Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über das Thema „neue Energien“; wir reden über das Thema „Wissenschaft“. Ich habe den Antrag der CDU/CSU mit Interesse gelesen. Ich finde es sehr wichtig, dass wir gerade jetzt in der Phase, wo unser Hauptaugenmerk – schauen Sie auf die Liste der Debatten in diesem Haus – auf der kurzfristigen Bewältigung der Krise liegt, uns auch über die langfristige Entwicklung Gedanken machen, dass wir darüber reden, wie letztendlich der Weg in den nächsten Jahren aussieht. Deswegen habe ich es schön gefunden, dass ich zu diesem Antrag reden darf. Aber beim Lesen des Antrags habe ich ein bisschen den Anfangszauber verloren. Ich werde versuchen, Ihnen zu erläutern, warum. Es geht um ein sehr wichtiges Thema: Es geht um Vorausschau; es geht letztendlich um Strategie. Mein erster Punkt – da schließe ich mich meinen Vorrednerinnen weitgehend an – betrifft Folgendes: Diese Regierung hört auf die Wissenschaft. Ja, das macht sie nämlich vom ersten Tag an. Diese Regierung spricht über die Zukunftsstrategie. Der Entwurf liegt vor. Frau Christmann hat schon darauf hingewiesen: Im Entwurf findet sich eine Mission, die sich mit dem Thema „neue Energien“ beschäftigt. Auch da kann man fragen: Wer hat es erfunden? Da waren wir jetzt etwas früher dran. Aber das sind zeitliche Unterschiede, die man schwer bewerten kann. Sie sind vielleicht nicht so wichtig; aber man sollte doch darauf hinweisen, dass jetzt eben nichts Neues kommt. Ich werde nachher noch darauf eingehen. Was mich an diesem Antrag aber mehr irritiert hat, ist etwas, was ich mal „Methodik“ nenne. Da bin ich vielleicht auch nicht immer zwingend mit allem ganz einig, was die Vorrednerinnen gesagt haben. Aber es geht ja um das Thema „Technologie und Technologieoffenheit“. Wenn ich diesen Antrag durchgehe, dann beschleicht mich so ein bisschen das Gefühl: Also, so richtig soziale Marktwirtschaft ist da eigentlich nicht immer drin. Ich möchte Ihnen erläutern, warum ich das so sehe. Das Thema Ordnungspolitik wird von der Union normalerweise sehr hochgehalten. Aber wenn wir uns diesen Antrag anschauen, dann stellen wir fest, dass zum Beispiel eine Forderung enthalten ist, die besagt, es sollen technologische Ziele aufgestellt werden, und das in 5-, 10-, 15‑Jahres-Schritten. Da könnte man jetzt natürlich, wenn man es etwas salopp ausdrücken wollte, sagen: Okay, goodbye, Ordnungspolitik. Herzlich willkommen im Fünfjahresplan! Das möchte ich der CDU an der Stelle gar nicht unterstellen, und da können wir auch im Ausschuss gerne drüber reden. Aber ich möchte hier noch mal eindrücklich darauf hinweisen: Es geht um Technologieoffenheit. Wir können jetzt noch nicht wissen: Welche Technologie wird in 5, 10, 15 Jahren die richtige sein? Wir können sie auch nicht vorherbestimmen, sondern wir müssen letztendlich die Rahmenbedingungen schaffen – es ist ja auch Ziel der Regierungspolitik, insbesondere des Bundesforschungsministeriums, dass wir Rahmenbedingungen schaffen –, dass Technologieoffenheit vorhanden ist. Dann sollten wir es denjenigen überlassen, die die Sache am besten beherrschen: Das sind unsere Forscher/-innen; das sind die Menschen, die in den Laboren arbeiten; das sind die Unternehmen, und es sind letztendlich auch die Kunden, die über Technologien mitentscheiden. Sprich: Der Staat soll letztendlich die Funktion haben, Rahmenbedingungen zu setzen. Wenn ich dann in Ihrem Antrag weitergehe, dann finde ich plötzlich das Wort „Ankerkunde“. Ankerkunde ist ein interessantes Konzept; das macht man zum Beispiel bei Einkaufszentren, wenn es darum geht, einen großen Flagship-Store mit hineinzubekommen – ich hoffe, ich habe es richtig gesagt, Reinhard Houben –, sodass man letztendlich Attraktion ausstrahlt. Aber bei der Frage, welche Technologie wir letztendlich auswählen wollen, müssen wir uns die Frage stellen: Wann kommt dieser Ankerkunde tatsächlich zum Tragen? Zu Beginn des Lebenszyklus einer Technologie, eines Produkts oder irgendwann? Und welche Aufgabe wird dieser Ankerkunde haben? Wird er uns einen sogenannten Lock-in-Effekt bescheren, dass wir uns einer Technologie verschreiben, die vielleicht gar nicht die tolle Technologie ist, sondern eher verhindert, dass wir eine bessere Lösung finden? Also, auch darüber sollten wir im Weiteren diskutieren. Es geht also um die Frage des Wettbewerbs, und bei den Technologien geht es nicht um Abnahmegarantien und erst recht nicht um das Thema „Picking the Winners“. Dazu gibt es genug historische Beispiele in diesem Land. Dann wird das Thema Wagniskapital aufgegriffen. Ja, der Staat hat beim Thema Wagniskapital eine Möglichkeit. Aber sollten wir uns angesichts der Verantwortung über Steuergelder doch nicht auch überlegen: Wer entscheidet letztendlich über eine effiziente Verwendung von Mitteln, die wir in unserer Volkswirtschaft haben? Auch da stellt sich mir die Frage: Wie viel Staat fordert dieser Antrag? Das wird mir an dieser Stelle letztendlich nicht deutlich. Also, wenn ich etwas zusammenfassen möchte, könnte ich sagen – bitte, liebe Kollegen von der CDU/CSU, seht es mir nach; es ist einfach ein bisschen dem heutigen Tag geschuldet: 11.11. –: Der Antrag enthält vieles, was, ich denke, gut ist, und er enthält vieles, was vielleicht insbesondere für die CDU/CSU neu ist. Aber das Gute ist nicht zwingend immer neu, und das Neue ist nicht zwingend immer gut. Deswegen lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Wir brauchen in der Phase des neuen Systemwettbewerbs technologische Souveränität. Wir brauchen Wettbewerbsfähigkeit. Für den Klimawandel brauchen wir Technologien und Innovationen; aber wir dürfen nicht vorherbestimmen, dass es die eine Technologie ist, sondern der Weg ist ökosoziale Marktwirtschaft, der Wettbewerb der Ideen, die Schaffung von Innovationen. Das, denke ich, sollte unser gemeinsames Ziel sein. Vielen Dank.