Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bundeswahlleiter hat den Ausschuss geradezu angefleht, wegen des organisatorischen Totalversagens der Berliner Verwaltung und Politik eine Wahlwiederholung anzuordnen. Ich nenne nur ein paar der festgestellten Wahlfehler: Ausgabe von Stimmzetteln eines anderen Wahlkreises, Unterbrechungen der Wahlhandlung und Abweisung von Wahlberechtigten aufgrund fehlender Stimmzettel, unzumutbar lange Wartezeiten vor der Stimmabgabe, auch infolge einer unzureichenden Anzahl von Wahlkabinen, oder Öffnung der Wahllokale noch weit nach 18 Uhr, während im Fernsehen schon Prognosen und Hochrechnungen veröffentlicht wurden. Während einerseits schwerste Wahlfehler festgestellt sind, bekundeten die Niederschriften der Wahlvorstände regelmäßig, dass es keine besonderen Vorkommnisse gegeben hätte. Daraus folgt, dass die Dokumentation der Wahl in einem Ausmaß fehlerhaft ist, dass der gesamten Dokumentation keinerlei Aussagekraft und Beweiswert mehr zugesprochen werden kann. Die landesweit völlig ungenügende Organisation legt den Schluss nahe, dass Wahlfehler überall in Berlin aufgetreten sind und nicht nur partiell in den Wahlbezirken, in denen gehäuft Wahlfehler aktenkundig gemacht wurden. Die festgestellten Wahlfehler sind von Mandatsrelevanz, sodass zumindest in sechs Wahlkreisen die Wiederholung der Wahl zwingend ist, und zwar im gesamten Wahlkreis und mit Erst- und Zweitstimme. Da man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen muss, dass sich die Organisationsmängel auch in den anderen sechs Wahlkreisen genauso verwirklicht haben und die Dokumentation auch dort nicht verlässlich ist, halte ich es für zumindest vertretbar, auch für diese Wahlkreise von relevanten Wahlfehlern auszugehen. Jedenfalls bleibt kein Raum für die Annahme eines legitimen Bestandsinteresses aller in Berlin gewählten Abgeordneten, sodass es nur eine mit dem Demokratieprinzip vereinbare Rechtsfolge hätte geben dürfen, nämlich Wahlwiederholung für ganz Berlin. Die Regierungsmehrheit will leider nur eine Miniwahlwiederholung im geringstmöglichen Umfang – eine Alibientscheidung, die den durch das Wahlchaos verursachten Schaden für die Demokratie noch vertieft und zu noch mehr Nichtwählern führen wird. Die Vorgänge während der Bundestagswahl haben das Vertrauen der Bürger in die Demokratie nachhaltig erschüttert, weil die demokratische Legitimation von Parlament und Regierung eine ordnungsgemäße Wahl voraussetzt. Im Verfahren ist deutlich geworden, dass es der Koalition um den Erhalt ihrer Mandate geht, nicht um den Schutz des Wahlvorgangs als konstitutivem Element unserer repräsentativen Demokratie. Von Abraham Lincoln stammt das Zitat: Demokratie ist Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk. – Den Abgeordneten aus Berlin fehlt diese Legitimation durch das Volk, und da die Regierung auch von diesen Abgeordneten getragen wird, fehlt auch der Regierung teilweise die Legitimation. Diese Delegitimierung des Staates durch die Koalition wird hoffentlich vom Bundesverfassungsgericht korrigiert werden. Für die Zukunft gibt es drei Folgerungen: Als Erstes muss das materielle Wahlprüfungsrecht modernisiert werden. Wenn nicht festgestellt werden kann, dass eine Wahl korrekt war, kann eine scheinbar gewählte Volksvertretung keinerlei Bestandsschutz beanspruchen und es muss neu gewählt werden – oder „BRD“ steht künftig für „Bananenrepublik Deutschland“. Der zweite Punkt betrifft das Verfahren der Wahlprüfung. Der Verfahrensgang hat deutlich gemacht, dass die Koalition nicht der Sach- und Rechtslage folgt, sondern der politischen Opportunität. Das missachtet die gerichtsähnliche Funktion der Wahlprüfung. Der Bundestag darf deshalb nie wieder als Richter in eigener Sache tätig werden! Eine unparteiische Wahlprüfung erfordert unabhängige Gerichte. Zum Dritten müssen natürlich die Vorschriften zur Wahlvorbereitung reformiert werden. Die Demokratie kann es nicht hinnehmen, dass Wahlen durch dysfunktionale Länder wie ein rot-grün-links-geschädigtes Berlin sabotiert werden. Als letzte Sanktion braucht es deshalb auch den Durchgriff des Bundeswahlleiters in die Wahlorganisation auf Landesebene, durch ein Selbsteintrittsrecht. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.