Ich möchte meinen Gedanken gerne zu Ende führen. Und da wir gerade bei Gedanken sind: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie es mich gleich vorweg sagen: Protest- und Aktionsformen, die dazu geeignet sind, die Sicherheit von Menschen zu gefährden, lehnen wir mit aller Entschiedenheit ab, meine Damen und Herren. Das gilt auch völlig unabhängig davon, ob der Grund für den Protest berechtigt sein mag oder nicht; darüber haben wir in einer Demokratie sowieso nicht zu befinden. Protest darf und soll kreativ sein, und, ja, Protest darf auch stören. Aber er findet seine Grenzen, wo Leib und Leben von Menschen gefährdet werden oder die Schwelle zu Straftaten überschritten wird. Es wird auch nicht besser, wenn Proteste unter dem Label „Klimaschutz“ laufen. Ganz im Gegenteil: Die „Letzte Generation“ erweist dem Klimaschutz einen Bärendienst und streut all denen Sand ins Getriebe, die sich ernsthaft und aufrichtig für eine wirksame Klimaschutzpolitik einsetzen. Denn das Prinzip, dass der Zweck die Mittel heiligt, können wir im Rechtsstaat nicht akzeptieren. Darüber hinaus sind diese gefährlichen Aktionen mit Blick auf den vermeintlichen Zweck auch noch völlig nutzlos; denn jetzt reden ja wieder alle nur über Protestformen, über das, was geht, was nicht geht, über Straßenblockaden, über Tomatensuppe auf Gemälden, aber eben nicht über die massiven Folgen der Klimakrise. Selbst jetzt, während der COP 27, überlagern die Debatten um den Protest die wichtigen Diskussionen und Entscheidungen, die global gegen diese existenzielle Bedrohung durch die Klimakrise stattfinden bzw. getroffen werden müssen. Die gefährlichen Aktionen der sogenannten „Letzten Generation“ sind daher klimapolitisch kontraproduktiv. Sie sind rechtsstaatlich hochproblematisch und damit vollkommen inakzeptabel. Jetzt komme ich zum Antrag der Union. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, das, was Sie hier machen, ist mindestens genauso hart am Thema vorbei wie die Proteste, für die Sie jetzt eine Strafverschärfung fordern. Sie haben ja geradezu nur nach einer Gelegenheit gesucht, von Ihrem eigenen Scheitern in der Klimapolitik ablenken zu können, indem Sie jetzt nicht nur die „Letzte Generation“, sondern gleich die gesamte Klimaschutzbewegung diffamieren, so wie Herr Dobrindt im Konzert mit Herrn Seitz, wie wir gerade alle hören konnten, von einer „Klima-RAF“ spricht. Damit, Herr Dobrindt, stellen Sie nicht nur alle in den Senkel, die sich ernsthaft und gewaltfrei für mehr Klimaschutz einsetzen, sondern Sie stellen die Opfer von vorsätzlichem Mord und brutalem Terrorismus in eine Reihe mit Autofahrern, die im Stau stehen. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Herr Dobrindt! Das ist eine unerträgliche Verharmlosung des Terrors der RAF und eine Verunglimpfung der Opfer und der Hinterbliebenen. Dafür sollten Sie sich in Grund und Boden schämen. Herr Dobrindt, Sie denken ja noch nicht einmal zu Ende, was Sie hier im Kern fordern. Denn was heißt denn das, was Sie in Ihrem Antrag schreiben, für die Traktorendemos von Landwirten, die zweifellos auch eine Sicherheitsgefährdung darstellen? Sollen die jetzt alle in den Knast, wenn sie in der halben Republik den Verkehr lahmlegen? Nein, da sind Sie ganz solidarisch und pflegen Ihre doppelten Standards im Sinne einer So-wie-es-gerade-passt-Partei. Aber dabei legen Sie selber die Axt an den Rechtsstaat, den Sie angeblich schützen wollen. Deswegen sage ich Ihnen ganz klar: Proteste, die Leib und Leben von Menschen gefährden, sind inakzeptabel, und zwar völlig unabhängig vom Zweck. Der Rechtsstaat hat alles Nötige, um effektiv dagegen vorzugehen. Ihre peinlichen Strafverschärfungsforderungen brauchen wir da nicht. Wenn Sie was Kluges fordern wollen, dann machen Sie mal mehr Vorschläge für einen verbesserten Klimaschutz oder für eine kluge Verkehrspolitik. Damit könnten Sie der Gesellschaft auch etwas von dem zurückgeben, was Sie die letzten 16 Jahre nicht hinbekommen haben. Vielen Dank.