Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Jede Kilowattstunde zählt!“, mit dieser Botschaft, mit diesem Appell hat sich der Bundeswirtschaftsminister im Juni an die Menschen gewandt. Dieser Einsparappell ist auch bis heute richtig. Jeder Beitrag zur Bewältigung der Krise macht einen Unterschied. Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine ist auch zu einem Energiekrieg gegen Europa geworden, und er hat uns besonders stark getroffen. Er höhlt das Fundament aus, auf das wir alle in den letzten Jahren und Jahrzehnten gebaut haben. Diese Sabotage von Frieden, von Freiheit und von Wohlstand darf Putin nicht gelingen. Wir kämpfen hier Tag für Tag dafür, dass sie Putin nicht gelingt. Haben wir wirklich schon alles getan? Diese Frage stelle ich mir jeden Tag neu. Die Menschen überprüfen sich auch alle jeden Tag, sie sparen Energie und leisten entscheidende Beiträge. Das ist anstrengend, und das ist auch unbequem. Ich habe mit einer Familie gesprochen, die den ganzen Oktober nicht geheizt hat. Bei uns im Mittelgebirge in Rheinland-Pfalz war es nachts manchmal schon ganz schön kalt. So ein Verzicht ist unbequem, aber er ist machbar. Tagtäglich senden jetzt aber Unternehmen unterschiedlichster Branchen Notrufe an uns: Stellenabbau, Produktionseinschränkungen, Produktionsabbau. Sogar die Standortfrage wird immer öfter offen gestellt. Menschen und Unternehmen sind angesichts der enormen finanziellen Herausforderungen überlastet. Diese Krise geht an unsere Substanz. Wir als Parlament tragen die Verantwortung dafür, in dieser schwierigen Zeit die richtigen Antworten zu finden. Und das tun wir. Wir können entlasten. Das haben wir mit drei Entlastungspaketen getan. Doch wir können diese Krise nicht wegsubventionieren; das funktioniert nicht. Wir müssen auch die Energieversorgung sichern. Eine sichere, saubere und bezahlbare Versorgung mit Energie ist überlebensnotwendig für Menschen und Wirtschaft in unserem Land. Dafür ändern wir in dieser Woche auch das Atomgesetz. Das ist eine Frage der Vernunft. Diese Entscheidung ist unumgänglich geworden. Mit der Laufzeitverlängerung der drei sicheren und klimaneutralen Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 wird die Stromversorgung über den Winter stabilisiert. Natürlich war der Weg bis hierhin nicht einfach. Wer hätte denn ernsthaft im letzten Jahr gedacht, dass es eine Ampel ist, die die Laufzeitverlängerung von drei Kernkraftwerken beschließt? Ich bin dankbar, dass unsere Koalitionspartner diesen Weg mit uns gehen. Und ich bin auch Olaf Scholz dankbar: für seinen Mut, den Menschen in unserem Land mit seiner Entscheidung Stabilität zu geben; denn wir haben nicht nur einen Stresstest bei den Kraftwerken durchgeführt. Machen wir uns ehrlich. Der Energiestresstest wurde für diesen Winter durchgeführt, und er hat gezeigt, dass uns Netzengpässe und schwierige Versorgungssituationen bevorstehen können. Um das zu verhindern, ist diese Entscheidung, diese Laufzeitverlängerung richtig. Doch diese Krise ist auch ein Stresstest für unsere Gesellschaft. Viele Menschen müssen die Komfortzone verlassen, und sie erwarten zu Recht, dass auch die Politik alle notwendigen Entscheidungen trifft, um das Energieangebot zu sichern und auszudehnen. Übrigens zeigen uns die Reaktionen bei Gas- und Strompreisen aktuell, dass wir auf dem richtigen Weg sind mit den Maßnahmen, die wir ergreifen. Das ist ein zentrales Signal zur Entspannung. Auch deshalb ist die Entscheidung, die wir heute treffen, richtig. Auch Europa stresst diese Energiekrise. Wir sind eingebunden in den europäischen Energiemarkt. Da hilft man sich gegenseitig, und da ist man auch voneinander abhängig. Jedes Land muss deshalb auch seinen Beitrag dazu leisten, Energie zu sichern und Netze zu entlasten. Auch deshalb ist diese Laufzeitverlängerung richtig. Mit der Verlängerung der Laufzeiten entspannen wir die Energiesituation für diesen Winter. Wir entlasten die angespannte Gesellschaft, und wir entspannen auch unsere Beziehungen zu den europäischen Nachbarn. Doch nach diesem Winter – da haben Sie ja recht – kommt garantiert wieder ein Winter. Man muss kein Prophet sein, um auch heute schon sagen zu können, dass auch dann die Frage der Energieversorgung zentral sein muss. Deshalb müssen auch heute schon alle notwendigen Maßnahmen eingeleitet werden, um über den nächsten Winter hinaus die richtigen Antworten zu geben. Ich kann Ihnen für die FDP-Fraktion versprechen, dass wir dabei weiter genauso konstruktiv, aber auch genauso deutlich sein werden wie bisher. Ein nachhaltiger Wohlstandsverlust und eine nachhaltige Destabilisierung unserer wirtschaftlichen Grundlage und unseres Zusammenlebens in Sicherheit und Freiheit stehen auf dem Spiel. Das ist doch genau das Ziel, was Putin verfolgt. Dieses Ziel darf er nicht erreichen. Wir Freien Demokraten werden nicht zulassen, dass das Fundament unseres Zusammenlebens ausgehöhlt wird. Wir müssen diesen Stresstest hier wohl oder übel gemeinsam bestehen. Dafür werden wir gemeinsam miteinander ringen, und wir werden auch weiter streiten. Doch am Ende müssen Entscheidungen getroffen werden; denn unsere Aufgabe ist es, Frieden, Freiheit und Wohlstand zu beschützen, und das heute und auch für die Zukunft. Unser gesellschaftliches und unser wirtschaftliches Fundament ist auf eine sichere, auf eine saubere und auch auf eine bezahlbare Energieversorgung gebaut. Dieses Fundament braucht Stabilität, und dafür zählt jede Kilowattstunde. Deshalb bitte ich um breite Zustimmung in dieser Woche zu diesem Gesetz. Vielen Dank.