Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Zentrum des Bürgergelds steht nicht, wie immer wieder behauptet wird, mehr Lässigkeit. Im Zentrum des Bürgergelds stehen das Leistungsprinzip und Berufseinstiegschancen durch Qualifizierung, also die nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt. Das steht im Zentrum des Bürgergelds. Wenn man ein einziges Beispiel nennen müsste, an dem man das festmacht, dann wären das Auszubildende, die in einer Hartz‑IV-Bedarfsgemeinschaft aufwachsen. Wenn diese Auszubildenden aktuell 800 Euro Ausbildungsvergütung bekommen, dann bleiben ihnen faktisch nur 240 Euro. Der Rest wird angerechnet. Das Hartz‑IV-System, das Sie verteidigen, das Sie nicht verändert haben, sagt diesen jungen Menschen: Eine Ausbildung und Arbeit lohnen sich nicht. Beim Bürgergeld ist es so: Von 800 Euro dürfen sie 604 Euro behalten. Das ist mehr als das 2,5‑Fache. Die Botschaft des Sozialstaates ist klar: Es lohnt sich, zu arbeiten. Es lohnt sich, eine Ausbildung zu machen. Sie kritisieren jetzt: Wie kann es denn sein, dass da überhaupt noch etwas angerechnet wird? Das ist alles nur Aufstiegslyrik! – Nein, das verändert bei jungen Menschen etwas im Kopf. Es verändert die Botschaft. Wenn Sie fragen: „Wieso ist das so wenig?“, frage ich zurück: Wieso haben Sie es in den letzten Jahren nie angepasst, wenn das doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit war? Sie haben es nicht angepasst, weil es Ihnen nicht um diese jungen Menschen geht, sondern um eine Scheindebatte. Die Scheindebatte, Herr Gröhe, haben wir erlebt. Sie haben uns gerade wieder den Brandbrief der Personalräte vorgehalten. Der Brandbrief der Personalräte kam zum ersten Gesetzentwurf. Wir haben den Gesetzentwurf angepasst, sodass zum 1. Januar 2023 nur die Regelsätze in Kraft treten, die Karenzzeit und die Bagatellgrenze – auf Wunsch der BA. Die BA wünscht sich, dass diese Punkte zum 1. Januar in Kraft treten. Alles andere wird nach hinten verschoben. Die BA hat in der Anhörung gesagt, sie findet es total gut, dass das stattfindet. Sie hat gesagt, sie braucht diese Vorbereitungszeit und wünscht sich, dass der Bundesrat schnell zu einer Entscheidung kommt, weil eine Blockade ihr schaden würde. Ihr Kollege Stracke ist dann zur Presse gegangen und hat gesagt, die BA würde den Vorschlag der CDU/CSU unterstützen, nur die Regelsätze zu erhöhen. Und Sie wiederholen das sogar noch jetzt gerade in der Debatte. Das ist die Art von Fake News, die Sie immer wieder vortragen. Jede dieser Fake News zu entkräften, dauert länger, als es dauert, sie in die Welt zu setzen. Ich möchte noch einen zweiten Punkt anbringen. Da kritisieren Sie mal etwas in der Sache: Sie kritisieren das Schonvermögen; das sei viel zu hoch. Unsere Ansicht ist: Wer kurzfristig ins SGB II rutscht, weil er beispielsweise gar keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I hat – zum Beispiel ein Selbstständiger –, der sollte nicht sofort sein Haus verkaufen müssen, seine Altersvorsorge und sein Erspartes aufbrauchen müssen. Dazu sagt der Kollege Whittaker: Es ist doch jetzt schon so, dass die Altersvorsorge ausgenommen wird. Das sei doch jetzt schon der Fall; ich sehe gerade auch Nicken in Ihren Reihen. Guckt man aber genau ins Gesetz, dann sieht man, dass es da nur um die staatlich geförderte Altersvorsorge geht. Das betrifft nur Riester und Rürup. Eine private Altersvorsorge ist nicht ausgenommen. Genau diese Feinheiten lassen Sie jedes Mal weg und schüren damit eine Debatte, bei der es nicht um die Sache geht. Lassen Sie uns über die Sache diskutieren. Wir sind für private Altersvorsorge bei Selbstständigen. Wir sind dafür, dass Selbstständige in Aktien investieren können und diese Anlagen auch geschützt werden, wenn sie kurzfristig arbeitslos werden. Langfristig ist es nicht möglich, mit solchen Vermögenswerten Bürgergeld zu beziehen. Das verschweigen Sie auch jedes Mal, wenn es um die Frage der Karenzzeit geht. Im Positionspapier der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der CDU/CSU – das ist in der Bundestagsfraktion wohl noch nicht beschlossen worden – – super, es ist sogar schon beschlossen worden – fordern Sie selbst diese Schonvermögensgrenze, und zwar dauerhaft. Da wäre es in verschiedenen Fallbeispielen sogar möglich, mehr Schonvermögen zu haben, als wir es vorsehen. Deswegen ist die Debatte nicht ehrlich. Sie wird nicht in der Sache geführt; sie wird unehrlich geführt. Deswegen ist es richtig, dass wir das Bürgergeld jetzt einführen. Ich würde mich freuen, wir würden mehr in der Sache diskutieren als mit falschen Behauptungen. Ich freue mich, dass Sie jetzt langsam die richtigen Berechnungen heranziehen und nicht mehr die der „Jungen Freiheit“; die waren lange genug auf der Website der CSU zu lesen.