- Bundestagsanalysen
Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe sieben Minuten und nicht fünf, um das gleich am Anfang zu sagen, auch wenn das die Aufmerksamkeit des Hauses wahrscheinlich nicht erhöht. Ich glaube, die meisten von Ihnen kennen das Brettspiel „Die Siedler von Catan“. Das mag ein vereinfachender Vergleich sein, aber er bringt es schon auf den Punkt, wie die deutsche Wirtschaft funktioniert. Wenn man nicht die nötigen Rohstoffe hat und sich die Rohstoffe, die einem fehlen, nicht durch Verhandlungsgeschick organisiert, dann hat man keine Chance, zu gewinnen. Genau das gilt auch für die deutsche Wirtschaft.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Ampel hat den Wert von Rohstoffen erkannt, und ich freue mich, dass die Union dieses Thema – drei Wochen, nachdem wir den deutsch-französischen Vorschlag zum EU‑Gesetz über kritische Rohstoffe diskutiert haben – hier auf die Tagesordnung setzt. Der Antrag verspricht einiges, und – wie ich es hier an der Stelle gelegentlich sage – die Analyse ist oft richtig. Einige Forderungen – ich werde darauf eingehen – finden meine Unterstützung.
Beifall der Abg. Tilman Kuban [CDU/CSU] und Jan Metzler [CDU/CSU])
Spannend wird es, wenn man ins Detail geht. Ganz oft reden wir auch nicht über Neues. Mal sehen; wir gucken mal.
Zum Beispiel fordern Sie die Unterstützung von unternehmerischen Rohstoffaktivitäten im Ausland und verweisen auf die japanische Agentur JOGMEC. Das ist richtig, es steht aber auch schon im deutsch-französischen Vorschlag; das haben wir schon vor drei Wochen aufs Gleis gesetzt. Sie fordern neue Rohstoffpartnerschaften und Diversifizierung; wir haben es gerade wieder gehört. Auch das ist richtig. Frau Dr. Brantner war in Südamerika, der Bundeskanzler und der Bundeswirtschaftsminister waren in Kanada.
Und Katar!)
Dementsprechend sind wir da schon dran.
Die Einbindung von Rohstoffen in eine nationale Sicherheitsstrategie hat Annalena Baerbock schon thematisiert. Das ist auf dem Weg, und die Praktikerinnen und Praktiker, die bei der Novellierung des Bergrechts eine Rolle spielen, sind auch schon eingebunden. Dementsprechend sind wir da auf Linie; aber wir haben es schon aufs Gleis gesetzt, während Sie heute darüber reden wollen.
Es ist korrekt, dass wir eine größere Diversifizierung brauchen, insbesondere was die Abhängigkeit von China betrifft. Wir wissen auch, dass China mit Blick auf Seltene Erden wahrscheinlich ein wichtiger Handelspartner sein kann. Aber wir haben spätestens am Beispiel von Russland gesehen, warum das keine sinnvolle Entwicklung ist. Dementsprechend müssen wir da Vorsicht walten lassen und andere Alternativen auftun.
Klar ist auch – das ist der nächste Stichpunkt, der in diesem Zusammenhang immer kommt –, dass das Lieferkettengesetz gerade vor diesem Hintergrund dringender erforderlich ist denn je. Klar ist auch, dass das für die Unternehmen keine zusätzliche Belastung sein darf und dass das gut umsetzbar ausgestaltet werden muss. Wir brauchen es aber gerade mit Blick auf die Menschenrechtssituation in schwierigen Ländern, mit denen wir jetzt teilweise noch Handel treiben, umso dringender. Deswegen dürfen wir keinesfalls auf das Lieferkettengesetz verzichten oder sein Inkrafttreten verzögern.
Ernüchternd ist leider, dass Sie sich in dem Antrag wieder vor allem auf große Abbauvorhaben fokussieren. Ich weiß nicht, warum Sie kleinere Bergbauvorhaben immer so ein bisschen ignorieren. Ich glaube, dass diese auch eine Möglichkeit sein können, die Vielzahl der Projekte und das Angebot auf dem Markt zu erhöhen. Ich glaube, dass sie so etwas wie ein Schattendasein führen, und das finde ich schade. Im Übrigen hat das Kabinett am Mittwoch den 15. Bericht über die Aktivitäten des Gemeinsamen Fonds für Rohstoffe und der einzelnen Rohstoffabkommen zur Kenntnis genommen und beschlossen. Darin können wir sehen, dass wir in diesem Bereich einen starken Entwicklungseffekt haben. Leider konzentrieren wir uns da im Moment noch zu sehr auf Agrarrohstoffe und Institutionen. Ich glaube, wir sollten noch mal darüber nachdenken, das zu verändern und auch da zu diversifizieren.
Wir brauchen mutige Schritte. Ich kann mir zum Beispiel gut vorstellen, dass wir mittelfristig so eine Art Rohstoff-Google-Maps brauchen. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen naiv, aber als Grundlage kann das Geologiedatengesetz dienen. Die Daten, die man da hat, kann man breiter aufstellen. Man kann sie ergänzen und kann dann entsprechend gucken, welche potenziellen Rohstoffvorkommen man hat, und diese Informationen zum Beispiel bei der Planung oder beim Abbau nutzen. Da müssen die Länder prüfen, inwieweit man auf die Daten zugreifen kann und inwieweit wir zum Beispiel noch ein Explorationsprogramm des Bundes dazuschalten können. Solche innovativen Ideen braucht es.
Wir haben in diesem Bereich eine hervorragende Forschungslandschaft. Wir müssen aufpassen, dass sie nicht ausgedünnt wird, zum Beispiel durch die fehlende Nachbesetzung von Lehrstühlen. Wir müssen Alternativen zu importierten Rohstoffen finden, wo immer es möglich ist. Mein Kollege Thews wird auf die Kreislaufwirtschaft noch mal eingehen, weil es selbstverständlich klar ist, dass man Rohstoffstrategien nicht ohne Kreislaufwirtschaft denken kann. Das ist ja völlig klar: Jedes Produkt, das zumindest teilweise recycelbar ist, muss nicht neu hergestellt werden. Dafür braucht es keine Rohstoffe, und das ist ein ebenso wichtiger Punkt wie das Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“ aus dem Landwirtschaftsministerium. Da werden innovative biobasierte Produkte besonders gefördert, zum Beispiel Bioverbundwerkstoffe aus Naturfasern – die brauchen wir für den Karosseriebau; Porsche macht es schon in Kleinserie –, und das ist genau der richtige Weg, den wir weitergehen müssen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Darüber hinaus kann ich mir vorstellen, dass wir die Agentur für Sprunginnnovationen ausweiten und eine Challenge – zum Beispiel über Unabhängigkeit von kritischen Rohstoffen – schaffen. Das hätte, glaube ich, auch was Fortschritte, was den Kreativwettbewerb etc. betrifft, einen guten Effekt, und anhand des von der EU definierten Begriffs der kritischen Rohstoffe könnten alle Interessierten – vom Forschungsunternehmen bis zum kleinen Garagenbastler – Ideen einreichen. Wir wissen, dass gute Ideen auch schon spontan entstanden sind und irgendwo herkommen können, wo man sie vielleicht nicht unmittelbar erwartet.
Neue Fördermethoden, die dazu dienen, aus alten Abraumhalden noch kritische Rohstoffe zu gewinnen, sind aus meiner Sicht ebenso förderwürdig wie neue Produkte, die bisher kritische Rohstoffe gebraucht haben, aber anders konstruiert werden und ohne kritische Rohstoffe klarkommen.
Beifall des Abg. Karl Bär [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Neu entwickelte Materialien, die dieselben Eigenschaften haben, wären aus meiner Sicht genauso förderwürdig.
Ich habe ja gesagt, dass es auch durchaus Übereinstimmungen gibt. Ich unterstütze zum Beispiel Ihre Forderung, die Verordnung zur „Natur auf Zeit“ möglichst schnell umzusetzen. Ich glaube, dass das gerade auch für Planungsverfahren sinnvoll sein kann. Ja, wir haben alle den großen Auftrag, die Akzeptanz in der Bevölkerung, wenn es um die Förderung von Rohstoffen geht – egal ob das die Kiesgrube vor Ort ist oder etwas anderes –, zu steigern.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zum Abschluss. Sie machen ja, wie gesagt, gute Vorschläge. Sie sagen aber: Das geht alles nur im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. – Also ein Riesenvorbehalt! Wir wissen alle, dass die Bäume im Haushalt gerade alles andere als in den Himmel wachsen. Dementsprechend entwertet das Ihren Antrag ein bisschen. Das finde ich sehr schade. Ich freue mich aber auf die weitere Diskussion mit Ihnen; denn vielleicht kriegen wir auch zusammen was hin, in der Koalition auf jeden Fall. Aber vielleicht gibt es auch konstruktive Momente der CDU/CSU. Wir freuen uns darauf.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Dr. Malte Kaufmann.
Beifall bei der AfD)