Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich versuche jetzt mal, nicht direkt über jedes Stöckchen zu springen, sondern wähle einen anderen Ansatz. Ich hatte nämlich eine persönliche Erfahrung. Wir hatten als SPD-Fraktion am 11. Oktober im Paul-Löbe-Haus eine tolle Veranstaltung zur Umweltkriminalität. Kurz vor Ende der Veranstaltung hat tatsächlich einer von der sogenannten „Letzten Generation“ den Brandmelder ausgelöst, und wir mussten den ganzen Laden evakuieren. Ich habe mich, ehrlich gesagt, ein bisschen gewundert, dass die Union auf diese Teilaspekte, die hier im Hause stattgefunden haben, mit keiner Silbe eingegangen ist. Das finde ich einigermaßen bemerkenswert. Ich will aber auf den eigentlichen Zusammenhang zu sprechen kommen; denn es ist natürlich kein intellektueller Höhenflug, wenn man sich für Klima- und Artenschutz einsetzt und ausgerechnet eine Veranstaltung zu diesem Thema sprengt. Worum ging es da? Es ging um das drittgrößte Kriminalitätsphänomen der Welt. Die Schätzungen gehen von einem Schaden in Höhe von 100 bis 300 Milliarden Euro jährlich aus; so genau weiß man es nicht. Ich zitiere den WWF: Und ich ergänze: Ein Großteil davon ist deswegen bedroht, weil es sich bei Umweltkriminalität um eine große Kriminalitätsform handelt; die ist ein großer Treiber. Ich will das Thema in ein paar Teilaspekte aufgliedern. Zunächst geht es dabei um illegalen Holzhandel und Holzeinschlag. Aus den Medien wissen wir, dass unsere schöne „Gorch Fock“ mit höchster Wahrscheinlichkeit aus „blutigem“, illegalem Holz aus Myanmar wieder zusammengeschustert worden ist. In jeder Minute, die wir hier gerade reden, fällt etwa ein Fußballfeld Regenwald der Rodung zum Opfer. Das heißt, wir reden über 680 Fußballfelder während dieser Debatte. Weiter geht es um illegale Fischerei. Viel davon landet auf unseren Tellern. Es geht dabei um Sklavenhandel, der betrieben wird. Es geht um Wilderei, illegalen Artenhandel, illegalen Handel mit Müll und dessen Entsorgung, illegalen Bergbau usw. usw. Das alles ist verbunden mit Kernthemen, die wir hier diskutieren: Lieferketten, Korruption, Geldwäsche, Hinweisgeberschutz und vieles mehr. Deswegen – und das war Thema der Veranstaltung – hat die Bundesinnenministerin angekündigt, eine zentrale Ansprech- und Koordinierungsstelle auf Ebene des Bundes einzurichten. Ein kleiner Hinweis an die CDU in Nordrhein-Westfalen: Das ist eine Stelle, die Sie aufgelöst haben. Wir richten sie auf Bundesebene ein. Aus den naheliegenden Gründen, die ich gerade genannt habe, wird sich ein wesentlicher Teil der Strategie zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität – das hat Nancy Faeser richtigerweise gesagt und deutlich gemacht – mit der Bekämpfung der Umweltkriminalität beschäftigen. Wir alle hier im Haus tun gut daran, wenn wir die Beratungen auf europäischer Ebene konstruktiv begleiten. – Ich komme auf Ihr Thema; keine Sorge. Machen Sie sich keine Sorgen. – Wenn es darum geht, die Kriminellen und auch die Unternehmen, die sich an solchen Straftaten beteiligen, härter zu bestrafen, bin ich sehr auf Ihre Hinweise dazu gespannt, wie wir da auf europäischer Ebene zu einer Harmonisierung kommen, genauso wie dazu – darüber diskutieren wir –, ob die Europäische Staatsanwaltschaft hier mehr Mandatsbereiche bekommen muss. Warum spreche ich das alles an? Das geht natürlich auch in Richtung all derjenigen, die sich aus guten Gründen fürs Klima und für Artenschutz engagieren. Wir tun viel, und wir packen sogar Themen an, die noch gar nicht auf der öffentlichen Tagesordnung zu finden sind. Also: Wir tun gut daran, viel gemeinsam zu tun. Das geht an all diejenigen, die legal demonstrieren: Pushen Sie bitte auch dieses Thema! Eines gehört noch dazugesagt: Weder die Bundesregierung noch dieses Haus lassen sich erpressen. Wenn man den Wortlaut auf der Homepage der sogenannten „Letzten Generation“ liest, dann kommt man nämlich ein bisschen zu diesem Eindruck. Diese Aktionen – das muss ich nicht alles wiederholen – sind sehr gefährlich für Menschenleben, sie sind strafbar, sie bedrohen einzigartige Kulturgüter, und – das hatten Sie dummerweise vergessen – sie bedrohen die Demokratieprozesse hier im Haus. Wenn der Brandmelder losgeht und wir alle auf die Straße müssen, ist das durchaus ein wesentliches Thema. Das ist eine völlig fehlgeleitete Energie; denn wir müssen, wenn wir hier etwas erreichen wollen, tatsächlich alle gesellschaftlichen Kräfte zusammenbringen. Auch diese Botschaft muss von hier ausgehen: Die Bedrohungen sind real, und diese Bedrohungen machen Angst. Das darf man durchaus denjenigen zugestehen, die sich hier demokratisch beteiligen. Die Ziele sind richtig; die Mittel sind grundfalsch, und sie sind eben auch kriminell. Ich komme zum Ende meiner Rede. Sie merken, warum ich mir die Redezeit so aufgeteilt habe. Der Kollege Konstantin Kuhle, die Kollegin Eichwede und andere haben schon viel zum Inhalt Ihres Antrags gesagt. Ich möchte noch hinzufügen: Das ist Kriminologie, das ist Kriminalstrategie erstes Semester. Also wenn Sie hier den Leuten erzählen wollen, durch die Androhung irgendeiner erhöhten Strafe würde sich jemand nicht festkleben oder würde keinen Kartoffelbrei auf irgendetwas schmeißen, dann ist das populistischer Unfug sondergleichen. Das weiß jeder, der ein bisschen Kriminologie gelesen hat. Und weil Sie sich so gerne als Law-and-Order-Partei geben: Wenn wir hier in den nächsten Wochen und Monaten darüber diskutieren, die Strafen für Umweltverbrecher zu erhöhen, dann werde ich Sie beim Wort nehmen. Wenn es darum geht, Unternehmen, die illegal geschlagenes Holz einschleppen, mit schärferen Unternehmenssanktionen zu kriegen, wenn es darum geht, diese umsatzabhängig zu machen, dann bin ich gespannt, wie Ihre Law-and-Order-Politik bei diesen Verbrechern aussieht. Das gehört nämlich mit zur Vollständigkeit dazu und zeichnet ein konsistentes Bild.