinnere mich an diese Debatte.
Sachverständigenrat! Der Sachverständigenrat hat es auch gesagt!)
– Der Sachverständigenrat hat es ebenfalls angesprochen, konnte aber übrigens auf Nachfrage kein Volumen oder Mittel angeben, sondern das wurde nur
abstrakt ins Gespräch gebracht.
Ich halte das für falsch. Angesichts der großen Unsicherheit, die wir haben, angesichts der privaten Investitionsbedarfe in saubere Technologien,
angesichts der infragegestellten Wettbewerbsfähigkeit, übrigens auch durch den Inflation Reduction Act der Vereinigten Staaten, wäre es ein gefährliches
makroökonomisches Experiment, in diesen Zeiten auch noch die Steuern zu erhöhen.
Beifall bei der FDP)
Deshalb haben wir uns dagegen entschieden.
Im Gegenteil: Die Koalition hat breitflächig Entlastungen beschlossen. Dabei handelt es sich um die steuerliche Abzugsfähigkeit beispielsweise der
Rentenversicherungsbeiträge, die wir verbessert haben, Verbesserungen bei den Regelungen zum häuslichen Arbeitszimmer, Verbesserungen beim
Arbeitnehmerpauschbetrag bereits zu Beginn dieses Jahres, beim Sparerpauschbetrag. Ja, und auch die kalte Progression wird vollständig ausgeglichen. Allein das
sind Mindereinnahmen von 18,6 Milliarden Euro im nächsten Jahr. Wann soll es einen steuerlichen Inflationsausgleich geben, wenn nicht in Zeiten hoher
Inflation?
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Und das macht die Koalition.
Ich füge hinzu: Wir werden mit Blick auf den Haushalt 2024 auch über weitere steuerliche Maßnahmen sprechen müssen. Wir müssen ja die Konjunktur
anschieben, und da ist auch ein sichtbarer steuerlicher Impuls notwendig. Der Bundeskanzler hat bereits bei seiner Regierungserklärung gesagt, er spreche sich
für eine Investitionsprämie bzw. Superabschreibung aus.
Damit wir uns aus dieser Krise im privaten Bereich herausinvestieren können, ist das eine Maßnahme, die 2024 rechtzeitig sein könnte.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
– Na ja, der Haushaltsgesetzgeber wird noch darüber sprechen. Die Bundesregierung wird ihren Haushaltsentwurf 2024 ja erst im nächsten Jahr vorlegen.
Deshalb spreche ich hier noch im Konjunktiv als Potentialis.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Koalition hat einen Bundeshaushalt aufgestellt, der die Schuldenbremse achtet. Übrigens ist sie flexibler, als
manche denken; denn sie erlaubt im Konjunkturverlauf auch höhere Ausgaben. Innerhalb des Bundeshaushaltes verfolgen wir unsere regulären politischen Vorhaben.
Die krisenbedingten Mehrausgaben des Abwehrschirms haben wir im Wirtschaftsstabilisierungsfonds gebunden – übrigens auch deshalb, weil wir nicht wissen, wie
sich Strom- und Gaspreise entwickeln. Deshalb brauchen wir jetzt Handlungsmöglichkeiten und auch Flexibilitäten, um in diesem, im nächsten, im übernächsten Jahr
regieren zu können.
Die CDU/CSU kritisiert, dass wir die regulären Vorhaben der Koalition unter der Schuldenbremse und die Bewältigung der Krisenfolgen voneinander
separieren.
Zurufe der Abg. Sebastian Brehm [CDU/CSU] und Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU])
Dieser Kritik stellen wir uns. Es gibt ja auch Argumente, die auf Ihrer Seite sind. Dennoch: Bei der Abwägung von Pros und Cons haben wir uns am Ende
für diesen Weg entschieden, weil es der sichtbarste Beleg dafür ist, dass wir zwar die haushaltspolitische Normalität noch nicht erreicht haben, dass es aber
der Anspruch dieser Koalition ist, schnellstmöglich zum Prinzip zurückzukehren, dass nur das verteilt werden kann, was zuvor erwirtschaftet worden ist.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Kay Gottschalk.
Beifall bei der AfD)