Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Diskussion über eine der größten Sozialreformen der letzten Jahrzehnte, nämlich das Bürgergeld, ist eine sehr wichtige, und sie wird sehr kontrovers geführt. Lieber Hermann Gröhe, ich habe Sie hier schon sehr oft reden gehört, und ich schätze Sie sehr. Aber Ihre Rede hat gezeigt, wie schwer es Ihnen fällt, die Position von Friedrich Merz und Söder zu vertreten. Meine Damen und Herren, wer keine Argumente in der Sache hat, verliert sich im Verfahren, und das wird dem Anliegen, das mit dem Bürgergeld verbunden ist, den vielen Menschen, die davon profitieren werden und die betroffen sind, in keiner Weise gerecht. Und eins steht auch fest: Friedrich Merz spitzt zwar die Lippen öffentlich, ergeht sich in Vorurteilen gegenüber Menschen, die betroffen sind, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, die arm sind, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen sind, schürt Sozialneid ohne Ende – eine solche soziale Kälte in Krisenzeiten: kaum zu ertragen und verantwortungslos –, aber hier im Parlament kneift er heute. Es ist auch einfacher, Interviews zu geben, bei denen keiner widersprechen kann, meine Damen und Herren. Denn heute wären wir mit Ihren Argumenten, die Sie öffentlich anführen, und mit Ihnen hier scharf ins Gericht gegangen. Aber es geht halt um die Lebenswirklichkeiten; die sind in diesem Land verschieden. Wie soll sich jemand, der in einer ganz anderen Lebenswirklichkeit lebt und sich vielleicht überlegen muss, ob er zur Party mit dem Privatjet oder mit dem Auto oder dem Zug kommt, in die Lebenswirklichkeit einer alleinerziehenden Frau versetzen, die überlegen muss, ob sie ein paar neue Turnschuhe für das Kind kaufen kann oder ob sie vielleicht heute einen Ausflug in eine Eisdiele machen kann und mehr als drei Kugeln Eis für ihre drei Kinder drin sind? Da kann man auch nicht erwarten, dass man sich da hineinversetzen kann. Aber was ich von Ihnen erwarte, ist Respekt, Respekt vor der Lebenslage eines jeden Menschen, und den haben Sie nicht. Meine Damen und Herren, das Bürgergeld ist viel mehr als eine Regelsatzerhöhung, und deshalb beschließen wir es heute auch insgesamt. Es ist Reform des Arbeitsmarktes. Es wird Veränderungen bringen; denn das Bürgergeld schafft Qualifizierung und Weiterbildung. Es schafft Perspektiven für Menschen. Selbstverständlich geht es um Vermittlung. Aber es geht nicht mehr einfach nur um bloße Vermittlung, sondern um Qualifizierung und Beschäftigung. Es geht um Fortbildung, es geht um Kooperationsperspektiven. Wenn man vom Thema keine Ahnung hat, dann kann man das vielleicht nicht sehen. Aber es ist der Ansatz, die Brücke für Menschen in den Arbeitsmarkt zu verbessern, indem man ihnen Qualifizierung und Weiterbildung gibt und nicht einfach nur auf prekäre Arbeits- oder Hilfsarbeitsangebote setzt. Das ist mit der Bürgergeldreform verbunden, und dagegen kann niemand sein. Wenn man die Rede von Karl-Josef Laumann im Bundesrat gehört hat, ist klar: Er hat Hubertus Heil doch gerade bei diesem Punkt unterstützt: Wir brauchen mehr Qualifizierung, Weiterbildung, wir brauchen Fortbildung und, und, und. Das alles sind wichtige Maßnahmen; von denen ist auf dieser Seite nichts mehr zu hören; denn Sachargumente spielen keine Rolle, meine Damen und Herren. Es ist auch eine enorme Chance zur Entbürokratisierung. Es ist eine enorme Chance auch für Wirtschaft, Handwerk und Industrie; denn die warten alle auf Facharbeitskräfte. Wir haben eine Fachkräftekrise in dieser Gesellschaft. Deshalb ist es wichtig, diese beiden Fragen zu verknüpfen. All das ist mit dem Bürgergeld verbunden, und Sie wissen es im Kern auch, meine Damen und Herren. Die Anpassung der Regelsätze in dieser Krisenzeit ist natürlich mehr als notwendig; denn viele der Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, wissen doch am 20. des Monats nicht mehr, wie sie angesichts der Verteuerung der Lebenssituation bis zum 31. kommen. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es insgesamt ein gutes Paket, eine soziale Reform, die eben auf Vermittlung, auf Qualifizierung und Beschäftigung, auf Ermutigung und Hilfe setzt. Deshalb lassen Sie uns darüber weiter diskutieren. Wir hoffen auf die Zustimmung und Unterstützung vieler. Danke.