Das ist meine Antwort auf Ihre Frage. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Kritik des Kollegen Wadephul aufgreifen, dass es der Bundesregierung an einer Konzeption, an einer Strategie für den Irak fehlt. Er hat das kritisiert und beanstandet. Wir haben das übrigens schon in der Debatte zum letzten Antrag dazu beanstandet und haben Sie aufgefordert, hier nachzuliefern. Ich möchte festhalten, dass keine Rednerin und kein Redner aus den Koalitionsfraktionen auf diese inhaltliche Kritik, dass es keine Irakkonzeption und Irakstrategie in der deutschen Außenpolitik gibt, auch nur mit einem Satz geantwortet hat. Nichts ist dazu gekommen. Das ist eine ziemlich dramatische Feststellung; denn die Stabilisierung des Irak ist ein wesentlicher Baustein für die Stabilisierung der gesamten Region. Ratlosigkeit können wir uns nicht leisten, weil es in unserem Interesse ist, dass diese Region stabilisiert wird. Wir haben es ja erlebt, und darum können wir nicht so tun, als wüssten wir nicht, was zu tun ist. Wir sehen es jetzt auf dramatische Weise im Iran: Auch dort ist die Politik dieser Bundesregierung und der Europäischen Union von Ratlosigkeit gekennzeichnet. Es ist in unserem Interesse, es ist europäische Verantwortung, in dieser Region für Stabilität zu sorgen. Die Amerikaner werden es nicht tun; sie haben auch die Autorität dazu verloren. Wir Europäer tun es, oder wir werden mit den Folgen der Instabilität bei uns in Europa konfrontiert werden. Unsere Kritik ist, dass Sie den Bundeswehreinsatz benutzen und missbrauchen als ein Alibi und als einen Ersatz für nicht vorhandene Politik und politische Strategie. Das ist ein Missbrauch der Bundeswehr. Unsere Kritik bezieht sich zum Zweiten auf den schlampigen Umgang, auch den verfassungsrechtlich problematischen Umgang mit der Parlamentsbeteiligung. Das ist ja ein besonderer Fall, dass das Parlament außenpolitischem Verhalten zustimmt, ein besonderer Fall in unserer Verfassung. Bei Ihrem Umgang mit dem Parlament wird die Bundesregierung den sich aus dieser besonderen Verantwortungsteilung zwischen Exekutive und Legislative ergebenden Fragen nicht gerecht. Die Bundesregierung hat bislang nicht überzeugend begründet, warum dieser Einsatz überhaupt mandatspflichtig ist. Ich zitiere die Bundesverteidigungsministerin aus der Einbringungsdebatte: Mandatspflichtig aber wird ein Einsatz erst, wenn damit die qualifizierte Erwartung verbunden ist, dass es zu bewaffneten Auseinandersetzungen kommt. Der Nachweis ist nicht geführt worden. Sie müssen dem Parlament gegenüber begründen, dass es ein mandatspflichtiges Verhältnis gibt, oder eben feststellen, dass das nicht der Fall ist. Ja. Ich nehme dazu gerne Stellung. Erstens finde ich es völlig legitim und richtig, dass man fragt: Was ist an Fehlern passiert, auch in der Vergangenheit? Es gibt übrigens eine Vergangenheit von zehn Jahren, von zwanzig Jahren. Es haben auch unterschiedliche Parteien in diesem Zeitraum regiert; manche regieren immer noch. Das ist völlig legitim. Es wird aber eine Plattitüde in der Reaktion der Koalition auf Kritik, dass Sie, wenn Sie jetzt etwas falsch machen und sich Fehler leisten, dann sagen: Aber ihr habt ja auch in der Vergangenheit regiert. – Sie müssen zu den Fehlern und den Entscheidungen von heute selbstständig stehen und dürfen nicht immer nur mit einem Reflex auf die Vergangenheit antworten. – Ich bin noch nicht fertig, ich komme noch zur Sache. Ich wollte das nur zu dieser Reflexhaftigkeit, wie Sie auf Kritik an Ihrer heutigen Politik antworten, anmerken. Der Punkt, Herr Kollege Lechte, ist: Dieses Mandat hat sich grundlegend gewandelt. Genau das ist der Punkt. Dieses Mandat ist, als die Grünen es noch abgelehnt haben, als Anti-IS-Mandat gestartet zur militärischen Bekämpfung des „Islamischen Staates“, der territoriale Macht im Irak, auch in Syrien errungen hatte. So ist dieses Mandat gestartet. Und die Veränderung liegt darin, dass Ende des letzten Jahres, also zu der Zeit, als die Ampel schon regierte, auch die sogenannte Koalition der Willigen den militärischen Kampf gegen den „Islamischen Staat“ eingestellt hat. Darum sagt die Bundesverteidigungsministerin richtigerweise: Unsere Soldaten machen dort Beratung. Das ist heute nicht mehr der Kampfeinsatz, der es war. Der ist erfolgreich abgeschlossen worden. Aber Sie segeln immer noch unter der Flagge des Anti-IS-Mandates. Genau das ist unsere Kritik. Es ist inhaltlich etwas ganz anderes geworden. Aber Sie stehen nicht dazu, Sie sagen das nicht, sondern Sie benutzen es als ein Alibi für nicht vorhandene Irakpolitik. Das ist genau die Kritik. Das ist die Veränderung, die sich in Ihrer Regierungszeit vollzogen hat. Einige Sekunden. – Sie nehmen zweitens – das ist wirklich zu beanstanden – in inhaltlich unzutreffender Weise die Autorität des Bundesverfassungsgerichts für eine grundsätzliche Streitfrage in Anspruch. Sie behaupten, das Bundesverfassungsgericht habe bestätigt, es handele sich hier um ein System kollektiver Sicherheit, was die verfassungsrechtliche Voraussetzung für die Legalität dieses Einsatzes wäre. Das ist nicht der Fall. Das Bundesverfassungsgericht hat das nicht in der Sache entschieden. Und dass Sie die Autorität des Verfassungsgerichts missbrauchen – – und gegenüber dem Parlament manipulativ etwas Falsches behaupten, ist ein inakzeptabler, schlampiger, vielleicht aber auch manipulativer Umgang mit der Wahrheit gegenüber diesem Parlament. Das beanstanden wir. Unzulänglichkeit im Handwerk drückt sich in Unzulänglichkeit von Politik aus.